Little St. James Island
Reuters/Marco Bello
Luxuriöses Eigenheim

FBI ermittelt nun auf Epsteins Privatinsel

Wenige Tage nach dem vermutlichen Suizid des wegen Sexualverbrechen angeklagten US-Multimillionärs Jeffrey Epstein hat die US-Bundespolizei (FBI) laut Medienberichten auf dessen Privatinsel in der Karibik nach Beweisen gesucht. Der Sender NBC berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, Polizisten hätten das luxuriöse Eigenheim Epsteins auf der Jungferninsel Little St. James durchsucht. Die Justiz zog unterdessen erste Konsequenzen.

Die britische Boulevardzeitung „Daily Mail“ veröffentlichte Foto- und Videoaufnahmen, auf denen FBI-Beamte auf der 1990 von Epstein gekauften Insel zu sehen waren. Das FBI bestätigte die Aktion zunächst nicht. Das FBI ermittelt derzeit auch zu Epsteins Todesumständen. US-Justizminister William Barr sprach von „ernsthaften Unregelmäßigkeiten“ bei der Überwachung Epsteins und forderte eine „gründliche Untersuchung“ der Todesumstände.

Er und sein ganzes Ministerium seien „entsetzt“ und „wirklich wütend“ gewesen, als sie von den Versäumnissen des Metropolitan Correctional Center im New Yorker Stadtteil Manhattan erfahren hätten, sagte Barr am Montag vor Journalisten.

Plakat von Jeffrey Epstein
APA/AFP/Stephanie Keith
Epstein auf einem Plakat

Das führte am Dienstag auch zu ersten Konsequenzen: Das Justizministerium versetzte den Direktor der Haftanstalt während der laufenden Untersuchungen. Zudem wurden die beiden Wachen, die mit der Aufsicht Epsteins in dessen Todesnacht betraut waren, beurlaubt, teilte eine Sprecherin des Ministeriums am Dienstag mit.

Mögliche Komplizen „sollen sich nicht in Sicherheit wiegen“

Samstagfrüh war der 66-jährige Epstein tot in seiner New Yorker Gefängniszelle gefunden worden. Nach Angaben des US-Justizministeriums hatte er Suizid begangen. Epstein war am 6. Juli bei der Rückkehr von einer Frankreich-Reise in den USA festgenommen worden.

Anmerkung der Redaktion

ORF.at gestaltet die Berichterstattung über Suizide bewusst zurückhaltend und verzichtet, wo es möglich ist, auf Details. Wenn Sie sich selbst von Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge unter der kostenlosen Nummer 142.

Der Multimillionär, der mit zahlreichen bekannten Politikern und Stars befreundet war, soll zwischen 2002 und 2005 Dutzende teils minderjährige Mädchen in seinen Häusern in New York und Florida sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Im Falle einer Verurteilung hätten ihm bis zu 45 Jahre Haft gedroht. Bereits 2008 war Epstein wegen der Prostitution junger Frauen zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden.

Barr sicherte zu, dass trotz Epsteins Tod die Ermittlungen zu den Vergehen fortgesetzt würden. Mögliche Komplizen des Multimillionärs sollten sich nicht in Sicherheit wiegen, warnte der Minister. „Die Opfer verdienen Gerechtigkeit und werden sie bekommen“, versprach Barr.

Little St. James Island
Reuters/Marco Bello
Das Anwesen Epsteins auf Little St. James Island

Abgeordnete stellen 23 Fragen

Auch Abgeordnete im US-Kongress äußerten drängende Fragen zu Epsteins Tod. Die führenden Mitglieder des Justizausschusses im Repräsentantenhaus schrieben am Montag (Ortszeit) an die für Bundesgefängnisse zuständige Behörde und verlangten Aufklärung.

The Metropolitan Correctional Facility
APA/AFP/Getty Images/David Dee Delgado
Das Gefängnis in New York, in dem Epstein inhaftiert war

Aufgelistet sind in dem Schreiben 23 Fragen – unter anderem zum allgemeinen Umgang mit psychisch instabilen Insassen in der betroffenen Haftanstalt, aber auch zu den genauen Abläufen in Epsteins Fall kurz vor dessen Tod. Der Ausschussvorsitzende, der Demokrat Jerry Nadler, und der führende Republikaner in dem Gremium, Doug Collins, beklagten in dem Brief, der Fall offenbare schwere Versäumnisse beim Umgang mit Häftlingen. Sie verlangten bis zum 21. August Antworten auf ihre Fragen.

