Einen Namen hat die neue Hauptstadt noch nicht. Wichtigste Gründe für den Umzug sind das ewige Verkehrschaos in Jakarta und die Sorge, dass die Stadt irgendwann im Meer versinkt. Als Alternative zu der Gegend um Balikpapan hatte bisher die 250.000-Einwohner-Stadt Palangkaraya gegolten, die ebenfalls auf Borneo liegt.
Über einen Umzug der Hauptstadt wird seit längerer Zeit spekuliert. Seit Präsident Joko Widodo im größten Inselstaat der Welt wiedergewählt wurde, soll es nun schnell gehen. Dass es von der Insel Java nach Borneo geht, stand schon fest – bisher war aber auch zur Debatte gestanden, eine bestehende Stadt auszubauen. Die Wahl des neuen Ortes begründete der Präsident am Montag mit der „strategisch guten Lage“. „Das ist im Herzen Indonesiens“, sagte Joko. „Das Risiko von Überflutungen, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen ist minimal.“ Unklar ist, wie Umweltschützer auf das große Rodungsprojekt für die neue Hauptstadt reagieren.
Ägypten will Hauptstadt in Wüste verlegen
Das entsprechende Gesetz soll bereits an diesem Dienstag eingebracht werden. Borneo ist die viertgrößte Insel der Welt. Wenn mit dem Umzug tatsächlich 2024 begonnen würde, wäre das im letzten Jahr von Jokos zweiter Amtszeit. Vorbilder sind Länder wie Brasilien, Pakistan und Myanmar, die ihre Hauptstädte in den letzten Jahrzehnten ebenfalls verlegt haben – und in gewissem Maße auch wie Deutschland mit dem Umzug von Bonn nach Berlin. Aktuell plant auch Ägypten einen Umzug: weg von Kairo, 50 Kilometer weiter in die Wüste.
Großraum mit 30 Millionen Menschen
Für das 1527 gegründete Jakarta (ursprüngliche Bedeutung: „Großer Sieg“) geht damit ein halbes Jahrtausend Hauptstadtgeschichte in verschiedenen Reichen zu Ende. Zwischenzeitlich hatten die niederländischen Kolonialherren die Stadt in Batavia umbenannt.
Seit 1942 hat sie wieder den alten Namen. Die Megacity mit ihren mehr als zehn Millionen Einwohnern leidet unter chronischem Verkehrschaos. Tag für Tag gibt es dort extrem lange Staus. Im Großraum Jakarta leben sogar 30 Millionen Menschen.
40 Prozent unter Meeresspiegel
Außerdem droht die Stadt zu versinken: 40 Prozent ihrer Fläche befindet sich inzwischen unter dem Meeresspiegel. Nach einer Studie des Bandung Institute of Technology könnte 2050 tatsächlich ein Drittel der Stadt im Wasser stehen. Zudem ist Jakarta immer wieder von schweren Erdbeben betroffen.
Die Kosten einer neuen Hauptstadt werden auf umgerechnet bis zu 30 Milliarden Euro geschätzt. Zum Plan gehört, dass Jakarta Finanzmetropole bleibt. Die Regierung hofft auf größere Einnahmen aus dem Verkauf von Immobilien.
Mit mehr als 17.000 Inseln und einer Fläche von 1,9 Millionen Quadratkilometern ist Indonesien der größte Inselstaat der Welt. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist islamischen Glaubens. Damit ist Indonesien auch das bevölkerungsreichste muslimische Land.