Türkische Anwaltskammern boykottieren Gerichtsempfang

Mehrere Anwaltskammern in der Türkei wollen Einladungen des Obersten Berufungsgerichts für einen Empfang Anfang September aus Protest gegen die Lage in dem Land nicht annehmen. Die mittlerweile 16 Anwaltskammern kritisieren den Mangel an Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei, wie es heute hieß.

Mit dem Empfang im Präsidentenpalast am 2. September will das Oberste Berufungsgericht in Ankara den Beginn des neuen Gerichtsjahres nach der Sommerpause begehen. Als erste hatte die Anwaltskammer Izmir abgelehnt.

Zehntausende in Haft

„In der Rede, die Sie halten werden, werden Sie wahrscheinlich über Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz sprechen“, schrieb die Anwaltskammer Izmir an die Gerichtsleitung. „Obwohl Sie wissen, dass Tausende Menschen, die für Rechte kämpfen, im Gefängnis sitzen, werden Sie über persönliche Freiheit und Sicherheit, Meinungsfreiheit, das Recht auf faire Prozesse und Pressefreiheit sprechen“.

Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 wurden mehr als 100.000 Staatsbedienstete entlassen und Zehntausende Menschen verhaftet, darunter auch viele Anwälte und Richter. Noch immer gibt es wöchentliche Razzien gegen mutmaßliche Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Präsident Recep Tayyip Erdogan als Drahtzieher hinter dem Umsturzversuch sieht.