Einsatzkräfte in Ebbs in Tirol
APA/ZOOM.TIROL
Hagel und Hochwasser

Unwetter zerstören 12.000 Hektar Land

Schwere Unwetter haben am Samstag in Österreich eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Zahlreiche Keller und Unterführungen mussten ausgepumpt werden. Vor allem im Süden des Landes entstand für die Landwirtschaft laut Hagelversicherung ein Schaden von rund drei Millionen Euro. Rund 12.000 Hektar Land wurden laut Angaben zerstört. Weitere Gewitter sind nicht auszuschließen.

Tennisballgroße Hagelkörner fielen in der Steiermark, in Kärnten und im Burgenland auf Getreide- und Gemüsefelder herab. Auch zahlreiche Weingärten waren betroffen. Glas- und Folienhäuser wurden beschädigt. Durch orkanartige Windböen kam es zu schweren Schäden an Hausdächern, die etwa auch von entwurzelten Bäumen getroffen wurden. Die Dächer mussten gesichert werden.

Alleine in der Steiermark waren mehr als 1.000 Feuerwehrleute im Einsatz, wie Feuerwehrsprecher Christian Karner mitteilte. Besonders betroffen gewesen sei der Großraum Gnas (Bezirk Südoststeiermark), wo auch in der Nacht noch neun Feuerwehren mit Sicherungsarbeiten beschäftigt waren. Außerdem traf das Unwetter in der Steiermark die Bereiche Leibnitz, Feldbach, Graz-Umgebung und Mürzzuschlag. Erhöhte Einsatztätigkeit verzeichnete man in Voitsberg, Radkersburg, Bruck/Mur, Deutschlandsberg, Judenburg, Knittelfeld und Liezen.

Feuerwehren im Dauereinsatz

Die Einsatzkräfte waren in vielerlei Hinsicht gefordert, wie vom steirischen Landesfeuerwehrverband mitgeteilt wurde: Dazu zählten das Freimachen von Verkehrswegen durch umgestürzte Bäume, das Auspumpen von Kellern sowie das provisorische Abdecken von beschädigten Dächern. Auch Stromleitungen waren durch umgestürzte Bäume beschädigt. Geknickte Bäume führten dazu, dass das Passieren von Straßen, Gehwegen und Gleisanlagen unmöglich war.

Unwetterschäden in Millionenhöhe

Schwere Unwetter haben am Samstag in Österreich eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Zahlreiche Keller und Unterführungen mussten ausgepumpt werden.

Zusätzlich sorgten starke Niederschläge und Hagelschlag in einigen Gebieten für überflutete Straßen und Objekte, für kleinere Rutschungen und für Verschlammungen und Unterspülungen. Wahrscheinlich setzten Blitzschläge ein Wirtschaftsgebäude in Gnas in Brand. Im obersteirischen Palfau wurden sechs Bergretter durch einen Blitzschlag nach der Bergung eines verunglückten Kletterers verletzt.

Neben den Hagelschauern gab es vor allem zwischen Feldbach und Leibnitz sehr große Regenmengen, die vom Niederschlagsmesssystem punktuell gar nicht mehr gemessen werden konnten, wie aus dem Büro von Katastrophenschutzreferent und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) mitgeteilt wurde. Wegen der heftigen Hagelunwetter und Regenmassen im Großraum Wildon südlich von Graz wurde der Verbund angewiesen, eine Wehranlage zu öffnen, die sich in der Nähe des Kraftwerksparks befindet, um Wasser abzulassen und dadurch Überflutungen zu vermeiden.

Unterführungen und Keller voller Wasser

In Kleinlobming im Bezirk Murtal wurde durch das Unwetter am Abend eine Mure ausgelöst. Der Lobmingbach trat über die Ufer, Dutzende Kubikmeter an Schlamm- und Geröllmassen setzten sich dabei in Bewegung und trafen schlussendlich auf den Keller eines Einfamilienhauses, wie ein Feuerwehrmann schilderte. Ein Bagger musste angefordert werden, um der tonnenschweren Geröllmassen Herr zu werden. In Wartberg im Mürztal gingen zehn Wehren mit rund 200 Einsatzkräften von einer Übung auf dem Sportplatz direkt in den Einsatz. Straßenunterführungen waren überflutet, Kellerräume mit Wasser voll, auch eine Mure ging ab.

