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ORF.at/Dominique Hammer
Parteifinanzen

„Ibiza-Skandal“ schwappt über Politvereine

Als Folge des „Ibiza-Videos“ der FPÖ ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen möglicher Geldflüsse nicht nur gegen parteinahe Vereine im Umfeld der Freiheitlichen, sondern auch in jenem von ÖVP und SPÖ. Und bei diesen ist nun einiges in Bewegung.

Bei der ÖVP geht beziehungsweise ging es um fünf Vereine, darunter den im Untersuchungsausschuss zum Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) bekanntgewordenen und von einem früheren BVT-Mitarbeiter geführten Verein „ProPatria – Für Niederösterreich“, bei dem der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel lange Kassier gewesen sein soll. Inzwischen ist, wie am Donnerstag bekanntwurde, ProPatria Geschichte: Laut Vereinsregister wurde er am 18. Juni aufgelöst.

Gegründet wurde ProPatria bereits Anfang 2004, angeblich zur Unterstützung der ÖVP in Wahlkämpfen. Sitz war die niederösterreichische Landeshauptstadt St. Pölten. Laut der Angabe im Vereinsregister war Blümel von März 2014 an zwei Jahre lang Kassier – was bei diesem offenbar für Verwunderung sorgt: Er sei lediglich in den Anfangszeiten des Vereins als Student und vor seiner beruflichen Tätigkeit dort ehrenamtlich engagiert gewesen. Jedwede spätere Aktivität „kann ausgeschlossen werden“, hielt er am Donnerstag fest.

Gernot Blümel (ÖVP)
APA/Roland Schlager
Blümel weist Darstellungen zurück, wonach er zwei Jahre lang Kassier des nun aufgelösten Vereins gewesen sei

Widerwillige Nennung im U-Ausschuss

Nach der Nennung des Vereins im BVT-Untersuchungsausschuss sei auch sofort bei der zuständigen Vereinsbehörde Akteneinsicht beantragt worden. „Diese wurde bis heute, trotz mehrmaliger Urgenz, nicht gewährt“, hieß es. Was zweifelsfrei feststeht, ist, dass der ehemalige Spionageabwehr-Chef Bernhard P. von 2014 bis März 2018 – also bis einen Monat nach der größtenteils rechtswidrigen Razzia im BVT am 28. Februar 2018 – als Obmann fungierte. Mitte Juni erfolgte dann die freiwillige Löschung des Vereins – zwei Wochen, nachdem dieser im Untersuchungsausschuss bekanntgeworden war. In diesem hatte P. erst auf mehrmaliges Nachfragen den Namen von ProPatria genannt und ihn als „Uraltverein“ bezeichnet.

Auch zu einem weiteren ÖVP-nahen Verein, für den sich die Ermittler derzeit interessieren, äußerte sich Blümel am Donnerstag: Die Onlineplattform Verein zur Förderung bürgerlicher Politik sei 2016 gegründet worden, als sich das Image der Wiener ÖVP „im Keller“ befunden habe und die Marke „kaputt“ gewesen sei. Man habe mit Hilfe des Vereins bewusst auf Blümel gesetzt und Auftritt wie Erscheinung der ÖVP Wien völlig neu gestaltet.

Verein zur Verjüngung der Wiener ÖVP

Der Verein sei dazu gedacht gewesen, auch Leute zu erreichen, die mit der „ÖVP Wien“ nicht zu erreichen gewesen seien, man habe „breiter, jünger und moderner“ auftreten wollen. Deshalb finde sich etwa auf der Plattform Gernot Blümel kein Logo der ÖVP Wien, so die Begründung. Der Vereinszweck sei jedenfalls erfüllt worden, die ÖVP Wien habe bei den vergangenen Wahlen „eine ganz neue Stärke erreicht“ und viele Erwartungen übertroffen.

