Sozialdemokraten offen für Koalition mit Fünf Sternen

Die italienischen Sozialdemokraten (PD) sind bereit, die Möglichkeiten für eine Regierungskoalition mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung zu prüfen. Das erklärte PD-Chef Nicola Zingaretti heute nach seinem Gespräch mit Präsident Sergio Mattarella, der die Konsultationen in Rom führt. Ein wesentliches Prinzip der neuen Regierung müsse aber die loyale Zugehörigkeit zur EU sein.

„Wir haben dem Präsidenten unseren Willen bekräftigt, für eine neue politische Phase in Italien zu arbeiten“, sagte der im März zum PD-Chef gewählte Zingaretti. Er räumte eine gewisse „politische Distanz“ seiner Partei zur Fünf-Sterne-Bewegung ein, die in den vergangenen 14 Monaten mit der rechtspopulistischen Lega regiert hat.

Dennoch sei er bereit, die Möglichkeit eines Regierungsbündnisses zu prüfen. Sollten die Bedingungen für eine „Regierung der Wende“ nicht vorhanden sein, sei die PD zu vorgezogenen Parlamentswahlen bereit, so Zingaretti. Er hatte bereits gestern Bedingungen für eine mögliche Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung gestellt – darunter eine klare Kehrtwende in der Einwanderungspolitik, bei der Europa eine wichtige Rolle spielen soll, sowie eine Verlagerung der Wirtschafts- und Sozialpolitik hin zu mehr Umverteilung und Investitionen.

Lega zu Fünf Sternen: „Tür ist noch offen“

Mattarella empfing heute auch die Chefin der postfaschistischen Partei Fratelli d’ Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni. Diese bekräftigte ihre Forderung nach Neuwahlen, die sie im Bündnis mit der rechtspopulistischen Lega zu gewinnen hofft.

Die Lega von Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini bemüht sich unterdessen angesichts der Entwicklungen, die Möglichkeit einer Neuauflage ihrer Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung ins Spiel zu bringen. „Kontakte zwischen der Lega und Vertretern der Fünf-Sterne-Bewegung sind noch im Gange. Unsere Türe ist noch offen“, sagte Landwirtschaftsminister Gian Marco Centinaio, ein Vertrauensmann Salvinis, in einem Interview mit der Tageszeitung „Il Mattino“ (Donnerstag-Ausgabe).

Die gestern angelaufenen Konsultationen laufen nach derzeitigem Plan noch bis zum Abend – zum Finale empfängt Mattarella zunächst die Lega und dann Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung.

Spekulationen über erste Frau an Regierungsspitze

Beobachtern zufolge dürfte sich erst nach dem Treffen Mattarellas mit den Fünf Sternen dann auch konkret abzeichnen, wie die Regierungskrise gelöst werden könnte. Gleichzeitig mangelt es nicht an Spekulationen über die mögliche Zusammensetzung einer weiter im Raum stehenden Übergangsregierung. Neben einer erneut vom parteilosen Giuseppe Conte angeführten Regierungskoalition machte hier zuletzt auch der Name vom Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, die Runde.

Während es von diesem offenbar bereits eine Absage geben soll, wird vom „Corriere della Sera“ unter anderem auch Marta Cartabia als mögliche Kandidatin für die Regierungsspitze genannt. Mit Cartabia würde, so wie in Österreich mit Brigitte Bierlein, eine Verfassungsrichterin und erstmals eine Frau eine italienische Regierung übernehmen.