Der ehemalige „Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter
APA/Robert Jaeger
„Idealer Partner“

Brandstätter tritt für NEOS an

Nach Spekulationen in den vergangenen Tagen ist es nun offiziell: Der frühere „Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter wird bei der kommenden Nationalratswahl für NEOS antreten. Brandstätter wird auf Platz zwei der Bundesliste kandidieren, wie er heute bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bekanntgab.

Über eine „Wildcard“, wie sie 2017 auch Irmgard Griss erhielt, soll Brandstätter kandidieren. Die Mitgliederversammlung muss am Samstag in Salzburg die Entscheidung bestätigen. Meinl-Reisinger wolle in ihrer Partei „Individualisten mit Ecken und Kanten“ und „Widerspruch erleben – auch in den eigenen Reihen“. Brandstätter sei „der ideale Partner“, sagte sie bei der Präsentation in Wien.

Der Ex-„Kurier“-Chef bat um Verständnis, dass „es doch ein bisschen gedauert hat, diese Entscheidung zu treffen“ – diese sei nicht leicht gefallen, da sie einen „grundsätzlichen Wechsel“ darstelle. „Schlüsselmoment“ für ihn war die Positionierung von NEOS in der im Februar von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) aufgebrachten Sicherungshaft für als gefährlich eingestufte Asylwerber. Damals habe die „ÖVP abgenickt, die SPÖ diskutiert (…) und von NEOS habe ich in der Sekunde ganz klar gehört: Das widerspricht dem Rechtsstaat.“

Themenbereiche noch nicht fix

Er werde kein Parteimitglied sein, so Brandstätter. Gefragt, für welche Bereiche er zuständig sein wird, sagte Meinl-Reisinger, dass Brandstätter Expertise mitbringe, und „Medienpolitik ist sicher eine davon“, er selbst sehe auch Wissenschaft und Forschung als mögliche Themen. Noch ist nicht klar, ob und welche Sprecherrolle er übernehmen werde, so die NEOS-Chefin. Er wolle jedenfalls, „wenn ich gesund bin“, die vollen fünf Jahre im Parlament bleiben.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und der ehemalige „Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter
APA/Robert Jaeger
Brandstätter gab am Donnerstagvormittag seine Kandidatur bekannt

Angesprochen auf mögliche Koalitionsvarianten nach der Wahl im September wiederholte Brandstätter die NEOS-Position, dass eine Koalition mit der FPÖ „ausgeschlossen“ wird, „alles andere“ sei damit „sicher nicht“ ausgeschlossen. Für Meinl-Reisinger stellt sich die Frage einer etwaigen Koalition mit der ÖVP von Sebastian Kurz noch nicht, jetzt sei „nicht die Zeit, um über Koalitionen zu reden“.

Am Dienstag Abschied vom „Kurier“ angekündigt

Der 64-Jährige war zuletzt acht Jahre lang Chefredakteur des „Kurier“. Im vergangenen Herbst löste ihn Martina Salomon als Chefredakteurin ab, Brandstätter blieb Herausgeber. Dass er aus dieser Funktion ausscheidet, ist seit Dienstag bekannt.

Seine journalistische Karriere startete – nach einem Studium der Rechtswissenschaften und dem Besuch der Johns-Hopkins-Universität in Bologna – 1982 in der Auslandsredaktion des ORF-Fernsehens. Zwischen 1984 und 1991 berichtete er als Korrespondent aus Bonn und Brüssel. Größte Bekanntheit erzielte er bei der tödlich verlaufenen Entführung vor Gladbeck, bei der ihm wie anderen Medienvertretern vorgeworfen wurde, zu nah an den Entführern dran gewesen zu sein und diesen so unnötige mediale Präsenz gegeben zu haben. 1991 übernahm Brandstätter im ORF die Leitung der Hauptabteilung Dokumentation.

Helmut Brandstätter kandidiert für NEOS

NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger präsentierte auf Listenplatz zwei Ex-„Kurier“-Herausgeber Helmut Brandstätter.

1997 verließ der Journalist den ORF, um in Berlin die Geschäftsführung des Nachrichtensenders n-tv zu übernehmen. Bis zum Einstieg des Privatsenders RTL im Jahr 2003 war Brandstätter auch n-tv-Chefredakteur. Nach der Übernahme kehrte er nach Österreich zurück, dockte kurz beim damals neu gestarteten Privatsender Puls 4 an und machte sich 2005 als Kommunikations- und Medienberater selbstständig. 2006 bewarb sich Brandstätter um den Posten des ORF-Generaldirektors, damals fiel die Entscheidung aber auf Alexander Wrabetz.

Kritik an ÖVP-FPÖ-Regierung in aktuellem Buch

Erst diese Woche erschien sein Buch „Kurz & Kickl – Ihr Spiel mit Macht und Angst“, in dem er sich kritisch mit der gescheiterten ÖVP-FPÖ-Regierung auseinandersetzt. Brandstätter warnt darin vor einem schleichenden Umbau Österreichs in einen autoritären Staat nach ungarischem Vorbild, sollte eine ÖVP-FPÖ-Regierung im Herbst eine Neuauflage feiern. Auch während der Pressekonferenz am Donnerstag verwies Brandstätter des Öfteren auf sein Buch.

Brandstätter stammt aus einem bürgerlichen Umfeld: Sein Vater war über ein Vierteljahrhundert Generalsekretär der Landwirtschaftskammern, Brandstätter selbst war als Vertreter der ÖVP-nahen Studentenunion zwei Jahre lang Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Seine eigenen Überzeugungen hätten sich seither nicht geändert, hatte Brandstätter zuletzt gesagt: „Ich fühle mich als Bürgerlicher mit christlich-sozialem Hintergrund.“ Die Auseinandersetzung mit der ÖVP kann er nun im Wahlkampf weiterführen.