Prinz Georg Friedrich von Preußen
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Streit um Kunstwerke

Deutsches Adelshaus stellt Forderungen

Es geht um Tausende Kunstwerke, kostbare Möbel, Gemälde, Antiquitäten und Archivalien früherer Preußenkönige, aber auch um mietfreies Wohnen in einstigen Schlössern – all das hat Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel von Wilhelm II., dem letzten deutschen Kaiser, gefordert. Sein Anwalt sprach von „normalen Ansprüchen“, die Gegenseite von einem „blaublütigen“ Traum und „Gier“.

Wie am Wochenende durch einen Bericht des „Tagesspiegels“ bekanntwurde, gibt es seit Jahren geheime Vergleichsverhandlungen zwischen dem deutschen Adelshaus Hohenzollern, dem der Prinz angehört, und der Bundesrepublik Deutschland. Sie gingen bereits seit 2014 – und werden voraussichtlich noch einige Jahre andauern. Denn die Positionen der verhandelnden Seiten liegen der deutschen Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zufolge „sehr weit auseinander“.

Die „Frankfurter Rundschau“ („FR“) etwa schrieb am Dienstag, die Hohenzollern würden „ausgeprägte Forderungen“ stellen. Die Familie inszeniere sich seit dem Sturz Wilhelms II. im Jahr 1918 zwar „als weiterhin die Interessen ihres einstigen Staates Preußen im Auge behaltend“, doch die Liste jener Forderungen lasse sie als gierig erscheinen, so die „FR“.

Strittige Eigentums- und Besitzverhältnisse

Markus Hennig, der Hohenzollern-Anwalt, sagte am Montag gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“), es handle sich um „ganz normale zivilrechtliche Ansprüche“. Die Eigentums- und Besitzlage betroffener Vermögensgegenstände aus dem Privatbesitz der preußischen Königsfamilie in Museen und Depots sei seit Jahrzehnten ungeklärt.

Das Ende der Monarchie

Mit der Ausrufung der Weimarer Republik und der Abdankung des Kaisers war die Monarchie 1918 beendet. Das Vermögen der Hohenzollern wurde beschlagnahmt.

Zwar einigten sich der damalige Staat Preußen und das vormalige Königshaus bereits 1926 in einem Gesetz, wem was gehöre, doch nach wie vor gebe es „rechtliche Unklarheiten“ in dem Vertrag, hieß es in den Unterlagen, aus denen der „Tagesspiegel“ zitierte.

Konkret erhob das Adelshaus diesen zufolge Anspruch auf Tausende Gegenstände und Gemälde aus öffentlichen Museen in Berlin und Brandenburg. Diese seien von „erheblichem Wert und historischer“ Bedeutung, sagte Grütters. Auch ein dauerhaftes unentgeltliches Wohnrecht im Potsdamer Schloss Cecilienhof und zwei anderen Schlossvillen habe der Nachfahre des Kaisers verlangt. Erst Ende Juni verlor er den Prozess um die Burg Rheinfels, einst ein Sitz der Hohenzollern.

Schloss Cecilienhof in Potsdam
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Das Schloss Cecilienhof in Potsdam, in dem der Prinz gerne wohnen würde

„Schlösser sind kein Wohngebäude“

„Die Schlösser sind keine Wohngebäude, auch nicht für die Hohenzollern. Weder kostenlos noch gegen Bezahlung“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dem „Tagesspiegel“. „Das Land Brandenburg achtet darauf, dass die Schlösser öffentlich zugänglich sind und bleiben.“ Und: „Selbstverständlich müssen auch künftig wichtige Kunstgegenstände der öffentlichen Hand öffentlich zugänglich sein.“

Das deutsche Bundeskanzleramt habe die Forderung am 13. Juni per Brief abgelehnt, so der „Tagesspiegel“. Man sehe keine geeignete Grundlage für erfolgversprechende Verhandlungen, hieß es in dem Schreiben. Dennoch solle am 24. Juli noch einmal beraten werden, ob es noch einen Lösungsweg gebe. Nach Ansicht staatlicher Stellen solle eine möglichst einvernehmliche Gesamtregelung gefunden werden, wie sie unter anderem das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 vorsehe.

Chancen auf Einigung „sehr schwierig“

Während sich Woidke für die Verhandlungen über die strittigen Objekte zuversichtlich zeigte, bezeichnete der brandenburgische Staatskanzleichef Martin Gorholt (SPD) in der „Märkischen Allgemeinen“ (Montag-Ausgabe) die Chancen auf eine Einigung als „sehr schwierig“.

„Die Forderungen der Hohenzollern sind natürlich nicht besonders förderlich für den Verhandlungsprozess, weil sie Dinge enthalten, die auf keinen Fall zu gewähren sind – zum Beispiel das Wohnrecht in einem der Schlösser für den Ururenkel des letzten Kaisers“, sagte er. Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) sagte der Zeitung, die Forderungen der Gegenseite würden ein „blaublütiger“ Traum bleiben.

Leihgaben als Druckmittel?

Zumindest was die Kunstwerke betrifft, scheint sich der Prinz von Preußen jedoch einsichtig zu zeigen. So ließ er am Montag über seinen Anwalt ausrichten, dass die Hohenzollern die historischen Sammlungen in Museen der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich machen wollen. Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ berichtet, dass das Adelshaus zwischenzeitlich die Leihverträge für Kunstwerke mit öffentlichen Museen gekündigt habe.

In einer Erklärung des Anwalts, die der dpa vorliegt, hieß es jedoch: „Das Haus Hohenzollern hat in den Gesprächen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass es seiner historischen Verantwortung und Aufgabe Rechnung trägt.“ Das zeige sich auch darin, dass das Adelshaus seit Jahrzehnten als größter Leihgeber der preußischen Schlösserverwaltungen und Stiftungen gelte.

Genau durch diese zahlreichen Leihgaben in öffentlichen Museen könne die Familie jedoch Druck ausüben, schrieb die „SZ“ am Montag. Die Leihverträge ließ die Familie bereits 2015 auslaufen und könnte die Werke daher jederzeit kurzfristig abziehen. „Was die Familie aber offenbar nicht berücksichtigt hat, ist die schon jetzt große öffentliche Empörung, die noch lauter würde, wenn sie die an öffentliche Häuser verliehenen Werke dort tatsächlich von den Wänden nehmen ließe“, schrieb die „SZ“.