In den Niederlanden wurden am Nachmittag erstmals mehr als 40 Grad Hitze registriert. Das Königliche Meteorologische Institut (KNMI) teilte über Twitter mit, dass der Rekord von 40,7 Grad in Gilze-Rijen in der südöstlichen Provinz Noord-Brabant erreicht wurde.
Dabei herrschte zunächst Verwirrung: Denn kurz zuvor wurde vermeldet, dass der Rekord vom Vortag im Osten des Landes geknackt worden sei. 41,7 Grad wurden gemessen, hieß es. KNMI überprüfte und revidierte das aber. Schon am Mittwoch war in der Stadt Eindhoven mit 39,3 Grad nach 75 Jahren erstmals ein neuer Rekord aufgestellt worden. Wegen der anhaltenden Hitze verhängten die Behörden einen Smogalarm in mehreren Provinzen – anderswo wurde versucht, den Asphalt mit Salz zu kühlen.
42,6 Grad in Deutschland
Auch in Deutschland jagt ein Rekord den anderen. Am Mittwoch wurde mit 40,5 Grad ein neuer Höchstwert in Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen gemessen. Am Donnerstag wurde dann dreimal hintereinander ein neuer Hitzerekord ausgerufen: Auf 42,6 Grad kletterte das Thermometer im niedersächsischen Lingen.
Aufgrund der extremen Hitze und folglich der hohen Wassertemperatur musste unterdessen auch das Atomkraftwerk Grohnde vom Netz genommen werden. Bis Freitag soll sich das Hitzehoch „Yvonne“ von der südwestlichen in die nördliche Ostsee verlagern, die Temperaturen sollen leicht zurückgehen.
Überschlagen hatten sich die Rekorde innerhalb eines Tages auch in Belgien: 40,7 Grad in Beitem in Westflandern seien dem Königlichen Meteorologischen Institut zufolge der neue Höchstwert. Wenige Stunden zuvor hatte das Meteorologieinstitut verkündet, dass am Mittwoch nahe der Stadt Lüttich erstmals die 40-Grad-Marke erreicht wurde. In Luxemburg wurden noch nie höhere Temperaturen als am Donnerstag gemessen. Davor lag der Höchstwert bei 37,9 Grad, nun sind es 39,0 Grad.
Auch Paris und London schwitzen
In Paris schwitzten die Menschen am Donnerstagnachmittag indes bei 42,6 Grad Celsius – so heiß war es in der französischen Hauptstadt noch nie. Der bisherige Pariser Rekord von 40,4 Grad liegt mehr als 70 Jahre zurück. In mehreren Regionen Frankreichs wurde zuvor bereits Alarmstufe Rot ausgerufen. Im ganzen Land herrscht im Falle einer Hitzewelle auch deshalb besondere Alarmbereitschaft, weil 2003 rund 15.000 Menschen an den Folgen der extremen Hitze starben.
Ein Hitzerekord wurde außerdem in der britischen Hauptstadt London aufgestellt: An einer Messstation beim Flughafen in Heathrow wurden 36,9 Grad ermittelt, teilte der meteorologische Dienst des Vereinigten Königreichs mit. Der bisherige Juli-Rekord lag bei 36,7 Grad. Der britische Allzeitrekord liegt bei 38,5 Grad.
In den beiden Metropolen teilten Behörden und freiwillige Helferinnen und Helfer Wasserflaschen und Sonnencreme an obdachlose Menschen aus. Tageszentren wurden eröffnet, um Obdachlosen einen Ort zum Ausruhen und Duschen zu geben. Auch der Bahnverkehr wurde in Frankreich, wie auch in Großbritannien eingeschränkt. Kühler war es indes in vielen südeuropäischen Urlaubsorten – darunter Athen, Ibiza und Lissabon.
Sommer 2019 einer der heißesten in Österreich
In Österreich hält die extreme Hitze zumindest bis Freitag an. Schon jetzt steht fest, dass es hierzulande einer der heißesten Sommer der 253-jährigen Messgeschichte ist. Ein Platz unter den fünf heißesten Sommern sei „ziemlich sicher“, sagte Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Es könne auch der heißeste werden. „Ist der August 2019 um 1,8 Grad über dem Mittel, dann liegt der Sommer 2019 gemeinsam mit dem Sommer 2003 an der Spitze“, erläuterte der Klimatologe.
Häufigkeit der Hitzewellen „nicht mehr normal“
Die Hitze beunruhigt auch Fachleute. „Wenn wir weitermachen wie bisher, dann können sich diese Hitzeperioden bis zum Ende des Jahrhunderts auch um den Faktor vier verlängern, kann es also durchaus zwei, drei Monate um die 25, 30 Grad geben. Das wären bis zu 60 Tage mehr als heute“, sagte die Direktorin des Climate Service Center Germany in Hamburg, Daniela Jacob. Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif sagte gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“, die Häufigkeit der Hitzewellen sei „nicht mehr normal“ – und letztlich eine Folge der Klimakrise.
Ob und wie Extremwetterereignisse in Zusammenhang mit der Klimakrise stehen, ist derzeit Gegenstand vieler Untersuchungen. Dass Extremereignisse wie Hitze und großräumige Starkniederschläge zunehmen, davon ist der UNO-Weltklimarat (IPCC) aber überzeugt.
Aktuell können einzelne Ereignisse dem deutschen Klimaexperten Tobias Fuchs zufolge zwar noch nicht direkt dem Klimawandel zugeordnet werden, doch mit einer neuen Wissenschaftsmethode, der Attributionsmethode, dürfte sich das ändern. Damit sei zum Beispiel im vergangenen Jahr die Hitzewelle in Europa analysiert worden – für Mitteleuropa mit dem Ergebnis, dass sich die Wahrscheinlichkeit einer Hitzewelle durch die Klimakrise etwa verdoppelt habe.