Brigitte Macron
Reuters
Macron vs. Bolsonaro

Streit über Amazonas und Ehefrau

Die verheerenden Brände im Amazonas-Gebiet haben einen Streit zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro ausgelöst. In dem verbalen Schlagabtausch wurde auch Macrons Ehefrau Brigitte unfreiwillig miteinbezogen und offenbar mit Bolsonaros Billigung beleidigt.

Nach der Hilfszusage der G-7-Staaten für das von verheerenden Waldbränden betroffene Amazonas-Gebiet verbat sich der ultrarechte Bolsonaro eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes. „Wir können nicht hinnehmen, dass Präsident Macron unangebrachte Angriffe auf das Amazonas-Gebiet fährt und seine Absichten hinter einer ‚Allianz‘ der G-7-Staaten zur ‚Rettung‘ des Amazonasgebiets versteckt, als ob wir eine Kolonie oder Niemandsland wären“, schrieb der Staatschef am Montag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Zuvor hatten die G-7-Staaten bei ihrem Gipfel im französischen Biarritz eine Soforthilfe von 20 Millionen US-Dollar (rund 17,9 Millionen Euro) für den Kampf gegen die Feuer im Amazonas-Regenwald zugesagt. Die Mittel sind vor allem für die Bereitstellung von Löschflugzeugen bestimmt. Frankreichs Staatschef Macron hatte die Brände kurzfristig auf die Agenda des Treffens gesetzt.

Bolsonaro pocht auf Respekt

In einem zweiten Schritt werde im September bei der UNO-Vollversammlung eine Amazonas-Initiative gestartet, sagte Macron. Dabei solle es auch um Aufforstung gehen. Weil der Amazonas-Regenwald große Mengen an CO2 binden kann, ist er für das globale Klima von entscheidender Bedeutung. Macron bezeichnete das Amazonasgebiet in Biarritz als „Gemeingut“.

David Kriegleder (ORF) zu den Waldbränden in Brasilien

ORF-Reporter David Kriegleder berichtet, wie der politische Schlagabtausch zwischen den Präsidenten Bolsonaro Macron zu erklären ist und was man zu der Ursache der Brände bisher weiß.

„Andere Staatschefs haben sich mit Brasilien solidarisiert, schließlich ist der Respekt vor der Souveränität eines Landes das Mindeste, was man in einer zivilisierten Welt erwarten kann“, schrieb Bolsonaro weiter. „Mit dem kolumbianischen Präsidenten Ivan Duque haben wir über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Plans der Länder der Amazonas-Region gesprochen, um unsere Souveränität und unsere Bodenschätze zu schützen.“

„Versteht ihr jetzt, warum Macron Bolsonaro bedrängt?“

Als „Kollateralschaden“ wurde in die Debatte auch Macrons Frau hineingezogen. Bolsonaro hatte am Sonntag einen Facebook-Post kommentiert, in dem ein Nutzer über das Äußere von Brigitte Macron hergezogen war. Auch andere brasilianische Regierungsmitglieder fuhren nach dem Streit um die Thematisierung der Waldbrände im Amazonas-Gebiet beim G-7-Gipfel in Biarritz scharfe persönliche Attacken auf den französischen Präsidenten.

Der Nutzer Rodrigo Andreaca hatte in einem Facebook-Beitrag eine unvorteilhafte Aufnahme der 66-jährigen Brigitte Macron neben ein Bild der strahlenden 37-jährigen Gattin Bolsonaros gestellt. Dazu schrieb er: „Versteht ihr jetzt, warum Macron Bolsonaro bedrängt?“ Er wette, dass Macron neidisch auf Bolsonaro sei.

Bolsonaros Kommentar

Brasiliens Präsident setzte einen belustigten Kommentar unter den Post. „Demütige den Typen nicht“, schrieb er. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, ob der Kommentar von Bolsonaro selbst abgegeben wurde, wollte sich ein Sprecher nicht äußern.

