Stella McCartney
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Bürsten besser

Stella McCartney warnt vor Waschmaschine

„Grundsätzlich gibt es im Leben eine Faustregel: Wenn du etwas nicht wirklich reinigen musst, dann lass es!“ – Mit dieser Aussage hat die Modedesignerin Stella McCartney kürzlich in einem Interview mit dem „Guardian“ Aufsehen erregt. Doch was sich im ersten Moment etwas sonderbar anhört, hat einen ernsthaften Hintergrund: Mikroplastik in Kleidung, das durch die Waschmaschine in Flüsse, Seen und Meere gelangt.

McCartney sagte dem „Guardian“ am Wochenende, sie habe den Tipp, Kleidung nur im absoluten Notfall zu waschen, von Schneiderinnen und Schneidern in der prestigeträchtigen Londoner Savile Row bekommen. Anstatt das Gewand in die Waschmaschine zu geben, solle man „den Schmutz trocknen lassen und anschließend rausbürsten“, so die 47-jährige Tochter von Beatles-Star Paul McCartney. Das habe auch einen weiteren Vorteil: Durch weniger Waschen würden Textilien geschont.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Fashion-Designerin mit diesem Vorschlag aufhorchen ließ. Durch das Waschen von Kleidung würden Plastikfasern, die darin verarbeitet sind, in Gewässer gespült, für eine hohe Umweltbelastung sorgen und Vögel, Fische sowie andere Meerestiere töten, lobbyierte die Designerin schon öfters. McCartney setzt sich seit Jahren für den Umweltschutz ein, insbesondere für das Wohl von Tieren. Sie ist Unterstützerin der Tierschutzorganisation PETA und verwendet in ihren Designs weder Pelz noch Leder. Den Wert ihres Labels schätzt „Forbes“ auf etwa 15 Milliarden US-Dollar (13 Mrd. Euro) ein, ihr Privatvermögen wird je nach Quelle auf etwa 75 Millionen US-Dollar (67 Mio. Euro) geschätzt.

Mikroplastik
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Eine verschmutzte Umwelt ist nicht immer auf den ersten Blick so sichtbar. Häufig sind es „nur“ Plastikfasern, die Flora und Fauna gefährden.

Reibung entfernt Flecken – und löst Plastikfasern

Umweltschutzorganisationen bestätigen die Meinung der Designerin. Kleidung enthält häufig synthetische Stoffe, wie etwa Polyester und Acryl. Laut der Umwelt-NGO Greenpeace besteht sogar rund 60 Prozent der neu produzierten Kleidung aus Kunstfasern. Etwa 126 Tonnen Mikroplastik würden jährlich allein in Österreich aus Textilien ins Abwasser gelangen. Die NGO empfiehlt deshalb, Kleidung aus Kunstfasern überhaupt zu vermeiden, denn Kläranlagen könnten nur einen Teil davon auffangen. Vieles würde einfach weitergespült. Das Mikroplastik lande somit über Flüsse im Meer.

Für das eigene Reinlichkeitsbedürfnis und das Zusammenleben mit anderen Menschen ist das Waschen von Textilien freilich nicht auf immer und ewig verschiebbar. Wenn man also wäscht, empfehlen viele Expertinnen und Experten, die Waschmaschinen nicht zu überladen. Denn reibt die Kleidung zu stark aneinander, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich Plastikfasern lösen. Zudem sollte eine niedrige Waschtemperatur und, so zitierte die BBC jüngst eine Umweltexpertin einer britischen NGO, flüssiges Waschmittel gewählt werden. Waschpulver verursache nämlich mehr Reibung an den Stoffen, wodurch noch mehr Plastikfasern herausgelöst würden, meinte die Expertin.

Das Dilemma Waschmittel

Ein Dilemma ist das aber insofern, als gerade durch die Reibung mit dem Waschmittel Flecken entfernt werden. Außerdem beinhaltet flüssiges Waschmittel wiederum mehr Tenside, die die Abwässer noch mehr belasten. Als Alternative zum herkömmlichen Waschmittel können aber, so raten diverse Infoportale im Internet, auch natürliche Varianten gewählt werden, wie etwa Waschnüsse. Sie enthalten die reinigende, seifenähnliche Substanz Saponin.

Chip Bergh
Reuters/Brendan McDermid
Levi’s-Chef Chip Bergh besitzt und trägt laut eigenen Angaben seit etwa zehn Jahren eine Jeans, die noch nie gewaschen wurde

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der sowohl Konsumverhalten als auch Umwelt beeinflusst: Wäscht man Kleidungsstücke zu oft, verringert das statistisch gesehen auch die Gebrauchsdauer eines Kleidungsstücks – man wirft es also schneller weg und kauft Neues.

Viel Plastik in Sportkleidung und Unterwäsche

Insbesondere in Sportbekleidung, aber auch in Unterwäsche finden sich besonders viele Mikrofasern aus synthetischen Stoffen, da diese leichter dehnbar sind. Aus diesem Grund empfiehlt McCartney, aber auch Dessousdesignerin Naomi De Haan, BHs nicht täglich zu wechseln bzw. zu waschen. De Haan rät ihren Kundinnen und Kunden, BHs nach etwa fünfmaligem Tragen nur mit der Hand und in lauwarmem Wasser mit Babyshampoo zu waschen.

„Maschinenwäsche kann Kleidung wie zarte Spitze oder Seide zerstören“, sagte De Haan zur BBC. „Es kann auch dazu führen, dass die Drähte herausspringen, die Farben verblassen und die Körbchen sich verformen.“ Wenn es nicht anders geht, als mit der Maschine zu waschen, empfiehlt De Haan Folgendes: „Machen Sie immer die Haken zu und ziehen Sie die Träger hoch, um ein Verhaken zu verhindern. Verwenden Sie einen Wäschesack, waschen Sie nicht mit zu hoher Temperatur.“ Zum Trocknen sollte die Wäsche stets aufgehängt werden, um die Gebrauchsdauer zu erhöhen sowie die Umwelt und die Stromrechnung zu schonen.

Gefriertruhe statt Waschmaschine?

Sarah Clayton, Leiterin der Kampagne „Love Your Clothes“ vom Waste & Resource Action Programme (WRAP), schlägt außerdem vor, insbesondere Jeans gar nicht zu waschen, sondern zwischen dem Tragen auszulüften. Das klingt vielleicht etwas unangenehm, jedoch schwört auch ein weiterer Bekannter in der Fashionwelt darauf: Chip Bergh, CEO der Jeansmarke Levi’s.

2014 sorgte er für verstörte Blicke, als er vor Medien stolz erklärte, dass die Jeans, die er gerade trug, noch nie gewaschen wurde. Heuer, fünf Jahre später, sagte er dem Sender CNN in einem Interview, er habe die Jeans immer noch nicht gewaschen, obwohl die Hose schon ungefähr zehn Jahre alt sei. Auch diesbezüglich haben Expertinnen und Experten für nachhaltige Fashion einen weiteren ungewöhnlichen Tipp parat: Die Jeans einfach in die Gefriertruhe stecken, um Keime durch die Minustemperaturen abzutöten.