Frau bedient ein Thermostat
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Klimatisiertes Büro

Hitze, Kälte und der Kampf am Thermostat

Es soll Menschen geben, die an Tagen wie diesen besonders gerne ins Büro gehen – nämlich dann, wenn der Arbeitsplatz im Gegensatz zu ihrer Wohnung klimatisiert ist. Doch das Temperaturempfinden ist bekanntlich subjektiv – und nicht selten entbrennt ein Streit um den Thermostat. Und auch der Kampf gegen Zugluft und blendende Sonneneinstrahlung lässt Büromenschen oft selbst Hand anlegen.

Für viele ist ein klimatisiertes Büro ein Segen – doch erfahrungsgemäß bergen Klimaanlagen auch häufig Konfliktpotenzial und sorgen für dicke Luft. Was einem selbst als zu kühl erscheint, ist für manche Kolleginnen und Kollegen oft genau richtig. Zentral gesteuerte Anlagen erschweren die Sache zusätzlich: Wenn ganze Bürogebäude auf Einheitstemperatur gebracht werden, ist der Unmut schnell groß.

Besonders kompliziert wird es freilich in Großraumbüros – und dann, wenn die Arbeitsplätze der Leistung der Klimaanlage unterschiedlich ausgesetzt sind. Besonders an Plätzen, an denen es „bläst“ oder „zieht“, werden schnell Beschwerden laut. Lassen sich einzelne „Klimazonen“ in Büros manuell regeln, entbrennt häufig der Kampf um den Thermostat.

Frauen in wärmeren Räumen produktiver

Dass die Konfliktlinien dabei nicht selten zwischen den Geschlechtern laufen, ist kein Zufall: Frauen frieren durchschnittlich tatsächlich schneller. Meist haben sie weniger Muskeln, um Körperwärme zu produzieren, auch Hautdicke und Durchblutung spielen eine Rolle. Deswegen bevorzugen Frauen nicht nur in der Regel höhere Raumtemperaturen, sie bringen laut neueren Studien in wärmeren Räumen auch bessere Leistungen, wie Forscher aus Berlin und den USA in einem Experiment mit Mathematik- und Sprachaufgaben herausfanden. Männer hingegen erbrachten ihre Topleistungen unter kühleren Bedingungen – die Effekte waren aber weniger ausgeprägt – mehr dazu in science.ORF.at.

Zu kalt kann krank machen

Zu kalte Büroluft ist jedenfalls laut Studien nicht nur subjektiv unangenehm, sondern kann auch tatsächlich ungesund sein. Einerseits steigt die Erkältungsgefahr, weil die kalte, trockene Zugluft die Schleimhäute austrocknet und dadurch Erkältungsviren ein leichtes Spiel machen. Andererseits können durch nicht oder schlecht gewartete Klimaanlagen Schadstoffe, Pilzsporen und Keime in die Raumluft gelangen. Das wiederum kann das Sick-Building-Syndrome (SBS) auslösen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt die Bürokrankheit als Syndrom aus arbeitsplatzbezogenen Reizungen der Haut und Schleimhäute mit Kopfschmerzen, Mattigkeit, Konzentrationsschwäche bis hin zu Depressionen als Folge.

Ein Mann am Schreibtisch schneutzt sich die Nase
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Ist es im Büro zu kalt, kann das gesundheitliche Folgen für die Angestellten haben

Hitze lässt Leistung sinken

Große Hitze wiederum lässt die Arbeitsleistung sinken, immer wieder werden Berichte zitiert, wonach ab 30 Grad der Abfall zwischen 30 und 70 Prozent beträgt. Zuletzt stellten Umweltmediziner von der Harvard T. H. Chan School of Public Health in Boston im Vorjahr fest, dass sommerliche Hitzewellen nicht nur körperlich, sondern auch geistig schlaff machen – mehr dazu in science.ORF.at.

Mit zunehmenden Temperaturen scheint die Wahl der idealen Bürotemperatur aber schon fast unmöglich zu erreichen. Denn als Faustregel gilt, dass die Differenz zwischen Außen- und Innentemperatur nicht mehr als sechs Grad betragen sollte, weil das den Körper zusätzlich belastet. Steigen die Außentemperaturen aber über 31 Grad oder mehr, so kann diese Empfehlung praktisch nicht mehr eingehalten werden.

Früher hitzefrei am Bau

Ein Recht auf einen klimatisierten Arbeitsplatz gibt es freilich nicht und ebenso wenig eine Hitzefrei-Regelung, mit einer Ausnahme: Für Bauarbeiter sowie Zimmerer, Gipser, Dachdecker, Pflasterer und Gerüster gilt seit 2013 auch Hitze als Schlechtwetter.

Bisher musste bei Temperaturen über 35 Grad Celsius entweder ein kühlerer Arbeitsplatz gefunden oder das Arbeiten im Freien eingestellt werden. Die Entscheidung liegt beim Arbeitgeber bzw. dessen Beauftragten. Mit der letzten KV-Einigung wurde die Temperatur herabgesetzt, seit 1. Mai gelten 32,5 Grad als Grenze.

Wenn Mitarbeiter die Sache in die Hand nehmen

Sofern eine Klimaanlage installiert ist, müsse diese aber auch aufgedreht werden: In Büros sollte laut Arbeitsstättenverordnung die Raumtemperatur 25 Grad nicht überschreiten. Ist es wärmer und keine Klimaanlage vorhanden, sollen Arbeitgeber andere technische bzw. organisatorische Maßnahmen zur Senkung der Belastung treffen.

Nicht selten nehmen hitzegeplagte Arbeiternehmer bereits zuvor das Heft in die Hand: Was als lichtdurchfluteter Glaspalast in manchen Jahreszeiten als Büro durchaus attraktiv sein kann, entwickelt sich in der sommerlichen Hitzewelle gerne zum Treibhaus. Eingeschränkte Fensteröffnung- und Abdunkelungsmöglichkeiten tragen da ihren Teil dazu bei. So gibt es durchaus Büros, die mit verklebten oder zugestellten Fenstern eher den Eindruck erwecken, man befinde sich in einem Prepper-Hauptquartier oder einem Nest lichtscheuer Vampire.

Klimaanlagen als Einstellungssache

Umgekehrt lassen verklebte oder zugestellte Lüftungsschlitze von Klimaanlagen Haus- und Klimatechniker oft die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Sie raten davon dringend ab und weisen darauf hin, dass Klimaanlagen eine Einstellungssache sind – und zwar nicht bei geplagten Angestellten, sondern an den Anlagen selbst. Allerdings: Selbst Profis räumen ein, dass die richtige Einstellung und Abstimmung gerade bei neuen Anlagen einige Zeit in Anspruch nehmen kann.