SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner
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„Sommergespräche“

Rendi-Wagner hofft auf Unentschiedene

Im heuer vierten „Sommergespräch“ ist am Montag SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Rede und Antwort gestanden. Es war ihr erster Auftritt in dem sommerlichen Interviewformat – und das Gespräch mit Tobias Pötzelsberger war vor allem von Zweckoptimismus geprägt.

Knappe fünf Wochen sind es noch bis zur Nationalratswahl Ende September. Laut Rendi-Wagner ist das „eine halbe Ewigkeit“ – und genug Zeit, um den aktuellen Umfragewerten zu entkommen. Die sehen die SPÖ zurzeit auf ihr schlechtestes Wahlergebnis in der Zweiten Republik zusteuern. Die Parteichefin hielt allerdings am Montag an einem Wahlsieg fest. „Wir wollen die stärkste Partei Österreichs werden“, sagte Rendi-Wagner.

Möglich machen sollen das jene Menschen, die sich bisher noch als unentschieden deklarierten. Menschen würden sich immer später zum Wahltermin hin entscheiden, eine Drittel der Bevölkerung habe sich noch nicht festgelegt, so die SPÖ-Chefin. Deshalb „lohnt es sich, bis zuletzt wahlzukämpfen“. Keine Antwort gab es denn auch auf die Frage, ob sie unter einem ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz den Juniorpartner stellen würde: „Warten wir einmal ab, wie das Wahlergebnis ausschaut und wer wen fragt in den Regierungsverhandlungen.“

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Moderator Tobias Pötzelsberger
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Rendi-Wagner zeigte sich bei Pötzelsberger als Optimistin

„Drei-D-Problem“ oder „DNA“ der Partei

Nicht nur einmal sagte Rendi-Wagner, sie fühle sich an der Spitze der SPÖ wohl. Den Eindruck hatten in der Vergangenheit wohl nicht alle. „Drei-D-Problem“ nannte Pötzelsberger die Diskussionen, die ihr Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und SPÖ-Tirol-Chef Georg Dornauer immer wieder bescherten. Gerade eben hatte etwa Dornauer mit einem Interview in einem rechtsextremen Magazin gröbere Irritationen ausgelöst.

Rolle als Spitzenpolitikerin

Rendi-Wagner versuchte Querschüsse aus der eigenen Partei abzutun.

Rendi-Wagner gab freilich auch hier die Optimistin und sprach von einer „Stärke der Partei, das ist unsere DNA“. „Die eine oder andere Diskussionen“ würde aber auch sie lieber „nicht öffentlich führen, sondern im Wohnzimmer, wie Michael Häupl einmal gesagt hat“, so die SPÖ-Chefin. So dürfte es sie wohl auch nicht gefreut haben, dass Dornauer in eben jenem Interview meinte, er würde niemanden von einer Koalition ausschließen. Rendi-Wagner hielt hingegen erneut fest, dass eine Regierung mit der FPÖ für sie nicht infrage käme – und als Spitzenkandidatin und Parteivorsitzende entscheide das auch sie.

Nein zu CO2-Steuer

Für Diskussionen sorgte zuletzt freilich auch die Parteivorsitzende selbst – zum Beispiel als sie sich vor wenigen Wochen gegen eine höhere Steuer für Fleisch aussprach. Stichwort: Das Schnitzel darf nicht zum Luxus werden. An dieser Aussage hielt die SPÖ-Chefin auch im „Sommergespräch“ fest.

Klimapolitik nach SPÖ-Vorstellungen

Rendi-Wagner sieht in der Klimapolitik nicht primär die Bevölkerung in der Verantwortung.

Ebenso sprach sie sich gegen eine CO2-Steuer aus – zumindest für den „Individualverkehr“. Mit einer solchen würden die Pendlerinnen und Pendler bestraft, sagte Rendi-Wagner. Die Politik würde damit die Verantwortung auf die Bürger verlagern. „Das funktioniert nicht“, so Rendi-Wagner, die auch von einer „Bestrafung durch höheres Benzin“ sprach. Vielmehr solle die Politik „Anreize setzen“, damit die Menschen auf „saubere Verkehrsmittel“ umsteigen.

