Ein Bauer betrachtet seine Maispflanzen
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Studie

Klimakrise fachte jüngste Hitzewelle an

Eine Studie eines internationalen Forscherteams bestätigt, was viele längst vermutet haben: Europas Hitzewelle im Juli ist eine Folge der Klimakrise. Die vier heißesten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen waren die vergangenen vier. Der Weltklimarat berät derzeit die Gefahren, die durch veränderte Klimabedingungen bevorstehen. Im Mittelpunkt steht dabei, wie die Erdbevölkerung künftig noch ernährt werden kann.

Bereits im heurigen Juni waren große Teile Europas von extremen Temperaturen betroffen, einen Monat später brachte schon die nächste Hitzewelle gerade erreichte Rekordmarken zu Fall. Zudem war das räumliche Ausmaß der Wellen außergewöhnlich groß, von Frankreich, über Skandinavien, den Beneluxländern bis nach Italien. Den Expertinnen und Experten des World Weather Attribution Project (WWA) ist nun laut ihrer neuen Untersuchung klar, dass die Klimakrise die Hitzewelle Ende Juli befeuerte.

Im WWA arbeiten mehrere wissenschaftliche Institute zusammen. Das Projekt beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Klima und Wetter. Der noch relativ neue Forschungsbereich berechnet etwa, wie viel wahrscheinlicher Extremwetterereignisse durch den Klimawandel werden und welchen Anteil menschengemachter Klimawandel an einem bestimmten Ereignis hat.

Dürre und Brände als Folge

Ohne die vom Menschen verursachte Erderwärmung wäre der Juli zwischen eineinhalb und drei Grad Celsius kühler gewesen, so das Forscherteam am Freitag. Die Gruppe nutzte für ihre Berechnungen jeweils die drei wärmsten aufeinanderfolgenden Tage in mehreren europäischen Ländern. An allen untersuchten Orten wären die Temperaturen bei unverändertem Klima „so gut wie sicher“ niedriger gewesen, hieß es. Auch haben die klimatischen Veränderungen das Auftreten der Juli-Hitzewelle deutlich wahrscheinlicher gemacht. Ohne die Luftverschmutzung seit Beginn der industriellen Revolution würden Hitzerekorde wie im vergangenen Monat nur alle 1.000 Jahre in Europa vorkommen.

Der Juli 2019 steht zudem nicht für sich allein: Weltweit seien die Jahre 2015 bis 2018 die vier wärmsten gewesen, der Juni 2019 stellte als der wärmste seit Messbeginn einen neuen Rekord auf. In Deutschland und Frankreich wurden im Juli mit je 42,6 Grad Celsius neue Hitzerekorde gemeldet, ebenso in Belgien mit 41,8 Grad und in den Niederlanden mit 40,4 Grad.

Bei einem Brunnen in Wien sucht ein junge Frau Abkühlung
APA/Georg Hochmuth
Auch in Wien gab es in diesem Sommer ungewöhnlich hohe Temperaturen

Die Tendenz zu einem immer wärmeren Klima hält auch in Österreich an. Zählt man heuer mit, dann liegen unter den zehn wärmsten Sommern der 253 Jahre zurückgehenden Aufzeichnungen sieben Sommer in den 2000er Jahren. Diese extremen Temperaturen sorgten in diesem Sommer in mehreren Ländern für Beeinträchtigungen im Bahnverkehr, für Dürre auf den Feldern und höheres Waldbrandrisiko.

Landwirtschaft als Opfer und Beschleuniger

Diese Auswirkungen werden sich laut WWA in Zukunft häufen. Dadurch erwachsen auch Herausforderungen für Landwirtschaft und Ernährung. Damit befasst sich derzeit der Weltklimarat (IPCC) in Genf. Am Freitag eröffnete der Rat die politische Debatte zum neuen Sonderbericht zu Klimawandel und Landnutzung, der am Donnerstag vorgestellt werden soll. In den sieben Kapiteln des Berichts geht es darum, wie die industriell betriebene Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln sowie die Landnutzung die Erderwärmung verstärken und gleichzeitig die Ernährung weltweit gefährden.

Zudem dürfte Thema sein, dass Hunger und Lebensmittelverschwendung einander gegenüberstehen. Schätzungen zufolge landen rund 30 Prozent aller Nahrungsmittel im Müll. Angesichts des erwarteten Anstiegs der Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen bis zur Mitte des Jahrhunderts wächst die Sorge, dass die derzeitigen Systeme schon bald an ihre Grenzen stoßen.

Klare Anweisungen an die Politik

An dem Bericht sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 30 Ländern beteiligt. „Ich hoffe, dass wir die Aufmerksamkeit der Menschen für die Gefahren und Herausforderungen erhöhen können, die der Klimawandel für das Land bereithält, auf dem wir leben und das uns ernährt“, so der Klimaratsvorsitzende Hoesung Lee. „Wir müssen die Nutzung unserer Landflächen an den Klimawandel anpassen, damit wir die Nahrungsmittelproduktion für die heutige und für zukünftige Generationen sicherstellen können“, sagte Inger Andersen, Geschäftsführerin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP).

Der neue Sonderbericht wird klare Handlungsanweisungen an die Politik enthalten. So werden sich darin Maßnahmen finden, um gleichzeitig gegen Klimakrise und Verschlechterung der Böden vorzugehen. Viele Naturschutzorganisationen und NGOs formulierten zu diesem Anlass konkrete Forderungen.

Fleisch als „Klimakiller“

„In der Sache dürfte das Ergebnis der Genfer IPCC-Konferenz in jedem Fall betonen, dass Dürren, Hitzewellen, Überschwemmungen oder die Versalzung von Böden infolge des Klimawandels für das Welternährungssystem eine erhebliche Bedrohung darstellen“, so Jan Kowalzig von der Hilfsorganisation Oxfam. In den Fokus werde wohl auch die Landwirtschaft rücken, die für einen großen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich zeichne. Offen sei aber, wie deutlich die Kritik an industrieller Landwirtschaft ausfallen werde.

Der WWF betonte am Freitag, dass vor allem hoher Fleischkonsum den Klimawandel weiter befeuern werde. „Fleisch zählt zu den größten Klimakillern, dennoch lehnt sich die Politik hier zurück und wälzt das Problem auf die Konsumentinnen und Konsumenten ab“, so Helene Glatter-Götz von WWF Österreich laut einer Mitteilung. Der WWF plädiert unter anderem für ein Ende von Dauerrabatten auf Fleischprodukte. Auch sollten Agrarsubventionen stärker eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft unterstützen.