Bei dem ersten Schiff handelt es sich nach Angaben der Revolutionsgarden um die „Stena Impero“, die der schwedischen Firma Stena Bulk gehört. Das Unternehmen bestätigte den Zwischenfall und teilte mit, dass sich mehrere unbekannte kleinere Boote und ein Hubschrauber der „Stena Impero“ genähert hatten, als sich das Schiff in internationalen Gewässern befunden habe.
Der iranischen Nachrichtenagentur Fars zufolge soll die „Stena Impero“ zuvor in einen Unfall mit einem iranischen Fischerboot verwickelt gewesen sein. Als das Fischerboot einen Notruf abgesetzt habe, habe der britische Tanker ihn ignoriert, sagte ein Vertreter der iranischen Hafen- und Seefahrtsbehörde laut der Agentur am Samstag. Der Tanker sei zur weiteren Untersuchung in den Hafen der Stadt Bandar Abbas gebracht worden.
London: Zweites Schiff festgesetzt
Die Regierung in London zeigte sich nach Berichten alarmiert und meldete wenig später, ein zweites Handelsschiff sei vom Iran aufgebracht worden. „Wir sind dringend auf der Suche nach weiteren Informationen“, teilte ein britischer Regierungssprecher am Freitagabend mit. Es handle sich um den ebenfalls unter britischer Flagge fahrenden Öltanker „Mesdar“ aus Liberia. Das Schiff sei aber wieder freigegeben worden, wie die britische Reederei Norbulk Shipping UK am späten Abend mitteilte.
Die Bewaffneten hätten das Schiff verlassen, das Schiff sei frei, seine Reise fortzusetzen, die Besatzung wohlauf. Der britische Außenminister Jeremy Hunt hatte zuvor erklärt, das Stoppen der Schiffe sei inakzeptabel. Er rief zur freien Durchfahrt in der Straße von Hormus auf. Er werde jedenfalls in Kürze den nationalen Sicherheitsrat zusammenrufen, um rasch die Freilassung sicherzustellen.
Spannungen im Persischen Golf nehmen zu
Wie Daten der Website Marine Traffic zeigen, verließ die „Stena Impero“ gegen 17.30 Uhr (MESZ) ihren Kurs, als sie die Straße von Hormus passiert hatte. Das Schiff war vom Hafen Fudschaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten aus auf dem Weg in Richtung al-Dschubail in Saudi-Arabien. Zuletzt zeigten die Daten, dass sich das Schiff in Richtung der iranischen Insel Keschm begab. Im Persischen Golf nahmen zuletzt die Spannungen deutlich zu. In den vergangenen Wochen hatte es mehrere Sabotageakte an Öltankern gegeben.
Briten drohen mit „ernsten Konsequenzen“
Großbritanniens Regierung drohte dem Iran mit „ernsten Konsequenzen“, sollte das Land den Tanker nicht bald freigeben. „Wir sagen absolut deutlich, dass es sehr ernste Konsequenzen geben wird, wenn diese Situation nicht schnell gelöst wird“, sagte Außenminister Jeremy Hunt dem britischen Nachrichtensender Sky News am Freitagabend. Militärische Optionen würden nicht erwogen. „Wir halten nach einem diplomatischen Weg Ausschau, um diese Situation zu lösen.“
Schon nach der Beschlagnahme des ersten britischen Schiffs warfen die USA dem Iran eskalierendes Verhalten vor. „Das ist das zweite Mal in etwas mehr als einer Woche, dass das Vereinigte Königreich Ziel eskalierender Gewalt durch das iranische Regime ist.“ Die USA würden weiterhin mit ihren Verbündeten zusammenarbeiten, „um unsere Sicherheit und Interessen gegen das bösartige Verhalten des Iran zu verteidigen“, fügte er hinzu.
Trump will sich mit Großbritannien abstimmen
Der Iran hatte nach eigenen Angaben auch schon am Sonntag einen ausländischen Öltanker im Persischen Golf gestoppt und die Crew festgenommen. Die IRGC hätten den Tanker mit angeblich einer Million Liter geschmuggeltem Öl in der Nähe der Straße von Hormus gestoppt und die zwölf Menschen verhaftet, berichteten die IRGC am Donnerstag auf ihrer Website.
US-Präsident Donald Trump will sich nach den jüngsten Zwischenfällen mit britischen Tankern eng mit Großbritannien abstimmen. „Wir werden mit dem Vereinigten Königreich sprechen“, sagte Trump am Freitag vor Medien. Er werde mit der Regierung in London zusammenarbeiten, fügte er hinzu. Der Iran mache nichts als Ärger, erklärte Trump weiter. Das Land sei in großen Schwierigkeiten, die Wirtschaft breche zusammen. „Es ist sehr einfach für uns, das noch viel schlimmer zu machen.“ Der republikanische Senator Rand Paul habe seine Hilfe angeboten, erklärte Trump am Freitag. „Wir werden sehen, was passiert“, sagte er.
US-Militär überwacht Situation aus der Luft
Das US-Militär hat nach eigenen Angaben Aufklärungsflugzeuge im Einsatz, um die Lage in dem Seegebiet zu beobachten. Die Flugzeuge operierten im internationalen Luftraum, sagte ein Sprecher des US-Zentralkommandos Centcom am Freitagabend (Ortszeit). Man stehe zudem in Kontakt mit US-Schiffen in der Gegend, um deren Sicherheit zu garantieren.
Teheran: Drohnenabschuss durch USA widerlegbar
Ängste vor einer Eskalation der geopolitischen Lage am Persischen Golf setzten die US-Aktienmärkte im späten Freitag-Handel unter Druck und sorgten für Verluste. Die Ölpreise drehten deutlich nach oben. Überdies waren die USA nämlich schon am Donnerstag in einen weiteren Zwischenfall mit dem Iran ebenfalls in der Straße von Hormus verwickelt. Die Mannschaft des Schiffs „USS Boxer“ zerstörte nach Angaben Trumps eine iranische Drohne. Diese sei dem Schiff sehr nahe gekommen und habe die Sicherheit des Schiffes und seiner Crew bedroht, sagte Trump. Der Iran dementiert den Abschuss beharrlich und will unterdessen mit einer Videoaufnahme die Berichte der USA widerlegen.
Die von den Revolutionsgarden im staatlichen Fernsehen veröffentlichten Aufnahmen zeigen Kriegsschiffe, die aus der Luft gefilmt wurden. Den Angaben des Senders zufolge belegt der Zeitstempel, dass die Bilder nach dem angeblichen Abschuss entstanden seien. Seither gehen die Wortgefechte zwischen Washington und Teheran immer weiter. Zuletzt beharrte Trump auf seinem Standpunkt, die Drohne sei definitiv abgeschossen worden: „Kein Zweifel, nein – wir haben sie abgeschossen“, sagte US-Präsident Trump am Freitag im Weißen Haus.
Unter dem Vorwurf illegaler Öllieferungen an Syrien liegt unterdessen seit Anfang des Monats in Gibraltar ein iranischer Supertanker an der Kette. Die Öllieferung aus dem Iran soll gegen EU-Sanktionen gegen Syrien verstoßen. Der Iran protestierte gegen die Beschlagnahme, bestellte mehrmals den britischen Botschafter ein und forderte, das Schiff sofort weiterfahren zu lassen. Teheran sprach von einem Akt der „Piraterie“. Am Dienstag drohte der oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei London mit Konsequenzen.