Hauptgebäude des BER mit Gras im Vordergrund
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TÜV-Tests in Berlin

Tage der Entscheidung für Pleiteflughafen

Beim ersten Spatenstich am 5. September 2006 sind sich die Verantwortlichen sicher gewesen, dass fünf Jahre später Flugzeuge vom deutschen Hauptstadtflughafen BER abheben würden. Was folgte, waren Missmanagement und Planungsfehler, Technikprobleme und sechs geplatzte Eröffnungstermine. Nun steht erstmals ein wichtiger Praxistest bevor.

Rund acht Jahre nach der geplanten Eröffnung des Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) soll es nun im Oktober 2020 tatsächlich so weit sein. Ob das gelingen kann, wird sich in den nächsten Wochen weisen: Die Wirkprinzipprüfung (WPP) aller sicherheitsrelevanten Systeme im Hauptterminal hat am Montag begonnen. Die Prüfung ist eine Voraussetzung für die Abnahme des BER durch die Baubehörde.

„Der Beginn der übergeordneten Wirkprinzipprüfungen noch im Juli bestätigt unseren Terminplan bis zur Eröffnung des BER im Oktober 2020“, hatte Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup bei der Ankündigung der Prüfungen mitgeteilt. Für die WPP ist der Technische Überwachungsverein (TÜV) Rheinland zuständig, angesetzt dafür sind 40 Arbeitstage beziehungsweise zwei Monate.

Check-in-Schalter am BER
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Statt Fluggästen finden sich bis heute nur Teilnehmer und Teilnehmerinnen geführter Touren im Check-in-Bereich

Für Tegel kommt das Aus

Bisher fliegen Berlin-Passagiere von den bestehenden Flughäfen in Schönefeld und Tegel. Der Flughafen Tegel trägt die Hauptlast des Berliner Luftverkehrs. Der Innenstadtflughafen soll aber spätestens ein halbes Jahr nach dem Start des BER schließen, der alte Flughafen Schönefeld noch bis 2025 als Teil des BER in Betrieb bleiben. Um die wachsenden Passagierzahlen zu bewältigen, entsteht direkt am BER ein weiterer Terminal, für den diese Woche das Richtfest erfolgt.

Der Terminal 2 soll in Schönefeld Platz für weitere sechs Millionen Fluggäste im Jahr schaffen. Nach dem Misserfolg mit dem Hauptterminal ist die Flughafengesellschaft beim Terminal 2 nicht selbst Bauherr. Der 200 Millionen Euro teure Zusatzbau wird von einem Generalunternehmer schlüsselfertig erstellt.

Wichtige Tests für neuen Berliner Flughafen

Der neue Flughafen in der deutschen Hauptstadt Berlin sollte bereits vor sieben Jahren in Betrieb gehen, doch die Eröffnung musste aufgrund von Baumängeln und Planungsfehlern wiederholt verschoben werden.

Noch 11.000 Mängel

Bei den nun am BER angelaufenen Tests müssen nun die bis vor Kurzem noch störanfälligen Brandmelder, die lange als Hauptproblemquelle geltende Entrauchungsanlage oder auch das Elektroakustische Notfallwarnsystem nachweislich einwandfrei und auch im Zusammenspiel perfekt funktionieren, wie „Der Tagesspiegel“ berichtet.

Bisher hatte Flughafenchef Daldrup erklärt, die Baufertigstellungsanzeige bei den Behörden im Oktober 2019 einzureichen. Bis dahin müssen alle Mängel abgearbeitet sein – und von diesen wurden in einem TÜV-Bericht von März noch rund 11.000 aufgelistet, davon rund 9.000 bei Kabeln. Unter anderem wurden bei Kabelbefestigungen Dübel verwendet, die noch gar nicht zugelassen waren. Dübel waren schon einmal ein Problem auf der Baustelle: 2012 fiel auf, dass solche, die für Wandverkleidungen von Aufzügen verwendet wurden, nicht brandsicher waren.

Das hat neue Zweifel an der Haltbarkeit des Eröffnungstermins geschürt. Im Juni war ein Brief des deutschen Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) bekanntgeworden, in dem dieser auf schrumpfende Puffer im Zeitplan verwies.

Abgedeckte Möbel mit Flughafen BER
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Das Inventar auf dem Flughafen ist inzwischen schon in die Jahre gekommen

„Diese Entwicklung gibt mir Anlass zur Sorge“, hieß es in Scheuers Schreiben. Er fordert von Daldrup Klarheit über das weitere Vorgehen spätestens in einer Sondersitzung des Aufsichtsrates im August: „Falls Sie in einer solchen Sitzung nicht über einen erfolgreichen Verlauf der Wirkprinzipprüfung berichten können, müssen Sie dann ein schriftliches Gesamtkonzept für den Fall vorlegen, dass der Eröffnungstermin im Oktober 2020 nicht gehalten werden kann.“ Die Flughafengesellschaft wollte den Brief nicht kommentieren.

Imageschaden nicht mehr abzuschütteln

Schon im Vorjahr hatte Scheuer gesagt, er setze trotz des schweren Imageschadens auf die Fertigstellung des Flughafens. „Leider ist das Label BER inzwischen so beschädigt, dass es international nur noch für Belustigung sorgt“, zitierte ihn die „Bild“-Zeitung. Da helfe aber auch kein neuer Name, sondern nur „ein Eröffnungstermin, der eingehalten wird“.

Ob es diesmal glückt, wird sich bei den nun angelaufenen Prüfungen zeigen. Der TÜV, berichtete der „Tagesspiegel“, habe bereits vor Monaten intern gegenüber Management und Aufsichtsrat klargemacht, dass bei einem Auftauchen von Mängeln die Wirkprinzipprüfung abgebrochen werden müsse und eine neue Prüfung fällig würde – und zwar „eine Vollprüfung“. Damit wäre auch 13 Jahre nach Baubeginn kein Ende in Sicht.

Flughafen BER
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Verlaufen die TÜV-Testläufe anstandslos, könnte der siebente geplante Eröffnungstermin halten

Zahlreiche Zwischennutzungen

Leere herrschte aber auch bisher nicht auf dem Areal – der BER wurde vielfach zweckentfremdet, etwa als Austragungsort für Konzerte oder den jährlichen „Airport Night Run“. Um zehn Euro lässt sich die Bustour „Erlebnis BER“ buchen – Tausende Besucherinnen und Besucher jährlich lassen sich über die Baustelle führen. „Höhepunkt der Tour ist der Ausstieg im Terminal und die Besichtigung des Check-in-Bereiches“, wirbt die Flughafengesellschaft.

Als lukrativ erwies sich auch, das Areal als Parkplatz für noch nicht für den Handel zugelassene Neuwagen zu vermieten. Im Vorjahr überwies Volkswagen eine Million Euro an Parkgebühren für 8.000 Plätze. Ein stolzer Betrag, aber im Vergleich zu den 6,5 Milliarden Euro, die der Flughafen bis 2020 zu verschlingen droht, doch vernachlässigbar.