Juncker: Briten sind bei „No Deal“ die Verlierer

Ein harter Brexit sein in niemandes Interesse, die großen Verlierer wären aber die Briten, sagt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker im „Tiroler Tageszeitung“-Interview. Der Brexit sei „eine Entscheidung des britischen Volkes gewesen, nach einer auf Fehlinformationen basierenden Volksbefragungskampagne“, betont Juncker in seinem Urlaubsquartier beim Stanglwirt in Going.

„Wir haben deutlich gemacht, dass wir zu Neuverhandlungen über den Ausstiegsvertrag nicht bereit sind, lediglich zu einigen Klarstellungen im Rahmen der politischen Erklärungen, die die zukünftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union regulieren“, so Juncker. Die EU jedenfalls sei „maximal vorbereitet“, auch auf einen „No Deal“-Brexit.

„Den Laden zusammengehalten“

Der größte Erfolg seiner Amtszeit sei gewesen, dass er „den Laden zusammengehalten habe“, so Juncker auf eine entsprechende Frage. So wäre es absolut falsch gewesen, Griechenland aus der Euro-Zone zu entlassen, „weil das hätte eine Euro-Zerpflückungsspirale losgelöst“. Zudem sei es schwierig gewesen die mittlerweile 71 Handelsverträge mit anderen Teilen der Welt „unter Dach und Fach zu bringen“. Nicht gelungen sei es, „den Rahmenvertrag mit der Schweiz zu verabschieden. Trotz größter Bemühungen haben wir es auch nicht geschafft, die zypriotische Frage zu klären“, bedauert er.

Kritik an „Orbans“

Handlungsbedarf sehe er auch bei der Versöhnung zwischen den ost- und westeuropäischen Staaten. Bisher sei diese „nicht immer an den alteingesessenen Mitgliedsstaaten gescheitert, sondern eher an den Orbans. Weil die überhaupt kein Verständnis für die Solidarität in Europa aufbringen. Auch wenn es um die Umverteilung von Flüchtlingen geht.“ Er sei enttäuscht vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, respektiere diesen aber, auch wenn er gegenteiliger politischer Meinung sei, betont Juncker.

Verständnis zeigt Juncker, der Ende Oktober aus dem Amt scheidet, für Maßnahmen Tirols im Transitverkehr, pocht aber auf Verhältnismäßigkeit.

An seine Nachfolgerin Ursula von der Leyen übergebe er jedenfalls ein Haus, das nicht einsturzgefährdet sei, „aber es reicht oft nicht, nur das Dach zu reparieren. Manchmal muss man es von Grund auf ausbessern.“