Atomreaktor in Bushehr  (Iran)
AP/Majid Asgaripour
Uran-Obergrenze

Sorge und Drohungen nach Verstoß des Iran

Der Iran hat nun erstmals gegen eine Auflage des Wiener Atomabkommens verstoßen, indem er die Obergrenze seiner niedrig angereicherten Uranvorräte überschritten hat. Die Sorge vor weiterer Eskalation wächst, die USA wollen „maximalen Druck“ auf den Iran ausüben. Nun ist es an den verbliebenen Vertragspartnern, über weitere Schritte zu entscheiden.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte am Montag den Schritt des Iran. IAEA-Chef Yukiya Amano habe den Gouverneursrat der UNO-Behörde entsprechend informiert. Im Wiener Abkommen war man 2015 übereingekommen, dass die vorgeschriebene Obergrenze für niedrig angereicherte Uranvorräte bei 300 Kilogramm liegen soll.

Neben dieser Grenze muss der Iran auch die Auflage beachten, dass er sein Uran nicht höher als 3,67 Prozent anreichern darf. Auch diese Auflage plant das Land zu ignorieren, nach derzeitigem Plan am 7. Juli. Das sei der nächste Schritt, sollte es den europäischen Vertragsstaaten nicht gelingen, das Atomabkommen zu retten, wie der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sagte.

Waffenfähiges Uran muss bis auf etwa 90 Prozent angereichert sein. Vor Abschluss des Atomabkommens hatte es der Iran bis auf 20 Prozent geschafft. Der Iran werde sich dem amerikanischen Druck nicht beugen. „Wir erwidern Druck mit Gegendruck und Widerstand, genauso wie wir Respekt mit Respekt beantworten“, so Sarif weiter.

Rettungsversuche für angezählten Deal

Damit reagiert die Islamische Republik vor allem auf die Sanktionspolitik der USA. Die US-Regierung hatte sich unter Präsident Donald Trump aus dem Abkommen 2018 zurückgezogen. Seither wurden wiederholt Sanktionen verhängt. Die vom Iran einst erhoffte wirtschaftliche Erholung durch erleichterten In- und Export wurde durch diese Schritte torpediert. Die amerikanischen Strafmaßnahmen richten sich insbesondere gegen den iranischen Öl- und Finanzsektor. Der Iran spricht von einem Wirtschaftskrieg gegen seine Bevölkerung.

Die verbliebenen Partner des Abkommens – Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland – versuchen seit geraumer Zeit, den Deal zu retten. Erst vergangene Woche hatte es dazu in Wien einen Anlauf gegeben, allerdings ohne nennenswerte Fortschritte.

„Sie spielen mit Feuer“

Die Sorge ist nun groß, zuletzt hatten sich die Spannungen zwischen dem Iran und den USA deutlich verschärft. Der Iran hatte etwa eine US-Überwachungsdrohne abgeschossen, Trump hatte als Reaktion beinahe einen Angriff angeordnet und in letzter Minute wieder abgesagt. Am Montag hieß es aus dem Präsidialamt in Washington: „Der maximale Druck auf das iranische Regime wird fortgesetzt, bis seine Anführer ihre Vorgehensweise ändern.“ Dem Land solle es überhaupt nicht mehr gestattet werden, Uran anzureichern.

Trump warnte angesichts der Entwicklungen die Führung in Teheran: „Sie wissen, womit sie spielen, und ich glaube, sie spielen mit Feuer.“ US-Außenminister Mike Pompeo forderte den Iran auf, die Anreicherung von Iran zu stoppen. Teheran nutze „weiterhin sein Atomprogramm, um die internationale Gemeinschaft zu erpressen und die regionale Sicherheit zu bedrohen“, kritisierte Pompeo.

Der Iran zeigte sich von den Drohungen der USA unbeeindruckt. Trump müsse realisieren, dass die Iraner unter Druck enger zusammenrückten, sagte Parlamentspräsident Ali Laridschani am Dienstag im staatlichen Fernsehen. „Herr Trump sollte begreifen, dass eine zivilisierte Nation noch einiger wird, wenn man ihr gegenüber schikanöse Worte gebraucht.“

London: Dann sind wir auch draußen

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres ermutigte den Iran, sich an die Abmachungen des Atomabkommens zu halten, wie sein Sprecher Stephane Dujarric mitteilte. Eine Überschreitung der Obergrenze helfe dem Land auch wirtschaftlich nicht. Auch aus Deutschland gab es den Aufruf, sich weiter an den Deal zu halten. Man berate nun über die nächsten Schritte in dem Konflikt, hieß es aus dem deutschen Außenministerium.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt äußerte sich „tief besorgt“ und rief den Iran dazu auf, sich nicht noch weiter von der Vereinbarung zu entfernen und diese stattdessen wieder einzuhalten. Wenn der Iran aber den Vertrag breche, dann sei Großbritannien auch aus dem Deal draußen, so Hunt.

Israel will europäische Sanktionen

Die IAEA hatte seit Anfang 2016 dem von ihr äußerst genau kontrollierten Iran mehr als ein Dutzend Mal die Einhaltung aller Auflagen bescheinigt. Verstöße gegen das Abkommen wollen auch die verbliebenen Partner des Abkommens nicht ohne Weiteres hinnehmen. Ein Außenministertreffen der sechs Staaten ist für Ende Juli geplant.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, sein Land werde es nicht zulassen, dass der Iran eine Atombombe entwickle. Er forderte die Europäer auf, „automatische Sanktionen“ gegen den Iran zu verhängen. Israels Energieminister Juwal Steinitz sprach von einem unverhohlenen Verstoß gegen das Atomabkommen. „Der Iran betreibt nukleare Erpressung“, sagte er dem Radiosender Kan.