Eine Überflutung der Aschauerr Landesstraße bei Kirchberg
APA/ZOOM.TIROL
Schlamm und Geröll versperrten eine Straße in Tirol

Steirische Bergretter und Alpinpolizei retteten einen 39-jährigen Wiener aus Bergnot in der Dachstein-Südwand. Der Kletterer hatte sich schon in der Früh in den Klettersteig „Der Johann“ begeben. Wegen Regens und Nebel stieg er wieder zu Tal, verirrte sich aber. Völlig durchnässt setzte er in der Nacht einen Notruf ab. Die Einsatzkräfte brachten ihn in Sicherheit – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Großeinsatz auch im Burgenland, Vorarlberg und Tirol

Im Burgenland kam es bereits Samstagnachmittag zu lokalen Unwettern und Starkregenfällen. Diese führten teilweise zu Stromausfällen. In Pinkafeld im Südburgenalnd sorgte ein Hagelunwetter für einen Großeinsatz der Feuerwehr. Sieben Einsatzfahrzeuge und 43 Feuerwehrleute waren beteiligt. Es wurde auch eine mobile Einsatzleitung eingerichtet, um die große Anzahl an Einsätzen abzuarbeiten – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Auch in Vorarlberg gab es mehrere Überschwemmungen. Die Feuerwehren mussten vor allem in den Bezirken Dornbirn, Feldkirch und Bludenz wegen überfluteter Keller und Unterführungen ausrücken. Im Großen Walsertal ging eine Mure ab, vier Pkws wurden teilweise bis zum Dach verschüttet – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Ein Murenabgang im Bezirk Mürzzuschlag
APA/Berufsfeuerwehr Mürzzuschlag/Pusterhofer
Einsatzkräfte haben allerhand zu tun, Erdreich zu beseitigen

Im Tiroler Unterland sorgte das Unwetter für mehrere Probleme. In Kirchberg riss eine Gerölllawine ein Brückengeländer mit und blieb bis zu einem Meter hoch auf der Straße liegen. Die Wildbichler Straße musste bei Ebbs nach einem Gewittersturm mit Hagel wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Am Samstagnachmittag wurden die Wasserrettungen der Region Ossiacher See in Kärnten zeitgleich zu sieben Einsätzen gerufen. Durch das Gewitter und den starken Sturm waren gleich mehrere Menschen in Seenot geraten. Auch Taucheinsätze und Suchaktionen wurden notwendig. Über Bord gegangene Personen bzw. Schwimmerinnen und Schwimmer konnten von den Einsatzkräften gerettet werden – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Mehrere Menschen von Blitzen getroffen

Gleich mehrere Menschen sind am Samstag von Blitzen getroffen worden. In Kärnten wurde ein 53-jähriger Landwirt bei einem Gewitter im Bezirk Wolfsberg verletzt. Der Mann wurde durch die freigesetzte Energie fünf Meter zurückgeschleudert. Er verlor das Bewusstsein. Rettungskräfte brachten ihn ins Spital – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Hagelschaden an Ölkürbis, Wildon, Steiermark
ÖHV
Viele Felder wurden durch den Hagel zerstört

Und auch in Oberösterreich wurde eine 29-jährige Frau aus Bosnien vom Blitz getroffen. Sie war auf dem Traunstein unterwegs und musste in der Nacht von der Bergrettung geborgen werden. Die Frau hatte sich beim Abstieg während eines Gewitters an einem Stahlseil festgehalten, als ein Blitz in dieses einschlug. Sie wurde zu Boden geschleudert und erlitt eine Panikattacke, wie die Bergrettung mitteilte – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Tote durch Überflutungen in Italien

Für eine 45-jährige Norwegerin allerdings kam in Südtirol jede Hilfe zu spät. Sie wurde während eines Extremberglaufs in den Südtiroler Alpen nahe Bozen vom Blitz getroffen und tödlich verletzt. Die Sportlerin wurde Samstagabend aus rund 2.100 Höhe verletzt geborgen, erlag aber später in einem Krankenhaus ihren schweren Verletzungen, wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA unter Berufung auf die Rettungskräfte berichtete. Die Norwegerin war Teilnehmerin beim Südtirol Ultra Skyrace, ein Rennen über 121 Kilometer und 7.554 Höhenmeter.

