Medien: EU will Verfahren gegen Italien verschieben

Die EU ist bereit, mit der Einleitung eines Verfahrens gegen Italien wegen überhöhten Defizits zu warten. Die mögliche Eröffnung eines Defizitverfahrens könnte auf Oktober verschoben werden, berichtete die römische Tageszeitung „La Repubblica“ (Freitag-Ausgabe). Damit will sich die EU Zeit nehmen, um zu prüfen, ob Italiens Defizit 2019 niedriger ausfallen wird, als Brüssel vorsieht.

Laut der EU-Kommission wird Italiens Defizit 2019 um 2,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) wachsen. Laut Rom wird das Defizit lediglich 2,1 Prozent betragen, da einige Regierungsreformen wie Grundeinkommen und Pensionsreform niedriger als vorgesehen ausfallen werden.

Gerangel um Kommissarsposten

Mit einem Aufschub des Defizitverfahrens könnten Italiens Premier Giuseppe Conte und Wirtschaftsminister Giovanni Tria einen Erfolg feiern. „Wir sind dabei, entscheidende Schritte zu unternehmen, die zur Eindämmung des Defizits führen und die Abwendung eines EU-Verfahrens ermöglichen werden. Die Lage von Italiens öffentlichen Finanzen ist besser als erwartet“, sagte Tria beim G-20-Gipfel im japanischen Osaka nach Medienangaben.

Auch Premier Conte zeigte sich optimistisch. „Wir arbeiten für ein gutes Resultat bei den Verhandlungen mit der EU-Kommission“, sagte Conte. Er begrüßte, dass das italienische Parlament gestern ein Paket mit Maßnahmen zur Wirtschaftsankurbelung verabschiedet hat, das als Eckpfeiler der Wirtschaftspolitik des Kabinetts gilt.

Am Sonntag nimmt Conte an dem außerordentlichen EU-Gipfel teil, bei dem über die Topjobs in der neuen EU-Kommission beraten wird. Italien fordert einen EU-Kommissar mit Wirtschaftskompetenzen wie beispielsweise den Posten des Industriekommissars. Dieser Posten war bereits in der Vergangenheit vom Forza-Italia-Spitzenpolitiker Antonio Tajani bekleidet worden, der derzeit EU-Parlamentspräsident ist. Als EU-Kommissar kommt laut Insidern Staatssekretär Giancarlo Giorgetti, Nummer zwei der Lega und Vertrauter von Innenminister Matteo Salvini, infrage.