Bierlein lässt Schredder-Vorwürfe prüfen

Sehr knapp kommentiert das Kanzleramt die Affäre um die Schredderung von Akten unter Regierungschef Sebastian Kurz (ÖVP), infolge derer Staatsanwaltschaft und Polizei Ermittlungen eingeleitet haben. Kanzlerin Brigitte Bierlein habe umgehend eine interne Evaluierung veranlasst, nicht zuletzt im Hinblick auf entsprechende parlamentarische Anfragen, hieß es heute in einer kurzen Stellungnahme.

Die Datenvernichtung an sich stößt aber offenkundig nicht auf Missfallen der Kanzlerin. Denn Bierleins Büro hält fest: „Die Löschung bestimmter sensibler, nicht dem Bundesarchivgesetz unterliegender Daten entspricht der üblichen Praxis bei Regierungswechseln.“

Kurz: „Üblicher Vorgang“

Kurz holte die Schredderaffäre indes bei seiner Silicon-Valley-Reise ein. Es würden bei einem Regierungswechsel „Laptops und Handys zurückgegeben und Druckerdaten gelöscht bzw. vernichtet“, sagte er vor österreichischen Journalisten in Palo Alto (Kalifornien) gestern Nachmittag (Ortszeit). „Das ist ein üblicher Vorgang.“

Ein Kanzleramtsmitarbeiter hatte im Mai zwischen dem Platzen der ÖVP-FPÖ-Koalition und dem Misstrauensantrag gegen Kurz eine Druckerfestplatte bei der Firma Reisswolf schreddern lassen. Für Kritik sorgt nun, dass die Vernichtung der Festplatte nicht von der IT-Abteilung des Kanzleramts durchgeführt wurde, sondern unter Angabe eines falschen Namens von einem Mitarbeiter, der mittlerweile zur ÖVP gewechselt ist.

Mann zahlte Rechnung nicht

Aufgeflogen war die Causa, weil der Mann die Rechnung nicht bezahlt hatte. Über seine Telefonnummer wurde er ausgeforscht und angezeigt. Die „SoKo Ibiza“ prüft nun, ob mit der Datenvernichtung wenige Tage nach Auffliegen des „Ibiza-Skandals“ Beweismittel unterschlagen wurden. Auch die anderen Parteien im Nationalrat wollen wissen, welche Unterlagen vernichtet wurden.

„Es ist ein vollkommen normaler Vorgang, dass sensibel mit Daten umgegangen wird“, verteidigte Kurz das Vorgehen. Es gehe darum, Datensicherheit bei einem Regierungswechsel zu gewährleisten. Dass der Mitarbeiter „schlampig agiert“ und die Rechnung nicht gezahlt habe, sei „nicht korrekt gewesen“.

Der Mitarbeiter habe „mittlerweile die Rechnung beglichen“ und „sich entschuldigt“, so der Ex-Kanzler. Einen Zusammenhang mit dem „Ibiza-Video“ gebe es nicht. Das seien Unterstellungen und Falschbehauptungen.

Kickl betont rechtmäßige Übergabe

Der vormalige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sagte heute auf APA-Anfrage, dass er bei seinem Abgang sämtliche Akten ins Staatsarchiv geliefert habe. Vernichtet und entsorgt worden sei nur das, „was an nicht mehr gebrauchten Ausdrucken, Broschüren etc. in den Büros der Mitarbeiter lagerte“, hieß es aus dem Büro des geschäftsführenden FPÖ-Klubobmanns.

Hintergrund: Seit Bekanntwerden der Vorkommnisse um den ÖVP-Mitarbeiter wird aus ÖVP-Kreisen darauf verwiesen, dass bei Kickls Abgang aus dem Innenministerium ein Lkw der Firma Reisswolf vor der Tür des Ministeriums gestanden war. Kickl meinte nun zur damaligen Entsorgungsaktion: Es sei schließlich auch ein Gebot der Höflichkeit, die Räume in gebrauchsfähigem Zustand zu übergeben.

Leichtfried kritisiert Kurz

Indes kritisierte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried in einer Aussendung, dass Kurz von einem üblichen Vorgang gesprochen hatte. Das zeige, dass der Altkanzler und seine Vertrauten ein absurdes Verständnis von Recht und Transparenz hätten.