Heinz-Christian Strache (FPÖ)
Reuters/Leonhard Foeger
„Ibiza“, Casinos und Co.

FPÖ steuert turbulentem Parteitag entgegen

Razzien und mannigfaltige Ermittlungen gegen unter anderen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache haben in den vergangenen Tagen die FPÖ in Atem gehalten. Strache ging zuletzt in die Offensive und überlegt, „so rasch wie möglich auch politisch zurückzukommen“. Wie die FPÖ damit umgehen will, ist unklar. In rund vier Wochen hält sie ihren Parteitag ab – manche Beobachter fühlen sich an Knittelfeld erinnert.

Nach dem Platzen der Koalition fiel für Österreichs Innenpolitik heuer das Sommerloch aus. Nicht nur die „Ibiza-Affäre“ sorgt in hoher Schlagzahl für Neuigkeiten. Anonyme Anzeigen waren nun Anlass für Untersuchungen zum Thema Casinos Austria. Am Dienstag gab es unter anderem bei Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus deshalb Hausdurchsuchungen.

Laut dem Vorwurf soll es eine Vereinbarung gegeben haben, den FPÖ-Mann Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos zu entsenden. Im Gegenzug habe die FPÖ Entgegenkommen bei etwaigen Gesetzesänderungen beim kleinen Glücksspiel nach der Wiener Wahl und einer nationalen Onlinegaming-Lizenz signalisiert, hieß es in der Anzeige.

Strache liebäugelt mit Comeback

Strache wehrte sich, die Razzien hielt er für einen „Akt der Willkür“. Zudem bestritt er im ZIB2-Interview „jede Art“ von Deal rund um Sidlo. Strache wollte auch einmal mehr an der Option, 2020 in Wien anzutreten, festhalten. „Und ich sage, die animieren mich fast, dass ich darüber nachdenke, so rasch wie möglich auch politisch zurückzukommen und vielleicht in Wien ein Comeback zu starten.“ Die FPÖ soll Strache auch ein Büro eingerichtet und ihm zwei Sekretärinnen zur Seite gestellt haben, wie der „Standard“ gestern berichtete. Der jetzige FPÖ-Chef Norbert Hofer lasse Strache gewähren, „weil er weiteren Trubel und Turbulenzen verhindern wolle“, so Insider gegenüber der Zeitung.

Interview mit Ex-FPÖ-Chef Strache

Heinz-Christian Strache äußert sich im ersten ORF-Interview nach seinem Rücktritt unter anderem zur „Ibiza“-Affäre und den Vorwürfen rund um Postenbesetzungen im Gegenzug für Glücksspielvergaben bei Novomatic.

Offiziell hat der Wahlkampf für die Nationalratswahl am 29. September noch nicht begonnen, de facto ist er aber längst im Gange. Am 14. September begeht die FPÖ in Graz ihren Parteitag. Der Ökonom Walter Ötsch meinte am Samstag im „Journal zu Gast“ in Ö1, es könnte sich in der FPÖ Ähnliches zusammenbrauen wie im Jahr 2002 rund um den Sonderparteitag in Knittelfeld, der letztlich zur Spaltung der Freiheitlichen geführt hatte.

Ötsch: Parallelen zu Haider

„Es entzündet sich wieder an der Person des Parteiobmanns. Das ist sozusagen die Parallele zu (Jörg, Anm.) Haider, der auf der einen Seite zurückgetreten ist und auf der anderen Seite einen ganz großen Einfluss hat“, so Ötsch. Strache sei auch zurückgetreten, habe sich aber seine Einflussmöglichkeiten behalten. Er sei zudem „natürlich immer noch ein Schwergewicht innerhalb der FPÖ in der Mitgliederrekrutierung und auch in der Zustimmung“. Diskrepanzen in der FPÖ führten oft zu einem „Freund-Feind-Denken und im Extremfall Verschwörungsmythen“, so Ötsch weiter – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und Parteichef Norbert Hofer
APA/Roland Schlager
Kickl und Hofer wollen weiter koalieren

Der Politikwissenschaftler Fritz Plasser sagte gegenüber Ö1, Strache bleibe „ein Freund der Familie“ in der FPÖ. „Ob das noch weiter aufrechtzuerhalten ist unter diesen jetzt neuen Bedingungen, das bleibt für mich offen.“ Die Chancen für eine neue Koalition mit der ÖVP seien jedenfalls „in den letzten Tagen nicht gegen null, aber unglaublich gesunken“.

Wunsch nach Neuauflage der Koalition

FPÖ-Chef Hofer und Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wiederholten zuletzt ihren Wunsch, weiter mit der ÖVP zu koalieren. Kickl aber verband dieses Ansinnen mit Vorwürfen gegen den ehemaligen Partner. Die ÖVP unter Sebastian Kurz sei wieder „zur alten ÖVP“ mutiert. „Wir wollen die ÖVP wieder auf den rechten Weg bringen“, so Kickl am Freitag.

Journalist Obermaier über „Ibiza“-Buch

Frederik Obermaier ist einer der Journalisten, die das „Ibiza-Video“ veröffentlicht haben. Im Interview gibt Obermaier erste Einblicke, was die Leser erwartet.

Eine nächste Wahlkampfrunde dürfte in der kommenden Woche anstehen. Am Donnerstag könnte es rund um die „Ibiza-Affäre“ neue Details geben. Dann erscheint das Buch „Die Ibiza-Affäre“, in dem jene Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“, die das Video veröffentlicht haben, enthüllen, was Strache „in der Ibiza-Villa tatsächlich gesagt und eingefordert hat, und was zuvor passiert ist“, wie Koautor Frederik Obermaier auf Twitter ankündigte. In der ZIB2 am Freitag sagte Obermaier, man habe Strache jedenfalls nicht „aus dem Zusammenhang gerissen“, wie dieser den Autoren wiederholt vorgeworfen hatte. Der Weg bis zum Parteitag der FPÖ könnte also noch ereignisreich werden.