US-Helikopter hebt von einem Flugzeugträger in der Straße von Hormus ab
Reuters/Dalton Swanbeck/U.S. Navy
Konflikt um Öltanker

Briten erwägen Sanktionen gegen Iran

Nach der Festsetzung zweier britischer Handelsschiffe im Persischen Golf erwägt die britische Regierung einem Medienbericht zufolge Sanktionen gegen den Iran. Außenminister Jeremy Hunt dürfte demnächst diplomatische und wirtschaftliche Maßnahmen bekanntgeben, berichtete der „Daily Telegraph“ am Sonntag.

Dazu gehöre das mögliche Einfrieren von Vermögen. Großbritannien könnte demnach darauf drängen, dass die Sanktionen der Vereinten Nationen und der EU gegen den Iran erneut verhängt werden. Diese waren 2016 nach einem Abkommen über das iranische Atomprogramm aufgehoben worden. In einem Schreiben an den UNO-Sicherheitsrat verurteilte Großbritannien die Beschlagnahmung eines Tankers durch den Iran.

„Das Völkerrecht verlangt, dass das Recht auf Durchreise nicht behindert wird, und deshalb stellt die iranische Aktion einen illegalen Eingriff dar“, heißt es in dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief, der auch an UNO-Generalsekretär Antonio Guterres geschickt wurde. Der Tanker habe sich in omanischen Hoheitsgewässern befunden, als er von iranischen Streitkräften beschlagnahmt worden sei.

Archivbild des britischer Öltankers Stena Bulk
AP/Stena Bulk/Stena Bulk
Die 23 Besatzungsmitglieder des vom Iran festgesetzten britischen Öltankers sind nach iranischen Angaben wohlauf

Großbritannien prüft „Reihe von Optionen“

Laut Verteidigungsstaatssekretär Tobias Ellwood prüfe die britische Regierung eine „Reihe von Optionen“ gegen den Iran, wie er dem Sender Sky News sagte. Der Nationale Sicherheitsrat (Cobra) hatte zuvor zweimal über die gefährliche Situation beraten.

Der Iran warnte die britische Regierung vor einer Eskalation der Krise. Es gebe politische Kreise in London, die Spannungen jenseits des Tankerstreits wollten, twitterte Botschafter Hamid Baeidinedschad am Sonntag. Das sei besonders in der derzeitigen Lage gefährlich und unklug. „Der Iran bleibt jedoch entschlossen und ist auf alle möglichen Szenarien vorbereitet“, so der iranische Diplomat, der sein Land in Großbritannien vertritt.

Nach Darstellung des Iran habe der Tanker internationales Seerecht verletzt. Das sagte der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Samstag. Schon am Freitag hatte es vonseiten der Revolutionsgarden geheißen, dass die „Stena Impero“ ein iranisches Fischerboot gerammt und internationale Schifffahrtsgesetze missachtet habe, es sei deshalb in die iranische Stadt Bandar Abbas begleitet worden.

Großbritannien erwägt Sanktionen gegen Iran

Immer konkreter werden die Überlegungen der Regierung in London, Sanktionen gegen den Iran zu verhängen. Dazu gehöre das Einfrieren von Vermögen.

Sarif erklärte zudem, dass es der Iran sei, der im Persischen Golf die Sicherheit garantiere: „Anders als die Piraterie in der Straße von Gibraltar dient unsere Maßnahme im Persischen Golf dazu, die maritimen Regeln zu bewahren“, so Sarif. Großbritannien müsse aufhören, „ein Helfer des Wirtschaftsterrorismus der USA“ zu sein.

„Illegitimer Wirtschaftskrieg“

Am Samstag gab es auch ein Statement des iranischen Wächterrats, das in diese Richtung zeigte. Demnach begründete das einflussreiche Gremium in der halbamtlichen Nachrichtenagentur Fars in einer seiner seltenen Stellungnahmen die Festsetzung des Schiffes ebenfalls mit einem „illegitimen Wirtschaftskrieg“. Damit spielte Teheran auf den Anfang Juli vor Gibraltar beschlagnahmten iranischen Tanker an.