„Dieser Verein hatte niemals einen einzigen Cent Einnahmen. Es gibt nicht einmal ein Konto“, sagte Blümel. „Die Homepage und alles andere in irgendeinem Zusammenhang mit diesem Verein wurde ausschließlich und zu 100 Prozent von der ÖVP Wien bezahlt.“ Das könne auch jederzeit durch einen Rechnungsprüfer belegt werden. „Damit im Zusammenhang mit diesem Verein nicht weiterhin Falsches interpretiert oder konstruiert wird, wurde dieser ordnungsgemäß aufgelöst“, hieß es weiter aus Blümels Büro. Geschehen ist das laut Vereinsregister am 12. Juni.

Aber nicht nur FPÖ- und ÖVP-nahe Vereine werden derzeit von der WKStA geprüft, sondern auch zwei im Umfeld der SPÖ, insbesondere das Wiener Kulturservice. Dieser Verein tritt neben der SPÖ als Mitveranstalter des Donauinselfests auf und wird jährlich mit 1,8 Mio. Euro Fördermitteln bedacht. Damit finanziert er neben dem Donauinselfest auch kleinere Events wie das 1.-Mai-Fest im Prater und den Gürtel Nightwalk. Laut einem Rechnungshof-Rohbericht verwendete er aber auch Gelder für Parteiwerbung.

SPÖ zahlte zurück

Am Mittwoch wurde publik, dass die SPÖ einen Betrag inzwischen zurückbezahlt hat. „Bei der umfassenden Prüfung durch den Rechnungshof über einen Zeitraum von drei Jahren wurde ein Beleg beanstandet. Der entsprechende Betrag wurde unverzüglich zurückerstattet“, hielt Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler fest.

Bei diesem handle es sich allerdings nicht um Parteiwerbung, sondern um eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 2.409 Euro, wie ein Sprecher der Wiener SPÖ bestätigte. Eine „engste Zusammenarbeit und Kooperation“ mit den Ermittlern sei für die SPÖ prioritär, wurde versichert. Der Betrag habe 0,04 Prozent der Subventionssumme ausgemacht und sei „selbstverständlich“ refundiert worden.

Parteispenden zurückgezahlt und Verein aufgelöst

Bei der Untersuchung der Staatsanwaltschaft zu Parteienspenden wurde bekannt, dass die SPÖ an sie geflossene Gelder an einen Verein zurückgezahlt hat und ein Verein im ÖVP-Umfeld aufgelöst wurde.

Der Rechnungshof hatte beanstandet, dass das Kulturservice in den Jahren 2014 und 2015 für mehr als 200 für den Verein tätige Personen nicht überprüft hatte, ob eine Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger erforderlich gewesen wäre. Die entsprechende Strafe wurde aus Mitteln der Kulturförderung der Stadt Wien beglichen.

Kulturservice bestreitet versteckte Finanzierung

Kulturservice-Präsident Kurt Wimmer bestritt indes eine versteckte Parteienfinanzierung. „Wir fördern ausschließlich Künstlerinnen und Künstler und deren Bedarf“, so Wimmer zur APA. In Wien und in Österreich funktioniere ein Großteil der Kulturarbeit über Vereine – und ein solcher Verein sei das Kulturservice, erklärte er den Zweck der Einrichtung. Diese gibt es laut Vereinsregister seit 1983. Das Budget beträgt derzeit 1,81 Mio. Euro und stammt aus Fördermitteln der städtischen Kulturabteilung MA7. Weitere Einnahmen gibt es dem ehemaligen SPÖ-Bezirksvorsteher von Margareten zufolge nicht.

NEOS ruft nach Aus für Förderung von Parteifesten

NEOS forderte unterdessen das Aus für die Förderung von Parteifesten. „Wir haben den Verdacht, dass es sich bei den Parteifesten durch diverse Vereinskonstruktionen seit Jahren auch um illegale Parteienfinanzierung handeln könnte“, sagte Klubobmann Christoph Wiederkehr. „Mich ärgert dieser Förderproporz in Wien, bei dem sowohl SPÖ, ÖVP und die Grünen sich schamlos Gelder für ihre Feste genehmigen.“