Das Hauptquartier der „Deutsche Bank“ in Frankfurt am Main
APA/AFP/dpa/Boris Roessler
Radikalkur verordnet

Deutsche Bank streicht 18.000 Arbeitsplätze

Die Deutsche Bank will in den kommenden drei Jahren rund ein Fünftel ihres Personals streichen. Wie die Bank am Sonntag mitteilte, will sie im Zuge ihres geplanten Umbaus rund 18.000 Arbeitsplätze abbauen und die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis Ende 2022 auf 74.000 reduzieren. Die Bank will sich auch aus dem weltweiten Aktiengeschäft zurückziehen und ihr Handelsgeschäft verkleinern.

Vorstandschef Christian Sewing erklärte, es handle sich um die „umfassendste Transformation der Deutschen Bank seit Jahrzehnten“. Das sei „ein echter Neustart“. Die Bank kehre zu ihren Wurzeln zurück und besinne sich voll auf das Kundengeschäft. Aufgrund ihres geplanten Umbaus rechnet die Deutsche Bank mit einem Verlust von 2,8 Mrd. Euro im zweiten Quartal.

74 Mrd. schwere „Bad Bank“

Zum Sanierungsplan von Vorstandschef Sewing, dem der Aufsichtsrat nun zustimmte, gehört auch die Gründung einer „Bad Bank“, die schlecht laufende Finanzprodukte abwickeln soll. Diese Positionen umfassen 74 Mrd. Euro an Bilanzrisiken (RWA) – ein Fünftel des Gesamtbestandes. Außerdem will Sewing bis 2022 rund 13 Mrd. Euro in Digitalisierung investieren.

Die Aktionäre sollen dafür heuer und 2020 auf ihre Dividenden verzichten. Durch den Rückzug aus dem Aktiengeschäft will die Bank bis 2022 ihre bereinigten Kosten auf 17 Mrd. Euro senken. Bis dahin soll die Rendite auf acht Prozent zulegen. Bis Ende 2022 rechnet der Vorstand mit Belastungen von insgesamt 7,4 Mrd. Euro durch den Umbau.

Diesen will die Bank aus eigener Kraft stemmen und ohne erneute Kapitalerhöhung auskommen. Allerdings will der Konzern seine Kapitalpolster abschmelzen – künftig setzt er sich eine harte Kernkapitalquote (CET 1) von mindestens 12,5 Prozent zum Ziel, nachdem bisher mindestens 13 Prozent angestrebt wurden.

Vorstand wird umgebaut

Grundlegend umgekrempelt wird auch der Vorstand: Privatkundenchef Frank Strauß und die für Regulierungsthemen zuständige Ex-Bankenaufseherin Sylvie Matherat verlieren ihre Posten im Führungsgremium. Beide werden die Bank Ende Juli verlassen, wie es hieß. Bereits am Freitag hatte die Bank bekanntgegeben, dass Investmentbankchef und Konzernvize Garth Ritchie das Institut verlassen wird.

Durch die radikale Schrumpfkur will das Institut Luft für Investitionen in ihren Kernbereichen bekommen. Zu diesen zählt sie das Geschäft mit Unternehmenskundinnen und -kunden, das Finanzierungsgeschäft, das Geschäft mit Fremdwährungen, das Beratungs- und Emissionsgeschäft, das Privatkundengeschäft sowie die Vermögensverwaltung mit der Fondstochter DWS.

„Harte Einschnitte“ angekündigt

Bereits auf der Hauptversammlung hatte Konzernchef Sewing „harte Einschnitte“ angekündigt. Schon damals war klar, dass das seit zwei Quartalen verlustreiche Kapitalmarktgeschäft dabei im Fokus stehen würde. Sewing hatte im Mai gesagt, die Bank werde „konsequent auf die profitablen und wachsenden Bereiche“ ausgerichtet, die für Kundinnen und Kunden besonders wichtig seien. „Wir haben immer noch zu hohe Kosten, die wir nicht direkt einer Leistung für unsere Kunden zuordnen können.“

Zum Investmentbanking gehören beispielsweise die Beratung von Firmen bei Börsengängen oder Übernahmen sowie der Handel mit Wertpapieren und Devisen. Im Transaction Banking, das Zahlungsverkehr, Handelsfinanzierung und Wertpapierdienstleistungen umfasst, zählt die Deutsche Bank zur Weltspitze. Potenzial sieht der Konzern auch in der Vermögensverwaltung. Dagegen galt schon länger als ausgemacht, dass das US-Handelsgeschäft mit Anleihen und Aktien gestutzt wird.

Von US-Konkurrenz abgehängt

Bei der Hauptversammlung hatte auch der Aufsichtsrat klargemacht, dass es nicht weitergehen könne wie bisher – erst recht nicht nach der Absage einer Fusion mit der Commerzbank. „Wir müssen noch schneller und radikaler umbauen“, forderte der aus Oberösterreich stammende Aufsichtsratschef Paul Achleitner.

Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Deutsche Bank ihren ersten Jahresgewinn seit 2014. Doch das erste Quartal des laufenden Jahres zeigte, wie angespannt die Lage nach wie vor ist: Die Deutsche Bank verdiente in den drei Monaten gerade einmal 201 Mio. Euro, während die US-Konkurrenz Milliardengewinne einfuhr.