Ministerkabinette weiter von ÖVP-Mitarbeitern dominiert

Obwohl in Österreich seit Anfang Juni eine unabhängige Expertenregierung am Werk ist, herrscht in vielen Ministerien ein großes Angebot an ÖVP-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, wie die „Tiroler Tageszeitung“ (Dienstag-Ausgabe) berichtete.

Besonders auffallend ist das Kabinett von Außenminister Alexander Schallenberg, der mehr Referenten als Kanzlerin Brigitte Bierlein hat. Während sich die Kanzlerin mit acht Kabinettsreferenten zufriedengibt, beschäftigt Schallenberg zwölf.

Schallenberg ist nicht nur Europa- und Außenminister, sondern auch Kultur- und Medienminister. Im Außenamt übernahm er unter anderen Gregor Kößler, den Kabinettschef der damaligen FPÖ-Ministerin Karin Kneissl. In seiner zweiten Funktion bediente er sich laut „Tiroler Tageszeitung“ vor allem aus den Kabinetten von Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Josef Moser (alle ÖVP). Kabinettschef ist Bernhard Bonelli, der diese Funktion auch schon unter Ex-Kanzler Kurz innehatte. Schallenberg gilt als enger Vertrauter von Kurz.

„Sehr viele Themen“ abzudecken

Schallenbergs Büro erklärte die hohe Dichte an ÖVP-Mitarbeitern damit, dass in dem Ressort „sehr viele Themen abgedeckt“ werden. „Aufgrund dieses umfangreichen Aufgabengebietes wurde auf Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Fachbereichen zurückgegriffen, die insbesondere auch das Haus gut kennen.“

Zur Zusammensetzung der Ministerkabinette liegt eine laufende parlamentarische Anfrage vor, die laut Regierungssprecher Alexander Winterstein bald beantwortet werden soll.

FPÖ beklagt „eiskalte Machtpolitik“

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker kritisierte in Reaktion auf den Bericht die „eiskalte Machtpolitik“, mit der die Volkspartei vorgehe. Kurz und Wiens VP-Chef Gernot Blümel hätten ihre „Vertrauensleute flächendeckend platziert“. „Die ÖVP hat ihre Macht in den Ministerien erfolgreich verteidigt und sogar ausgebaut", kritisierte er. „Die Expertenminister mögen großteils unabhängig sein – ihre Kabinette sind es nicht.“

Kanzlerin Bierlein sagte am Dienstag im Ö1-Mittagsjournal, sie habe ihr Team bewusst klein und ausgewogen gehalten. Sowohl der Kabinettschef, der Stellvertreter als auch der Regierungssprecher und der persönliche Berater seien „externe Experten“. Als persönlichen Berater habe sie sich für Manfred Matzka entschieden. Matzka habe sowohl Wolfgang Schüssel (ÖVP) als auch Werner Faymann (SPÖ) in deren Zeit als Kanzler loyal gedient, hieß es – Audio in oe1.ORF.at.

Auch SPÖ-nahe Kabinettschefinnen

Im Umwelt- sowie im Wirtschaftsministerium berief man sich laut Ö1 auf die „hohe fachliche Qualifikation“ der Mitarbeiter und auf die sehr gute Zusammenarbeit mit ihnen. Im Finanzministerium hieß es, der Minister sei „frei in der Entscheidung“ gewesen und habe einfach einen Teil des Kabinetts übernommen. Doch nicht alle Ressorts der Expertenregierung sind ÖVP-geprägt: Sozialministerin Brigitte Zarfl zum Beispiel hat als Kabinettschefin eine ehemalige SPÖ-Bezirksrätin. Auch Frauenministerin Ines Stilling setzt auf eine Kabinettsleiterin, die bereits für andere SPÖ-Minister arbeitete.