Macron stellte sich am Rande des G-7-Gipfels vor seine Frau und griff Bolsonaro scharf an. „Was kann ich Ihnen sagen? Das ist traurig, das ist traurig, aber das ist traurig zuerst für ihn und die Brasilianer.“ Er hoffe, dass die Brasilianer „sehr schnell“ einen Staatschef bekämen, „der sich angemessen verhält“.

Bildungsminister: Macron „Schweinehund“

Außer Bolsonaro gingen auch andere brasilianische Regierungsmitglieder zu üblen persönlichen Angriffen auf Macron über. Auf Twitter kritisierte Bildungsminister Abraham Weintraub Macron. Dieser sei bei den Waldbränden nicht „auf der Höhe“. „Er ist nur ein opportunistischer Schweinehund, der die Unterstützung der französischen Agrarlobby sucht.“

Macron hatte wegen der Umweltpolitik Bolsonaros eine Blockade des Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur angekündigt. Bereits am Freitag hatte der Sohn des brasilianischen Staatschefs, Eduardo Bolsonaro, bei Twitter ein Video der „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich mit dem Kommentar geteilt: „Macron ist ein Idiot.“

Rauchwolken über dem Regenwald in der Nähe von Humaita
Reuters/Ueslei Marcelino
Hunderte Siedlungen mussten geräumt werden

Brände als Unterstützung für Bolsonaro?

Angesichts der verheerenden Brände im Amazonas-Gebiet ermittelt die Polizei nun gegen die Organisatoren des „Tages des Feuers“. Möglicherweise wurden Brände gelegt, um Bolsonaro zu unterstützen. „Kriminelle Brandstiftung im Amazonas-Gebiet wird hart bestraft“, twitterte Justizminister Sergio Moro am Sonntag. Zuvor hatte die Zeitschrift „Globo Rural“ berichtet, dass sich im Bundesstaat Para zuletzt über 70 Personen in einer WhatsApp-Gruppe dazu verabredet hatten, große Flächen entlang der Landstraße BR-163 in Brand zu stecken. „Die Bundespolizei wird den Fall mit ihrer Expertise aufklären“, schrieb Moro weiter.

Ziel der koordinierten Aktion war laut „Globo Rural“, Bolsonaro bei seinem Plan zu unterstützen, die Umweltkontrollen zu lockern, hieß es in dem Bericht. Nach Einschätzung von Naturschutzorganisationen werden die meisten Brände von Großgrundbesitzern und Farmern gelegt, um neue Weideflächen für ihr Vieh zu schaffen. Da es momentan in der Region ungewöhnlich trocken ist, greifen die Brände immer wieder auch auf intakte Waldflächen über.

Der örtliche Bauernverband bestritt eine koordinierte Brandrodung in der Region. „Wenn es so etwas gegeben hat, war es ein Einzelfall. Wir wissen nichts von einer orchestrierten Aktion“, sagte der Präsident des Verbands in Novo Progresso, Agamenon da Silva Menezes, am Montag der amtlichen Nachrichtenagentur Agencia Brasil. „Niemand will Brände, die außer Kontrolle geraten könnten. Das schadet allen.“

Schwere Brände auch in Naturschutzgebieten

In Brasilien wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Jänner nahm die Zahl der Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach Angaben der brasilianischen Weltraumagentur INPE vom Sonntag um 82 Prozent zu. Nach jüngsten Angaben gab es seit Jahresbeginn mehr als 80.000 Feuer, davon mehr als die Hälfte in der Amazonas-Region. Allein zwischen Freitag und Samstag seien 1.130 neue Brandherde dazugekommen.

Umweltschützer werfen dem Rechtsaußen Bolsonaro vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem sich Bauern zu zunehmender Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen. Der Staatschef hat immer wieder klargemacht, dass er in der Amazonas-Region vor allem ungenutztes wirtschaftliches Potenzial sieht.