In der toskanischen Stadt Arezzo wurde ein 72-Jähriger tot in einem Kanal gefunden. Die Leiche wurde unweit des Autos des Pensionisten entdeckt, das von einem Bach weggerissen worden war, während es in der Gegend zu schweren Niederschlägen kam. In der Gemeinde Fiumicino nahe dem internationalen Flughafen Leonardo da Vinci kam unterdessen eine 27-jährige Frau ums Leben, nachdem ihr Auto wegen einer Windböe umkippte und ebenfalls in einen Kanal stürzte. Der Flughafen musste einige Stunden lang den Betrieb einstellen.

Der Sturm verursachte erhebliche Schäden in Fiumicino. „Es ist wie nach einem Krieg“, kommentierte Bürgermeister Esterino Montino. Schäden und Hochwasser wurden auch in Rom gemeldet. Wegen der Überschwemmung eines Gebäudes musste die Feuerwehr einige Wohnungen räumen lassen. Wasser drang in die U-Bahn-Stationen Repubblica und Cipro ein, die vorübergehend geschlossen wurden.

Zugsunfall in der Slowakei

In der Slowakei fuhr am Sonntag mach zweitägigen schweren Unwettern ein Schnellzug auf einen umgestürzten Baum auf. Wie die Feuerwehr mitteilte, wurde nur ein Passagier leicht verletzt. Die Zugsstrecke musste aber gesperrt werden, für die Reisenden wurden Bustransporte organisiert. Der Unfall ereignete sich nahe der Gemeinde Hronska Dubrava auf der zweitwichtigsten Bahnverbindung aus dem Landesinneren in die Hauptstadt Bratislava.

Im Norden der Slowakei musste die Feuerwehr mit einem Schlauchboot ausrücken, um drei vom Hochwasser eingeschlossene Fischer zu retten. Sie hatten sich auf einer Schotterinsel im Fluss Kysuca aufgehalten und konnten am Abend nicht alleine ans Ufer zurück, weil die Wasserströmung zu stark geworden war. Auch in anderen Landesteilen der Slowakei sowie in den Nachbarländern Polen und Tschechien rissen Sturmwinde am Wochenende zahlreiche Bäume um, starke Regenfälle überfluteten zahlreiche Keller und Straßen. Verletzte wurden dabei aber nicht gemeldet.

Zwei Männer in Höhle eingeschlossenen

In Deutschland wurden nach einem starken Wasseranstieg zwei Männer in einer Höhle in Baden-Württemberg eingeschlossen. Ein Höhlenführer und ein Tourist seien während eines Unwetters von plötzlich ansteigendem Wasser in der Falkensteiner Höhle bei Grabenstetten überrascht worden, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP. Ihnen sei „der Rückweg abgeschnitten“. Feuerwehr und Polizei waren mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle. Zu den beiden Männern bestehe Kontakt, es gehe ihnen „den Umständen entsprechend gut“, sagte der Sprecher. Beide seien unverletzt, es bestehe keine Lebensgefahr. Sie würden bis zur Rettung am Montag mit Lebensmitteln, Getränken und wärmender Kleidung wie Neoprenanzügen versorgt.

Klimaforscher besorgt

Unterdessen wird erwartet, dass die europaweite Hitzewelle in den nächsten Tagen weiter nach Norden zieht. Expertinnen und Experten aus Meteorologie und Klimaforschung beobachten mit Sorge die Bewegung der Hitzewelle in Richtung Arktis. Die hohen Temperaturen könnten die Eisschmelze im Nordpolarmeer und in Grönland beschleunigen, warnte das Forschungsteam des Dänischen Wetterinstituts (DMI) am Samstag. Ruth Mottram, Klimaforscherin am DMI, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Schmelzsaison habe in diesem Sommer ohnehin vorzeitig begonnen. Die „beständig warmen Bedingungen haben zu einer sehr hohen Eisschmelze geführt“, so Mottram.

Zwischen 1. und 26. Juli dieses Jahres sind nach DMI-Berechnungen durch die Eisschmelze bereits 170 Gigatonnen Wasser entstanden. Der Durchschnitt für diesen Zeitraum beträgt 60 bis 80 Gigatonnen. 100 Gigatonnen Wasser lassen den globalen Meeresspiegel 0,28 Millimeter steigen. „Das ist sehr viel höher als normalerweise“, sagte Mottram. Die Schmelzrate könne jedoch von Jahr zu Jahr stark variieren, bekräftigte sie.