Pamela Rendi-Wagner
Reuters/Lisi Niesner
Rendi-Wagner

„Kern und andere sollen sich zurücklehnen“

Es sind keine 100 Tage mehr bis zur Nationalratswahl. Trotz „Ibiza-Skandals“ und gesprengter Regierung kämpft die SPÖ aber gegen schlechte Umfragewerte an. Im Ö1-„Journal zu Gast“ versuchte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zu beruhigen. Kritiker wie Ex-Kanzler Christian Kern (SPÖ) konterte sie deutlich. Seinen „holprigen“ Wahlkampf wolle sie nicht wiederholen. Und sie kündigte neue Anträge im freien Spiel der Kräfte an.

In der Sonntagsfrage sieht es derzeit nicht gut aus für die SPÖ. Laut ORF-Relevanzstudie, die auf einer SORA/Integral-Erhebung beruht, liegt die Partei bei 21 Prozent. Die ÖVP erreicht dabei 38 Prozent. Für Rendi-Wagner sind diese Zahlen nur „Momentaufnahmen“, wie sie gegenüber Ö1 am Samstag sagte. „Ich will nicht Umfragen gewinnen, sondern Wahlen.“

Rendi-Wagner verteidigte die Entscheidung der SPÖ, den Misstrauensantrag gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung durchzusetzen. Der Antrag sei vielleicht nicht populär gewesen, „aber es hat sich gezeigt, wie richtig diese Entscheidung war“. Das Parlament habe „als Herz der Demokratie“ laut geschlagen. Die unabhängige Regierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein betreibe nun keine „Politik des Drüberfahrens“, so wie es unter ÖVP und FPÖ der Fall gewesen sei – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Der politische Gegner im Parlament ist aber nicht Rendi-Wagners einzige Herausforderung. Auch die Kritiker in den eigenen Reihen waren zuletzt sehr aktiv. Für Aufsehen sorgte vorige Woche besonders Rendi-Wagners ehemaliger Chef, Ex-SPÖ-Chef Christian Kern. In einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ sagte Kern in Bezug auf die Nationalratswahl im Herbst: „Hoch gewinnt die SPÖ das nimmer.“

Kern hatte „holprigen Wahlkampf“

Rendi-Wagner konterte am Samstag Kern, der sie einst in die Regierung geholt hatte, deutlich. „Da kann ich Ihnen nur sagen: Christian Kern und viele andere Kommentatoren sollen sich überraschen lassen und zurücklehnen“. In der Politik änderten sich die Umstände schnell. „Der Wahlkampf 2017, jener von Christian Kern, war ein holpriger. Ich will nicht, dass sich das wiederholt. Ich will einen sauberen, erfolgreichen, guten und ehrlichen Wahlkampf führen“, so Rendi-Wagner.

Pamela Rendi-Wagner und Christian Kern
APA/Barbara Gindl
Rendi-Wagner wurde von Kern einst in die Politik geholt

Ein anderer parteiinterner Kommentator, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, warf sowohl Kern als auch Rendi-Wagner im Interview mit der APA vor, „einen Kurz-Komplex“ zu haben. Die einzig realistische Variante einer SPÖ-Regierungsbeteiligung nach der kommenden Wahl sei wohl eine Koalition mit der ÖVP unter Sebastian Kurz. „Es dürfen nicht Beleidigtheiten oder persönliche Eitelkeiten mitspielen und ausschlaggebend dafür sein, ob die Partei eine Koalition eingeht oder nicht“, so Doskozil.

Koalition nur mit der FPÖ nicht

„Ich habe überhaupt keine Komplexe“, so Rendi-Wagners Replik. Koalitionsfragen stellten sich zurzeit, vor der Wahl, aber „nur sehr limitiert“. Ihr Anspruch sei, Erste zu werden, Koalitionen schließe sie aber mit keiner Partei außer der FPÖ aus. Sie komme zudem gerade aus dem Burgenland, wo sie mit Doskozil dessen Geburtstag gefeiert habe. Doskozil und andere SPÖ-Landeshauptmänner stünden hinter den gemeinsamen Schwerpunkten und Inhalten.

Dem Vorwurf, die jüngsten Anträge im Parlament, die mittels des freien Spiels der Kräfte durchgebracht wurden, seien teils unbedacht gewesen, widersprach Rendi-Wagner. Das Rauchverbot in der Gastronomie oder das Glyphosatverbot seien schon lange Anliegen der SPÖ gewesen. „Beides kostet auch keinen Cent Steuergeld, im Gegenteil. Wir werden uns etwas ersparen, wenn weniger Leute sterben, wenn weniger Leute erkranken.“

Neue Anträge zu „Aktion 20.000“ und Karfreitag

Die SPÖ-Chefin kündigte auch weitere Anträge im Parlament an, die sie noch vor der Wahl vorlegen möchte. „Wir haben noch im Juli eine Parlamentssitzung, und ich möchte hier die Schwerpunkte im sozialen Bereich setzen, zum Beispiel einen Antrag auf die Wiederaufnahme der Jobaktion 20.000, einbringen“. Diese Initiative zur Integration Älterer in den Arbeitsmarkt sei "eine ganze notwendige und wichtige Maßnahme im Bereich des Arbeitsmarktes, um älteren Langzeitarbeitslosen am Ende ihrer Erwerbstätigkeit hier eine Perspektive und wieder eine Würde zu geben“, so Rendi-Wagner.

Zudem wolle die SPÖ zum Karfreitag neue Anträge einbringen, ebenso wie Initiativen für Geringverdienende, die Krankenversicherungsbeiträge rückerstattet bekommen sollen. Eine Vermögenssteuer sah Rendi-Wagner einmal mehr nur im Rahmen eines weiter gefassten Gesamtpakets. In den Wahlkampf wolle sie zudem mit den Themenbereichen Gesundheit, Bildung und Klimakrise gehen.

Stückelungsverbot bei Spenden im Gespräch

Im nun aufgeflammten Streit über Parteienfinanzierung sprach sich die SPÖ-Chefin für ein Ende der Spendenstückelung aus. Erst am Freitag hatte die ÖVP eingeräumt, Spenden gestückelt erhalten zu haben, weshalb eine sofortige Veröffentlichung auf der Rechnungshof-Homepage gesetzlich nicht nötig war.

„Ich will eine saubere Politik, ich will einen sauberen Wahlkampf, und da haben unehrliche Methoden wie die Splittung der Spenden, wie wir jetzt seitens der ÖVP gehört haben, nichts verloren. Das ist eine Umgehung des Gesetzes“, sagte die SPÖ-Chefin, die auch ein Verbot der Spendenstückelung andachte. Zur ÖVP-Kritik, dass die SPÖ mit ihren Vorfeldorganisationen ebenfalls das Gesetze umgehe und über diese Spenden kassiere, sagte Rendi-Wagner, dass es keine Spenden an die Partei gebe, die nicht ausgewiesen worden seien.