Luftaufnahme des britischen Tankers Stena Impero
AP/Tasnim News Agency/Morteza Akhoondi
Nach Tankervorfall im Golf

London will europäische Schutzmission

Großbritannien will eine europäische Schutzmission für die Schifffahrt im Persischen Golf auf den Weg bringen. Das sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt am Montag nach einer Dringlichkeitssitzung des Krisenkabinetts in London. Zugleich betonte er, sein Land suche keine „Konfrontation“ mit Teheran nach der Festsetzung des unter britischer Fahne fahrenden Tankers „Stena Impero“ durch den Iran.

„Wir werden nun die Aufstellung einer europäisch geführten maritimen Schutzmission anstreben, um die sichere Durchfahrt sowohl der Besatzungen als auch der Ladungen in dieser zentralen Region zu unterstützen“, sagte Hunt. Die geplante Mission sei jedoch „kein Teil der Politik des Drucks der USA auf den Iran“, sagte er. „Wir suchen keine Konfrontation mit dem Iran.“ Der Schritt sei jedoch eine Folge des „gefährlichen Verhaltens“ des Iran, so Hunt. Die Festsetzung des britischen Tankers bezeichnete er als einen Akt „staatlicher Piraterie“.

Die Europäische Union hat bereits Erfahrung bei der Sicherung der Seewege gesammelt. Seit 2008 gibt es die Anti-Piraterie-Mission „Atalanta“ der EU am Horn von Afrika vor der somalischen Küste. Die Mission gilt als erfolgreich. In den letzten fünf Jahren gab es kaum noch Piratenangriffe auf Handelsschiffe am Horn von Afrika.

Die Beschlagnahmung von „Stena Impero“ war nach iranischen Angaben sowohl legal als auch legitim und „keineswegs eine Vergeltungsmaßnahme“. Teheran könne Dokumente vorweisen, dass der Tanker in iranischen Gewässern gewesen und auf der falschen Richtungsspur von Süden in die Straße von Hormus eingefahren sei, sagte Regierungssprecher Ali Rabei zuvor nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Zugleich deutete Rabei auf seiner Twitter-Seite die Bereitschaft des Iran für eine diplomatische Lösung des Problems an.

London vermutet Vergeltungsakt

Rabiei sagte, die Aufbringung des Tankers durch die iranischen Revolutionsgarden in der Meerenge von Hormus sei notwendig zur „Garantie der regionalen Sicherheit“ gewesen. Laut dem Iran hatte das Schiff zuvor ein iranisches Fischerboot gerammt. Großbritannien bestreitet das und vermutet einen Vergeltungsakt für die Festsetzung des mit iranischem Erdöl beladenen Tankers „Grace 1“ vor dem Überseegebiet Gibraltar.

Die Beschlagnahme der „Stena Impero“ durch ein Kommando der Revolutionsgarden war am Freitag wenige Stunden nach einer Entscheidung des obersten Gerichts von Gibraltar erfolgt, die Festsetzung des iranischen Tankers „Grace 1“ um 30 Tage zu verlängern. Die britischen Behörden hatten den Tanker am 4. Juli im Mittelmeer unter dem Verdacht festgesetzt, dass er unter Verstoß gegen EU-Sanktionen Öl nach Syrien bringen wollte.

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Teheran will „normale Beziehungen“

Der Iran bestreitet das und sieht das britische Vorgehen als illegal an. Auch international ist die Festsetzung des Schiffs umstritten. Der Nahost-Experte Patrick Cockburn kritisierte am Montag die britischen Verantwortlichen scharf. „Dachten sie wirklich, dass sie Iraner sich nicht rächen würden für das, was sie als schwere Eskalation des US-Wirtschaftskriegs gegen sie betrachten?“, fragte er im „Independent“.

Trotz der Spannungen sprach sich der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif für „normale Beziehungen“ mit Großbritannien aus. „Es ist sehr wichtig für Boris Johnson, wenn er in die Downing Street einzieht, zu verstehen, dass der Iran keine Konfrontation sucht“, sagte Sarif am Montag bei einem Besuch in Nicaragua. Der Iran wolle „normale Beziehungen, die auf gegenseitigem Respekt gründen“, sagte Zarif. Johnson gilt als Favorit im Duell um die Nachfolge der britischen Premierministern Theresa May.

Brisanter Zeitpunkt

Die Krise mit dem Iran erfolgt zu einem brisanten Zeitpunkt für Großbritannien, da May am Dienstag die Führung der Regierung abgibt. Ein Sprecher Mays sagte am Montag nach der Dringlichkeitssitzung des Sicherheitskabinetts, die „Stena Impero“ „wurde unter falschen und illegalen Vorwänden beschlagnahmt, und die Iraner sollten sie umgehend mit ihrer Besatzung freigeben“.

Deutschlands Außenminister Heiko Maas sagte bei einem Besuch in Paris, Deutschland wolle „keine Eskalation“ und werde sich eng mit Großbritannien und Frankreich abstimmen. Wichtig sei auch, die Golfstaaten „an einen Tisch zu bringen“. Der Streit über die Tanker steht vor dem Hintergrund des Konflikts um das internationale Atomabkommen und die Sanktionen, die US-Präsident Donald Trump gegen den Iran verhängt hat.

Iran will CIA-Netzwerk aufgedeckt haben

Der Iran meldete unterdessen, dass mehrere „Spione“ des US-Auslandsgeheimdiensts CIA zum Tode verurteilt worden seien. Seit der Zerschlagung eines CIA-Spionagenetzwerks im Juni seien 17 Verdächtige festgenommen worden, sagte der Leiter der Spionageabwehr des iranischen Geheimdienstministeriums. Mehrere seien inzwischen zum Tode und andere zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden.

Alle Verdächtigen seien Iraner. Sie sollen in „sensiblen und wichtigen Zentren“ im Iran bzw. in damit verbundenen Privatunternehmen gearbeitet haben. Den Angaben zufolge wurden sie von der CIA rekrutiert, als sie ein Visum für die USA beantragten oder ein älteres Visum erneuern wollten.

Die Behauptung wies Trump als „völlig falsch“ zurück. Er sieht eine mögliche Einigung mit dem Iran in weite Ferne rücken. „Es fällt mir immer schwerer, ein Abkommen mit dem Iran schließen zu wollen“, sagte Trump am Montag im Weißen Haus. US-Außenminister Pompeo kündigte an, „als Teil der Kampagne des maximalen Drucks“ auf den Iran Sanktionen gegen den chinesischen Ölkonzern Zhuhai Zhenrong und dessen Chef Youmin Li zu verhängen. Das Staatsunternehmen ist der wichtigste Importeur von iranischem Rohöl in China.