A bird sits on a straw bale on a field in Frankfurt, Germany, as the sun rises on Thursday, July 25, 2019. A heatwave struck large parts of Europe. (AP Photo/Michael Probst)
Michael Probst
Temperaturrekorde fallen

Hitzewelle hat Europa fest im Griff

Die zweite Hitzewelle im Juli hat Europa derzeit fest im Griff: In den Niederlanden, Belgien und Deutschland wurden Temperaturrekorde von Mittwoch schon wieder übertroffen. Auch in Frankreich und Großbritannien wappnet sich die Bevölkerung für Temperaturen um die 40 Grad. In Österreich dürfte das Thermometer am Donnerstag auf bis zu 37 Grad klettern.

In mehreren Regionen Frankreichs wurde bereits Alarmstufe Rot ausgerufen – 42, 43 Grad dürften im Laufe des Tages erreicht werden. In der Hauptstadt Paris fiel der Höchstwert von 40,4 Grad aus dem Jahr 1947 – 42,4 Grad wurden am Donnerstagnachmittag gemessen. Grund dafür ist heiße, trockene Luft aus Nordafrika, die sich zwischen kühleren, stürmischen Gebieten staut.

Im ganzen Land herrscht im Falle einer Hitzewelle auch deshalb besondere Alarmbereitschaft, weil 2003 rund 15.000 Menschen an den Folgen der extremen Hitze starben. Heuer gab es bis dato fünf Hitzetote. Behörden warnten Menschen deshalb davor zu verreisen und forderten sie auf, bei Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten. „Trinken Sie etwas, kühlen Sie sich ab“, hieß es im Radio und im Fernsehen. Kinderkrippen wurden geschlossen. In Paris warnte der Chefarchitekt der Kathedrale Notre-Dame, dass das Dach der Kathedrale wegen der großen Trockenheit einstürzen könnte.

Frau erfrischt sich bei einer Regendusche in Paris
APA/AFP/Dominique Faget
Paris ist wieder einer der Hitzepole in Europa

London und Paris verteilen Wasserflaschen

Wie in Paris teilen Behörden und freiwillige Helferinnen und Helfer in London Wasserflaschen und Sonnencreme an obdachlose Menschen aus. Tageszentren wurden eröffnet, um Obdachlosen einen Ort zum Ausruhen und Duschen zu geben. In der britischen Hauptstadt wurde am Nachmittag mit 36,9 Grad ein neuer Spitzenwert für einen Juli verzeichnet. In Großbritannien wurde der Zugsverkehr wegen der extremen Hitze eingeschränkt – Züge fahren seltener und langsamer. So soll verhindert werden, dass sich Gleise verbiegen.

Auch in den Niederlanden, Belgien und Deutschland wurden die neuen Höchstwerte vom Vortag am Donnerstag bereits überschritten. In den Niederlanden wurden erstmals in 75 Jahren mehr als 40 Grad registriert. Der neue Höchstwert wurde in Gilze-Rijen in der südöstlichen Provinz Noord-Brabant erreicht, wo das Thermometer auf 40,4 Grad kletterte.

In Deutschland wurde der Temperaturhöchstwert von 40,5 Grad in Geilenkirchen vom Mittwoch überschritten – über ein Grad heißer war es am Donnerstagnachmittag im niedersächsischen Lingen mit 41,6 Grad. In Belgien wurde mit 40,6 Grad Celsius der am Mittwoch aufgestellte Rekord gleich gebrochen.

Überfüllter Badesteg in der norwegischen Hauptstadt Oslo
APA/AFP/Erik Johansen
Auch im norwegischen Oslo versuchen sich zahlreiche Menschen abzukühlen

Salz soll Asphalt kühlen

Den Menschen in Belgien wurde dazu geraten, möglichst viel zu trinken, sich ruhig zu verhalten und in kühlen Räumen aufzuhalten. Zudem solle man sich um Mitbürgerinnen und -bürger kümmern und Anweisungen der zuständigen Behörden folgen. Ungewöhnliche Maßnahmen ergriff man in den Niederlanden – dort wurden in einigen Kommunen Streuwagen auf die Straßen geschickt. Das Salz entzieht der Luft Feuchtigkeit, und diese kühlt den Asphalt. Auf diese Weise sollen Schäden und das Kleben der Straßenoberfläche verhindert werden.

In Österreich hält die extreme Hitze zumindest bis Freitag an. Schon jetzt steht fest, dass es hierzulande einer der heißesten Sommer der 253-jährigen Messgeschichte ist. Ein Platz unter den fünf heißesten Sommern sei „ziemlich sicher“, sagte Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Es könne auch der heißeste werden. „Ist der August 2019 um 1,8 Grad über dem Mittel, dann liegt der Sommer 2019 gemeinsam mit dem Sommer 2003 an der Spitze“, erläuterte der Klimatologe.

Kinder springen in Hall in Tirol vom 3-Meter-Sprungbrett ins Schwimmbecken
Reuters/Dominic Ebenbichler
In Österreich wird 2019 wohl einer der heißesten Sommer der Messgeschichte

Häufigkeit der Hitzewellen „nicht mehr normal“

Die Hitze beunruhigt auch Fachleute. „Wenn wir weitermachen wie bisher, dann können sich diese Hitzeperioden bis zum Ende des Jahrhunderts auch um den Faktor vier verlängern, es also durchaus zwei, drei Monate um die 25, 30 Grad geben. Das wären bis zu 60 Tage mehr als heute“, sagte die Direktorin des Climate Service Center Germany in Hamburg, Daniela Jacob. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif sagte gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“, die Häufigkeit der Hitzewellen sei „nicht mehr normal“ – und letztlich eine Folge der Klimakrise.

Ob und wie Extremwetterereignisse in Zusammenhang mit der Klimakrise stehen, ist derzeit Gegenstand vieler Untersuchungen. Dass Extremereignisse wie Hitze und großräumige Starkniederschläge zunehmen, davon ist der UNO-Weltklimarat (IPCC) aber überzeugt.

Aktuell können einzelne Ereignisse dem deutschen Klimaexperten Tobias Fuchs zufolge zwar noch nicht direkt dem Klimawandel zugeordnet werden, doch mit einer neuen Wissenschaftsmethode, der Attributionsmethode, dürfte sich das ändern. Damit sei zum Beispiel im vergangenen Jahr die Hitzewelle in Europa analysiert worden – für Mitteleuropa mit dem Ergebnis, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Hitzewelle durch die Klimakrise etwa verdoppelt habe.