FAES-Einheiten durchsuchen Festgenommene in Caracas im Jänner 2019
APA/AFP/Luis Robayo
UNO-Bericht zu Venezuela

Belege für Exekutionen durch Sonderpolizei

UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat Venezuela schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Sie gehe davon aus, dass es in den vergangenen Jahren Tausende außergerichtliche Hinrichtungen gegeben habe, so Bachelet. Sie macht die Sonderpolizei FAES für die Exekutionen verantwortlich und fordert die Regierung in Caracas zur Auflösung der Truppe auf.

Laut einem neuen Bericht über die Menschenrechtslage in Venezuela wurden im vergangenen Jahr fast 5.300 Tötungen während Einsätzen registriert. Diese würden von der venezolanischen Regierung unter der Kategorie „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ geführt. Zwischen Jänner und Mai dieses Jahres wurden 1.569 weitere ähnliche Fälle bekanntgegeben. Die Zahl der Tötungen durch die Sicherheitskräfte, speziell durch die FAES, sei „schockierend hoch“.

Für den Bericht habe man 550 Interviews mit Opfern, Zeugen, Aktivisten und anderen Quellen geführt. Diese hätten die Einheit als „Todesschwadron“ und „Auslöschungsgruppe“ bezeichnet. Auch ein Treffen zwischen dem venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro und Bachelet, ehemalige Präsidentin von Chile, habe stattgefunden. Am Freitag wollte sie ihren Venezuela-Bericht, der auf ihrem Besuch im Land Ende Juni basiert, vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf vorstellen.

Die venezolanische Regierung wies den Bericht wegen zahlreicher „Fehler“ und „Ungenauigkeiten“ zurück. Es gebe eine „offensichtliche Schlagseite“, die eine „verzerrte Version“ der tatsächlichen Zustände darstelle.

FAES-Einheiten durchsuchen Festgenommene in Caracas im April 2019
APA/AFP/Yuri Cortez
Durchsuchungen durch die Einsatzkräfte der FAES

Untersuchung gefordert

Der Verdacht sei begründet, „dass diese Tötungen als außergerichtliche Hinrichtungen von Sondereinsatzkräften zu bewerten sind“, sagte Bachelet. Die Regierung in Caracas müsse die Sonderpolizei FAES auflösen und eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Hinrichtungen einleiten. Die Täter müssten zur Verantwortung gezogen und die Opfer entschädigt werden.

Bachelets Bericht dokumentiert außerdem eine Vielzahl weiterer Menschenrechtsverletzungen in dem sozialistisch regierten südamerikanischen Land. Laut dem Bericht kommt es etwa bei der Vergabe sozialer Leistungen zu politischer Diskriminierung. Sozialprogamme würden als „Instrument sozialer Kontrolle“ missbraucht.

In dem Bericht werden neben der Auflösung der Sondereinheit auch eine Stärkung der Pressefreiheit und ein Ausbau des Gesundheitswesens empfohlen. Zudem fordert die UNO die Entwaffnung von regierungsfreundlichen Gruppen, die unter dem Namen Collectivos bekannt sind. Auch Amnesty International (AI) forderte „sofortige Schritte zur Beendigung der Menschenrechtsverletzungen und der Verbrechen in Venezuela“.

„Neutralisierung, Unterdrückung und Kriminalisierung“

Der Bericht bezieht sich auf die vergangenen zehn Jahre in Venezuela. Vor allem seit 2016, dem Gründungsjahr der FAES, habe die Regierung eine Strategie implementiert, die auf die „Neutralisierung, Unterdrückung und Kriminalisierung“ von politischen Gegnern und Regierungskritikern abziele. Bis Mai dieses Jahres seien in Venezuela 793 Menschen willkürlich inhaftiert gewesen. Maduro ist seit 2014 Präsident, davor hatte der mittlerweile verstorbene Hugo Chavez das Land 14 Jahre regiert.

Einwohner Caracas stehen an der Hauswand während ein Polizist der FAES-Einheiten mit Gewehr vorbeigeht
AP/Rodrigo Abd
Ein Einsatz gegen Bandenkriminalität in Caracas

Venezuela befindet sich seit Jahren in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Seit Monaten liefern einander Maduro und Oppositionsführer Juan Guaido einen erbitterten Machtkampf. Ende April war ein Putschversuch von Teilen der Streitkräfte gegen Maduro gescheitert. Der umstrittene Staatschef kann nach wie vor auf den Rückhalt der Militärführung zählen und wird unter anderem von Russland unterstützt.

Schwere Krise

Guaido hatte sich am 23. Jänner zum Übergangspräsidenten erklärt. Etwa 50 Staaten, darunter Österreich, Deutschland und die USA, haben ihn anerkannt. Die Bevölkerung leidet unter einer schweren Versorgungskrise, Nahrungsmittel und Medizin sind knapp. Zudem herrscht Hyperinflation. Mittlerweile haben rund vier Millionen Menschen das Land verlassen. Laut der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) könnten es bis 2020 acht Millionen sein.