Vertraute könnte Aufklärung bringen

Aufklärung über Epsteins illegalen Sexhandelsring erhofft man sich von Epsteins langjähriger Vertrauter Ghislaine Maxwell. Doch laut US-Medien ist unklar, wo sich Maxwell aufhält. Laut den Vorwürfen der Anklage, der Polizei und betroffener Mädchen und Frauen bauten Epstein und Maxwell den Sexhandelsring, der quer durch die USA ging und für drei junge Mädchen am Tag für Epstein sorgen sollte, gemeinsam auf, wie die „Washington Post“ am Montag schrieb.

Laut vielen Frauen, die Epstein beschuldigen, war Maxwell seine wichtigste „Mitverschwörerin“, so die „Washington Post“. Maxwell war auch am Beginn der Ermittlungen gegen Epstein in Florida im Fokus der Ermittler, wie die Zeitung mit Verweis auf die Palm-Beach-Polizei schrieb.

„Koordinatorin“ des Sexhandelsrings

Die Mädchen, die von der Palm-Beach-Polizei als Zeuginnen angehört worden waren, beschrieben Maxwell wiederholt als Koordinatorin von Epsteins Sexhandelsring. Mit Maxwell selbst konnte die Polizei damals allerdings nicht sprechen. Maxwells Anwälte riefen die Ermittler einfach nicht zurück.

Im Laufe der Jahre, seit die ersten Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen Epstein laut wurden, bestand Maxwell darauf, nichts Unrechtes gemacht zu haben. Sie wisse nichts von illegalen Handlungen. Eine wachsende Zahl von Frauen beschuldigte allerdings Maxwell, die Hauptorganisatorin für Epstein zu sein. Sie habe als Anwerberin und Zahlmeisterin für die Mädchen, die zu Epsteins Palm Beach Villa gebracht wurden, gearbeitet, so die Zeitung weiter.

„Ohne festen Wohnsitz“

Maxwell ist derzeit weder angeklagt noch wird sie als Verdächtige im Fall Epstein geführt, so die „Washington Post“ weiter. Laut Insidern konnten die Ermittler bisher Maxwell nicht kontaktieren, da ihr Aufenthaltsort unbekannt ist. Laut der Zeitung könnte sie im Ausland leben.

Bereits 2016 soll sie ihr Haus in Manhattan über eine Firma, die dieselbe Adresse hat wie Epsteins New Yorker Unternehmenssitz, für 15 Mio. Dollar verkauft haben. Ihre Anwälte sagten 2017, dass sie nun in London sei, aber keine fixe Adresse habe. Anwälte, die Epsteins Opfer vertreten, geben sich resigniert. Sie gehen davon aus, dass Maxwell nicht so schnell wieder in die USA kommen wird – aus Furcht, festgenommen zu werden.

„Verbindungen nach Frankreich“

Zwei französische Kabinettsmitglieder haben sich dafür eingesetzt, Ermittlungen zu Querverbindungen des Sexhandels durch Epstein nach Frankreich anzustellen. Bei den Ermittlungen in den USA seien „Verbindungen nach Frankreich“ aufgedeckt worden, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung der für Gleichstellung zuständigen Staatssekretärin Marlene Schiappa und des für Kinderschutz zuständigen Staatssekretärs Adrien Taquet.

Die französische Kinderschutzorganisation Innocence en danger wies in einem Schreiben an die Pariser Staatsanwaltschaft darauf hin, dass bei den Ermittlungen der US-Bundespolizei FBI zur Epstein-Affäre auch belastendes Material gegen „Personen mit französischer Staatsangehörigkeit“ zutage gefördert worden sei. Zudem gebe es „glaubwürdige“ Hinweise darauf, dass „mehrere Opfer des Prostitutionsnetzwerks“ von Epstein und „seiner Komplizen“ französische Staatsangehörige seien, fügte die Organisation hinzu.

Trump relativiert Tweet zu Verschwörungstheorie

US-Präsident Donald Trump spielte unterdessen eine Twitter-Nachricht mit einer Verschwörungstheorie zum Tod von Epstein herunter, die er weiterverbreitet hatte. Trump hatte am Samstagabend eine Nachricht retweetet, die den demokratischen Ex-Präsidenten Bill Clinton in die Nähe von Epsteins Tod rückt.

Trump sagte dazu am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten, es habe sich um den Tweet eines „hoch angesehenen konservativen Experten“ gehandelt. „Das war ein Retweet, das war nicht von mir, das war von ihm“, fügte er hinzu. Auf die Frage, ob er wirklich glaube, dass die Clintons in den Tod von Epstein involviert seien, sagte Trump: „Ich habe keine Ahnung.“