Was im Wahlkampf Thema sein soll

Allerdings: Auf „EU-Ebene“ wolle sie CO2 sehr wohl besteuern, so Rendi-Wagner. Da gehe es um die Schwerindustrie, wo man nicht allein Österreich herausgreifen könne. Das würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Pötzelsbergers Hinweis, dass Steuerpolitik kaum auf EU-Ebene gemacht werde, tat Rendi-Wagner mit der Bemerkung ab, dann könne man die EU-Politik „gleich an den Nagel hängen“. Dass die SPÖ den Klimaschutz nur für den Wahlkampf entdeckt habe, wollte Rendi-Wagner so nicht gelten lassen. Es sei aber „auch bei mir ein Reifungsprozess“ gewesen, sagte die SPÖ-Chefin.

Dezidiert „kein Wahlkampfthema“ ist für Rendi-Wagner allerdings die Frage einer strengeren Prüfung der Parteifinanzen. In der Vergangenheit hatte sich die Parteichefin recht eindeutig gegen weitreichendere Befugnisse des Rechnungshofs ausgesprochen. Am Montag klang das nun etwas anders: Mit den vor dem Sommer beschlossenen Verschärfungen sei das jetzige System zwar für sie „akzeptabel“. Sie sei aber offen, eine „ehrliche Diskussion“ mit Experten zu führen, sagte Rendi-Wagner: nur eben nicht jetzt im Wahlkampf.

Mindestlohn und Gegenfinanzierung

Sehr wohl im Wahlkampf thematisiert werden soll aber wohl die jüngste SPÖ-Forderung nach einem steuerfreien Mindestlohn von 1.700 Euro. Eineinhalb Jahre soll den Sozialpartnern Zeit gegeben werden, diesen auszuverhandeln. Gelingt das nicht, stellte die SPÖ-Chefin eine Einführung per Verordnung – also an den Sozialpartnern vorbei – in den Raum.

Forderung nach 1.700 Euro Mindestlohn

Die Mindestlohnforderung brachte die SPÖ kurz vor dem „Sommergespräch“ aufs Tapet.

Für alle Forderungen hat die SPÖ laut Rendi-Wagner auch ein Gegenfinanzierungskonzept bei der Hand. Das sehe unter anderem eine Erbschafts- und Vermögenssteuer ab einer Million Euro vor. Die würde dem Staat zwei Milliarden Euro bringen, aber nur zwei Prozent der Bevölkerung treffen, so die SPÖ-Chefin. Am Ende ließ sie sich dann noch eines entlocken – nämlich Zustimmung zum Sager ihres deutschen Parteifreunds Frank Müntefering: „Opposition ist scheiße.“

Mehrfach akustisch gestört wurde das Interview durch das Trompeten eines Elefanten. Mittlerweile wurde geklärt, dass es sich dabei um einen Werbegag eines Energy-Drink-Herstellers handelte, der die Geräusche in voller Lautstärke aus einem Auto dröhnen ließ.

Mobilisierung per „Realitätsverweigerung“

In der anschließenden Analyse in der ZIB2 zog der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier die Ausführungen Rendi-Wagners zu einem SPÖ-Wahlsieg sehr in Zweifel. Das sei nicht einmal mehr „Zweckoptimismus“, sondern „Schönrederei und Realitätsverweigerung“. Offenbar versuche die Parteichefin die Wählerinnen und Wähler mit der Aussicht auf einen Wahlsieg zu mobilisieren. Laut Filzmaier sollte sie aber eher auf „Solidaritätseffekte“ setzen.

Analyse des „Sommergesprächs“ mit Rendi-Wagner

Politologe Filzmaier und Kurier-Chefredakteurin Salomon ordnen die Aussagen von SPÖ-Parteichefin Rendi-Wagner ein.

Martina Salomon vom „Kurier“ meinte, dass Rendi-Wagner im Laufe des Gesprächs immer besser geworden sei. Es sei einer ihrer besseren Auftritte gewesen. Die SPÖ-Chefin schmeiße sich „voll ins Zeug“, aber „authentisch finde ich sie nicht“, so die „Kurier“-Chefredakteurin. Sie vermisste einmal mehr den „zündenden Funken“.