„Totalversagen“: Eurofighter-Protokoll zu Dienstbesprechung

Das Eurofighter-Verfahren bleibt ein Aufreger. Die „Presse“ und der „Falter“ gaben Einblick in das vollständige Protokoll der bekanntgewordenen Dienstbesprechung zum Ermittlungsverfahren vom 1. April 2019. Dieses enthüllt, wie sehr die Staatsanwälte ins Schwimmen geraten sind. Es ist dort wörtlich von „Schas“, „Super-GAU“ und „Totalversagen“ die Rede.

Seit ein paar Wochen ist bekannt, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine emotional geführte Dienstbesprechung zum Eurofighter-Strafverfahren heimlich aufgezeichnet hat. Mit diesem Mitschnitt zeigte die Behörde ihre Vorgesetzten, allen voran den mächtigen Justizressortsektionschef Christian Pilnacek, wegen des Verdachts der versuchten Anstiftung zum Amtsmissbrauch an. Dieses Verfahren wurde eingestellt. Die Aufsichtsbehörde revanchierte sich – und brachte eine Gegenanzeige ein. Davor fertigte sie ein vollständiges Protokoll der Dienstbesprechung an.

Zweites Protokoll angefertigt

Es existieren also zwei Protokolle. Das erste enthält komprimiert Passagen, die Pilnacek schlecht aussehen lassen. So sagte er, dass er „ein Auge zudrücken“ werde „und wir stellen irgendwelche Dinge ein“. Dieses Protokoll war offenbar aber unvollständig. Danach entstand unter der Regie der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ein vollständiges Wortprotokoll. Diesem zufolge beklagte Pilnacek, dass nach achtjähriger Ermittlung wenig herausgekommen sei. WKStA-Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda klagte an diesem April-Tag über Personalmangel.

Ein anderer WKStA-Vertreter machte darauf aufmerksam, dass bei den Eurofighter-Gegengeschäften kein einziger Beschuldigter von den Gegengeschäfte ausführenden Unternehmen namentlich erfasst sei und damit die Vorwürfe verjährt seien.

Ärger über schleppende Ermittlungen

Pilnacek meinte, dass man immerhin schon wisse, dass es schwarze Kassen gegeben habe und dass Gelder an die Londoner Briefkastenfirma Vector geflossen seien. Dann: „Und ich bin gerne bereit zu sagen, ich mache ein Auge zu und … stellen irgendwelche Dinge …“ In dieser fragmentarischen Abschrift geht es offenbar um die Anregung einer Teileinstellung. Ballast abzuwerfen ist in einem Ermittlungsverfahren und unter gewissen Bedingungen erlaubt.

Pilnacek später: „Wir sitzen jetzt an der Spezialstaatsanwaltschaft, die nicht einmal in der Lage ist, sich selbst zu organisieren.“ Verärgert fügte er an: „Ich wünsche euch allen wieder einmal zehn Tage bei der Staatsanwaltschaft Wien, in einer allgemeinen Abteilung mit dem Ermittlungsdruck.“

„… dass wir nicht jegliches Gesicht verlieren“

Ein Vertreter der OStA sagte über den später abgesetzten Eurofighter-Staatsanwalt Michael Radasztics, dessen Arbeit in Sachen Karl-Heinz Grasser (FPÖ/parteilos) sei „wirklich ein Schas“.

Vielsagend sind auch die Einschätzungen von Justizressortsprecherin Britta Tichy-Martin, auch sie war bei der Besprechung anwesend, ihre mediale Einschätzung: „Das würde ich jetzt einmal als kleinen Super-GAU bezeichnen. (…) Aufpassen müssen wir, dass wir nicht vollkommen jegliches Gesicht verlieren nach außen (…). Man kann auch die Entscheidung treffen, dass man sagt, so, da ist ein Totalversagen passiert und wir lassen die Hose runter und sagen, pfu, das war eine Katastrophe.“ Aber sie riet vor allzu viel Transparenz ab: „So weit sind wir ja noch nicht.“