Grace 1
AP/Marcos Moreno
Der iranische Tanker wurde Anfang Juli vor Gibraltar beschlagnahmt

Freigabe von „Kooperation“ der Besatzung abhängig

Die iranischen Behörden machten die Freigabe der „Stena Impero“ indes von der „Kooperation“ der Besatzung abhängig. Das erklärte der Chef der Hafen- und Schifffahrtsbehörde der iranischen Provinz Hormosgan, Allah-Morad Afifipoor, am Sonntag. Außerdem müssten die iranischen Behörden Zugang zu den zur Klärung „notwendigen Beweisen“ erhalten, forderte Afifipoor. Die Behörden bemühten sich darum, „alle Informationen so schnell wie möglich zusammenzutragen“.

Revancheakt für Gibraltar?

Erst am Freitag fiel die Entscheidung vom Obersten Gerichtshof Gibraltars, dass dieser Tanker, der mit für Syrien bestimmtes Öl beladen gewesen sein soll, noch weitere 30 Tage beschlagnahmt bleiben kann. Die Öllieferung verstoße gegen EU-Recht. Der britische Außenminister Hunt vermutete hinter der Beschlagnahmung des Tankers eine Reaktion auf den weiter festgesetzten iranischen Tanker vor Gibraltar.

Hunt sieht die Sicherheit in der Straße von Hormus gefährdet. Der Vorfall lasse ernsthafte Fragen mit Blick auf die internationale Schifffahrt aufkommen, sagte Hunt am Samstag. Nach intensiven Beratungen des britischen Sicherheitsstabs solle am Montag das Parlament darüber informiert werden, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden sollen.

Oman drängt zu diplomatischer Lösung

Unterdessen drängte Oman Großbritannien und den Iran zu einer diplomatischen Lösung. Man stehe mit mehreren Seiten in Kontakt, um die sichere Fahrt des Schiffs durch die Straße von Hormus zu garantieren, twitterte das omanische Außenministerium am Sonntag. Die beteiligten Parteien müssten jetzt Zurückhaltung üben.

US-Präsident Donald Trump will Soldaten nach Saudi-Arabien, dem Erzfeind des Iran, verlegen. US-Medienberichten zufolge soll es sich dabei um 500 Soldaten handeln. London warnte Schiffe, die vor allem für den Öltransport wichtige Straße von Hormus im Persischen Golf zu meiden. Die arabischen Golf-Anrainerstaaten reagierten zunächst ungewöhnlich ruhig auf die Vorfälle. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien, die als regionale Gegenspieler des Iran gelten, schwiegen zunächst. Lediglich das kleine Königreich Bahrain verurteilte die Beschlagnahmung des britischen Tankers aufs Schärfste.

EU warnt vor „weiterer Eskalation“

Der britische Außenminister warf Teheran vor, einen „gefährlichen Weg des illegalen und destabilisierenden Verhaltens“ zu beschreiten. In einem Telefonat mit Sarif brachte er seinen eigenen Angaben zufolge seine „extreme Enttäuschung“ zum Ausdruck. Denn noch vergangene Woche habe ihm Sarif zugesichert, die Situation deeskalieren zu wollen.

Die Lage ist angespannt. Die EU äußerte am Samstag „tiefe Besorgnis“ über die Beschlagnahmung des Tankers durch den Iran und sah „Risiken für eine weitere Eskalation“. Auch Deutschland verurteilte den Schritt als einen „nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die zivile Schifffahrt, der eine ohnehin angespannte Lage gefährlich weiter verschärft“.

Video von Festsetzung veröffentlicht

Unterdessen veröffentlichten die iranischen Revolutionsgarden ein Video, das die Beschlagnahme der „Stena Impero“ zeigen soll. In dem Film nähern sich Schnellboote dem Schiff, dessen Name klar zu sehen ist. Bewaffnete und maskierte Soldaten seilen sich von einem über dem Tanker fliegenden Hubschrauber ab. Mit derselben Taktik hatte die britische Marine vor zwei Wochen den iranischen Tanker vor Gibraltar festgesetzt.

Ein Vertreter der Revolutionsgarden sagte, die „Stena Impero“ sei von einem britischen Kriegsschiff eskortiert worden. Dieses habe versucht, die Festsetzung zu verhindern. Auf dem Video ist kein britisches Kriegsschiff zu sehen.

Zwischenfall treibt Ölpreis nach oben

Die Provokation aus Teheran wirkt sich auch auf den Aktienmärkten aus. Der Zwischenfall belastete die Börsen und trieb den Ölpreis nach oben. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent legte nach Berichten von Samstag zuletzt um 1,14 US-Dollar (1,01 Euro) auf 63,07 Dollar zu.