Deutschland: Ärzte müssen sterbewillige Menschen nicht retten

Ärzte und Ärztinnen in Deutschland sind nicht verpflichtet, Patienten nach einem Suizid gegen deren Willen das Leben zu retten. Das hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) gesterm in Leipzig entschieden. Er bestätigte damit zwei Freisprüche der Landgerichte in Berlin und Hamburg. Die Gerichte hatten entschieden, dass der Wille der Patienten zählt.

Der BGH verhandelte zwei Fälle, bei denen Mediziner aus Berlin und Hamburg körperlich kranke Menschen nach der Einnahme tödlicher Medikamente bis zum Tod begleitet hatten, ohne ihnen das Leben zu retten. Sie hatten sich wegen Tötungsdelikten verantworten müssen.

Zwei Fälle im Fokus

Zwei ältere Frauen aus Hamburg hatten sich 2012 entschlossen, aus dem Leben zu scheiden. Der heute 67-jährige Arzt war dabei, als sie die tödlichen Medikamente einnahmen und begleitete ihr Sterben. Zuvor hatte er ihnen eine uneingeschränkte Einsichts- und Urteilsfähigkeit attestiert.

Außerdem ging es um eine chronisch kranke 44-Jährige aus Berlin, die 2013 ihr Leben beendete. Ihr heute 70 Jahre alter Hausarzt hatte ihr ein starkes Schlafmittel verschrieben. Davon nahm sie eine mehrfach tödliche Dosis. Dann informierte sie den Arzt, der nach der komatösen Frau sah, aber keine Rettungsmaßnahmen ergriff.

Selbstbestimmungsrecht überwiegt

„Die Tatherrschaft lag bei ihr“, führte der Richter in der Urteilsbegründung aus. Die Patientinnen hätten ihre Entscheidungen eigenverantwortlich getroffen. „Ein Arzt kann nicht verpflichtet werden, gegen den Willen des Suizidenten zu handeln“, sagte der Vorsitzende Richter.

Das Selbstbestimmungsrecht überlagere auch die Garantenpflicht, die ein Hausarzt seinem Patienten gegenüber hat, also die Pflicht ihn zu schützen. Damit erleichterte das Gericht die Durchführung von Patientenverfügungen, die seit 2009 im Zivilrecht vorgesehen sind.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen.