Von der Leyen

Gratulation und Skepsis aus Österreich

So unterschiedlich wie ihr Verhalten bei der Abstimmung im Europaparlament in Straßburg fielen die Reaktionen der österreichischen EU-Delegationen nach der knappen Wahl der deutschen Christdemokratin Ursula von der Leyen zur EU-Kommissionspräsidentin aus.

Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein gratulierte von der Leyen „sehr herzlich zur Wahl als erste Präsidentin der Europäischen Kommission“. „Trotz der zahlreichen Herausforderungen, uns alle eint die europäische Idee, in Frieden und Freiheit leben zu können“, so Bierlein. Sie wünsche von der Leyen „für die zukünftige, sehr verantwortungsvolle Aufgabe viel Erfolg“ und freue sich auf die enge Zusammenarbeit, betonte Bierlein.

Nach Ansicht der neuen Leiterin der ÖVP-Delegation, Karoline Edtstadler, wurde mit der Wahl ein „wichtiger Schritt für eine handlungsfähige EU gesetzt“. Das sei gerade in bewegten Zeiten wichtig, da die Menschen „Antworten auf die drängenden Fragen“ erwarteten, teilte Edtstadler mit und begrüßte in ihrer Stellungnahme, dass „mit einer Frau an der Spitze auch Themen in den Fokus gelangen, die bisher nicht so viel Aufmerksamkeit hatten“. Dazu zähle das Thema Gewalt gegen Frauen, „das mir persönlich sehr am Herzen liegt“.

Gratulationen von Karas, Sobotka und Kurz

EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas, der am Dienstag die Leitung der ÖVP-Delegation an Edtstadler übergeben hatte, gratulierte ebenfalls. „Der Start war und bleibt schwierig“, erinnerte er. Die Herausforderungen seien vielfältig, zu tun sei viel. „Miteinander“, wie Karas betonte.

Von der Leyen: Reaktionen zur Wahl aus Österreich

Vor allem SPÖ, FPÖ und Grüne haben sich sehr skeptisch zu von der Leyen gezeigt, aber auch die NEOS. Einzig die ÖVP hat sich klar für von der Leyen ausgesprochen.

Zudem meldeten sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sowie ÖVP-Bundesparteiobmann und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz dazu zu Wort. „Mit Ursula von der Leyen wurde heute eine Frau mit langjähriger politischer Erfahrung an die Spitze der Europäischen Kommission gewählt“, so Sobotka und er drückte seine Zuversicht aus, dass von der Leyen ihre neue Aufgabe „mit Engagement und Weitsicht erfüllen“ werde.

Kurz gratulierte herzlich und betonte in einer Twitter-Botschaft, dass die EU eine starke Führungskraft brauche, die die Anliegen der Bürger erfülle. Dazu gehörten der Klimawandel, die Herausforderungen durch die Migration, die Wettbewerbsfähigkeit der EU und auch die Frage, welche politischen Bereiche künftig eher durch die Nationalstaaten als durch Brüssel geregelt werden sollten.

Schieder: „Kein gutes Signal“

Andreas Schieder, Delegationsleiter der SPÖ-Abgeordneten, sieht hingegen in der Wahl von von der Leyen „kein gutes Signal“, „gerade nach der gesteigerten Wahlbeteiligung bei der EU-Wahl“. Das Spitzenkandidatensystem hingegen hätte seiner Ansicht nach sowohl das EU-Parlament als auch die EU-Kommission gestärkt. Von der Leyen war von den EU-Staats- und -Regierungschefs für das Amt nominiert worden, nachdem keine Einigung auf einen aus der Europawahl hervorgegangenen Spitzenkandidaten zustande gekommen war.

Zwar habe von der Leyen am Vormittag vor den EU-Mandataren einige wichtige Inhalte angesprochen, das alleine werde aber nicht den Politikwechsel bringen, „den unser Kontinent dringend braucht“, fügte Schieder hinzu. „Europa hat schon viele gute Reden gehört, aber bisher ist es zu oft an der Umsetzung gescheitert“, erinnerte er und bestätigte, dass die SPÖ wie angekündigt gegen von der Leyen gestimmt habe.

Edtstadler sieht darin einen Beweis für die „Fundamentalopposition“ der SPÖ und FPÖ, der über die Innenpolitik hinausgeht. „Das Abstimmungsverhalten hat auch gezeigt, dass SPÖ und FPÖ auf europäischer Ebene Fundamentalopposition betreiben. Gemeinsam haben sie gegen von der Leyen und damit gegen die Handlungsfähigkeit Europas gestimmt“, erklärte sie.

Vilimsky mit Kritik schon im Vorfeld

FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky hatte im Vorfeld seine Ablehnung gegenüber der Kandidatin erklärt und mitgeteilt, diese bedeute für ihn die „Fortsetzung des zentralistischen Kurses“. Von der Leyens Agenda sei „gerade für österreichische Interessen kontraproduktiv“. Im Anschluss an die Abstimmung war die FPÖ nicht unmittelbar für eine Stellungnahme erreichbar, ebenso wenig die NEOS, deren EU-Abgeordnete Claudia Gamon angekündigt hatte, gegen die Kandidatin und somit gegen die Linie ihrer Parteifamilie, der Liberalen, zu stimmen.

Die Grünen sehen in den 383 Stimmen für die scheidende deutsche Verteidigungsministerin ein „sehr schlechtes Ergebnis“. Von der Leyen sei gut beraten, „zuzuhören, was das Europaparlament will“, erklärte Delegationsleiterin Monika Vana der APA, für die der heutige Dienstag „kein guter Tag für die Demokratie“ ist. „Die großen Parteien haben von der Leyen auf Zuruf des Europäischen Rates die Mehrheit gesichert“, sagte sie der APA und kritisierte deren „vage Zusagen“. Sie räumte aber ein, das Ergebnis anzuerkennen und konstruktiv mit der neuen Kommissionschefin zusammenarbeiten zu wollen.