Baustelle bei Saint-Martin-la-Porte
APA/AFP/Marco Bertorello
Umstrittene Trasse

Widerstand gegen Superschnellzug in Italien

Vor wenigen Monaten hat deshalb die Regierungskoalition in Italien vor dem Aus gestanden: die Trasse für einen Superschnellzug zwischen Turin und Lyon (TAV). Jetzt hat die italienische Regierung der EU-Kommission zugesagt, das kostspielige Infrastrukturprojekt doch zu finanzieren. Im betroffenen Susatal formierte sich daraufhin heftiger Widerstand.

Die beiden in Italien an der Regierung beteiligten Parteien, die rechtspopulistische Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung, streiten seit Langem, ob die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Jahren endlich fertiggebaut werden soll oder nicht. Während die Lega für das Milliardenprojekt ist, ist die populistische Fünf-Sterne-Bewegung dagegen.

Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte selbst hatte noch im März Zweifel an dem milliardenteuren Bahnprojekt geäußert. Damals wurde eine Entscheidung um sechs Monate verschoben, um eine Regierungskrise abzuwenden. Am vergangenen Dienstag kam dann die Kehrtwende von Conte: In einem Facebook-Video sprach er sich für die TAV aus. Es sei teurer, die Hochgeschwindigkeitsstrecke nicht zu bauen, als sie fertigzustellen, so der Premier. Die EU habe mehr Geld für die Förderung zugesagt.

Zusage an EU-Kommission

Die EU-Kommission hatte zuletzt mehrfach die Wichtigkeit des Projekts für Europa betont und davor gewarnt, dass bei weiteren Verzögerungen das Risiko steige, dass EU-Gelder zurückgezogen würden. Am Freitagabend habe schließlich das von der Fünf-Sterne-Bewegung geführte Transportministerium einen Brief an die Exekutivagentur für Innovation und Netze in Brüssel geschickt mit der Zusage, sich weiterhin an der Fertigstellung der Bahnstrecke zu beteiligen, berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur ANSA am Samstag.

Grafik der geplante Bahnstrecke zwischen Turin und Lyon
Grafik: OSM/ORF.at; Quelle: ORF.at/TELT

Gewalttätigkeiten bei Demo

Im piemontesischen Susatal, durch das die Bahntrasse verläuft, gingen daraufhin am Samstag Tausende Menschen gegen das Projekt auf die Straße. Ein Großteil der Anwohner wehrt sich gegen das Milliardenprojekt. „Völker, die rebellieren, schreiben Geschichte“, war auf dem Plakat der Demonstranten zu lesen. Laut einem Bericht der Tageszeitung „La Repubblica“ bewarfen vermummte Demonstranten Polizisten mit Steinen und versuchten, ein Gitter zu öffnen und in die Baustelle der Bahnlinie einzudringen. Die Polizei reagierte mit Tränengas. 40 Demonstranten wurden angezeigt.

Demonstration gegen Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal
AP/Luca Bruno
Die „No TAV“-Bewegung demonstriert seit Jahren gegen die Bahntrasse

Die „No TAV“-Bewegung hatte öfters in den vergangenen Jahren auch gewaltsam gegen die Bahntrasse protestiert. Die Kritiker ziehen den Nutzen der Bahntrasse in Zweifel. Mit ihren Demonstrationen weisen sie aber auch auf die von den Bauarbeiten verursachten schweren Eingriffe zulasten der Natur hin. Befürworter des TAV-Projekts wiederum klagen, dass nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Landes auf dem Spiel stehe.

58-Kilometer-Basistunnel als Kernstück

Die geplante insgesamt 270 Kilometer lange Bahntrasse – mit einem 58 Kilometer langen Basistunnel durch die Alpen zwischen Susa und St. Jean de Maurienne als Kernstück – ist seit Jahren avisiert und wird bereits von der EU gefördert. Auf einem Teil der Strecke wurde auch schon mit den Bauarbeiten begonnen.

Die Kosten für den Bau des grenzüberschreitenden Abschnitts belaufen sich auf etwa 8,5 Milliarden Euro, die von den beiden betroffenen Ländern und der EU aufgebracht werden sollen. Die Gesamtinvestitionen für die neue Strecke betragen geschätzte 26 Milliarden Euro, die zu 40 Prozent aus EU-Mitteln finanziert werden. Die Strecke soll sowohl die Zugsfahrten zwischen Städten in Europa wie Mailand, Venedig, Barcelona, Lissabon und Paris beschleunigen, als auch den Güterverkehr auf die Schienen bringen.