Roboter bei der Autofertigung
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Verdrängung durch Roboter

IHS schlägt Arbeitsstiftungen vor

Das Institut für Höhere Studien (IHS) sieht in Österreich Aufholbedarf bei Digitalisierung und Automation – insbesondere im Vergleich zu anderen Hochlohnländern gäbe es Luft nach oben. Darum bringen die Forscher einen Vorschlag: Killt der digitale Wandel schneller als erwartet zu viele Jobs, sollten Digitalisierungsarbeitsstiftungen erwogen werden.

Ängste vor einem Jobkahlschlag wolle man zwar nicht verbreiten, so IHS-Chef Martin Kocher und seine Kollegen Helmut Hofer und Richard Sellner am Mittwoch bei einer Pressekonferenz, doch für den „momentan nicht erwarteten“ Fall eines plötzlichen stärkeren Beschäftigtenabbaus rate man zu dieser Maßnahme.

Das IHS schlägt demnach vor, im Fall des Falles spezifische Programme für speziell Betroffene aufzulegen, also Lösungen für Lkw- und Taxifahrer bzw. -fahrerinnen zu finden, wenn diese der Einsatz des autonomen Fahrens arbeitslos macht. Generell sollte eine solche Stiftungslösung auf arbeitslos gewordene Personen mit einem Qualifikationsprofil abzielen, das ein hohes Automatisierungs- bzw. Digitalisierungspotenzial aufweist, heißt es vom IHS.

„Hohes Potenzial“ bei 360.000 Personen, ersetzt zu werden

Für Österreich ergaben Schätzungen, dass etwa neun Prozent der Beschäftigten bzw. 360.000 Personen ein Tätigkeitsprofil aufweisen, das „ein hohes Potenzial hat, durch Maschinen ersetzt zu werden“, schreibt das IHS unter Verweis auf frühere Studien aus dem Jahr 2017. Wie viele neue Jobs durch neue Technologien entstehen, ist bisher nicht errechnet worden.

Laut IHS muss die Politik jedenfalls von vornherein deutlich mehr für die Bildung ausgeben, auch schon für die frühkindliche. Sie müsse „schauen, dass die Arbeitsplätze im digitalen Bereich überhaupt erst entstehen“, forderte Hofer. Sonst kämen die neuen Jobs in Österreich nicht an und die klassischen Arbeitsplätze würden sowieso wegfallen im internationalen Wettbewerb.

Politik soll nicht unproduktive Jobs schützen

In Firmen, die Industrieroboter einsetzten, habe durch mehr Produktivität und mehr Geschäft auch Expansion und Beschäftigung zugenommen, vor allem bei hoch qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, zeigen laut IHS diverse Studien. Nicht automatisierten Unternehmen der betreffenden Branchen würden dagegen Marktanteile entzogen. Sie verschwänden vom Markt.

Die Handlungsanleitung des IHS an die Wirtschaftspolitik: Sie dürfe nicht mit Gesetzen darauf abzielen, unproduktive Unternehmen bzw. Jobs zu schützen.

Bisher wurde die in der Warenproduktion durch fortschreitende Automatisierung freigesetzte Arbeit meist im Dienstleistungssektor aufgenommen. Ob das künftig noch so geht, ist fraglich, weil der Einsatz von maschinellem Lernen (künstliche Intelligenz) nicht auf die produzierenden Sektoren der Wirtschaft beschränkt ist und auch die Dienstleistungsbranchen betrifft.

Diskussion für Robotersteuer verfehlt

Über eine Robotersteuer zu diskutieren, hielte das IHS derzeit für verfehlt. Mit dieser Variante der alten Maschinensteuer würde man, vor allem auch im internationalen Wettbewerb, den technischen Fortschritt behindern. Wegen der Alterung der Bevölkerung wird insgesamt der Wachstumsbeitrag des Arbeitsvolumens in Österreich in den kommenden Jahren tendenziell abnehmen, prognostizieren die Experten.

Schreckensszenarien seien jedenfalls nicht angebracht, meint man im IHS. Die meisten Arbeitsplätze, die neu entstünden, seien auch besser als jene, die verloren gegangen seien. Dafür wurde ein Beispiel genannt: Niemand käme auf die Idee, die Waschmaschine abzuschaffen, um Wäscherinnen ihren Job am Fluss wiederzugeben.

Solides Wachstum erwartet

Generell dürfte die Wirtschaft in Österreich in den Jahren bis 2023 weiter solide wachsen, die Arbeitslosigkeit aber auf aktuell hohem Niveau stagnieren, erwartet das IHS. Für das Budget geht das IHS von Überschüssen aus. Die Zinsen werden tendenziell noch niedriger sein als derzeit.

Grafik zur Konjunkturprognose
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/IHS

Von 2019 bis 2023 dürfte laut Mittelfristprognose des IHS die Wirtschaft im Schnitt jährlich um 1,6 Prozent zulegen. Das wäre zwar etwas weniger als in den vergangenen fünf Jahren (1,8 Prozent), aber doch mehr als im Euro-Raum (1,4 Prozent). Für die Weltwirtschaft geht das IHS von rund 3,4 Prozent Wachstum aus, für China von „nur“ mehr rund 5,8 Prozent. Dabei unterstellt das Institut, dass es zu keiner weiteren Eskalation der Handelskonflikte kommt.

In Österreich wird in den kommenden fünf Jahren der private Konsum das Wachstum absichern, Investitionen und Exporte dürften hingegen nachlassen. Mit rund 1,75 Prozent bleibt die Inflation auf dem von der EZB angestrebten Niveau von etwas unter zwei Prozent. Wermutstropfen ist, dass die Arbeitslosenquote nicht mehr spürbar zurückgeht. Nach nationaler Definition dürfte sie 2023 weiter 7,2 Prozent betragen, nach EU-Definition gut 4,5 Prozent.