Frau beim Friseur
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Studie

Wo Frauen draufzahlen

Eine Frau und ein Mann gehen in einen Friseursalon. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie für ihren Haarschnitt mehr zahlt als er – selbst wenn der Service genau der gleiche ist. Das klingt zwar alles andere als fair, ist aber in Österreich durchaus gängige Praxis, wie eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) zu Gender Pricing zeigt, die am Donnerstag präsentiert wurde.

Den Ergebnissen der Studie zufolge, die von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) in Auftrag gegeben wurde, behandeln 87 Prozent der Frisiersalons in Österreich Frauen und Männer ungleich. Für Waschen, Schneiden und Trocknen bei kurzen Haaren – bezahlt eine Frau in Österreich durchschnittlich elf Euro mehr als ein Mann. Nur 55 der 450 telefonisch befragten Salons verrechnen denselben Preis für Männer wie Frauen.

Die Frage, ob es als Frau möglich ist, einen Herrenservice zu Männerpreisen in Anspruch zu nehmen, verneinen 60 Prozent der befragten Salons. In rund einem Viertel der Frisiersalons ist das unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Insgesamt gibt es in Österreich rund 2.500 Friseurstudios.

Reinigung von Hemd billiger als von Bluse

Auch bei Textilreinigungen, dem zweiten Dienstleistungsbereich, der untersucht wurde, kommt das IHS zu einem ähnlichen Ergebnis. 80 der 270 österreichischen Textilreinigungen wurden zu ihren Preisen zur Reinigung eines Baumwollhemds und einer Baumwollbluse befragt. Die Bluse war wie ein Hemd geschnitten – also ohne Taschen, Rüschen oder andere aufwendige Details. 96 Prozent der Firmen verrechnen für die Reinigung einer Bluse dieser Art einen höheren Preis als für die Reinigung eines nahezu gleichen Hemdes.

Durchschnittlich kostet der Studie zufolge eine Blusenreinigung das Doppelte einer Hemdreinigung. Selbst dann, wenn ausschließlich Hemdreinigungen mit händischem Bügeln berücksichtigt werden, kostet eine Blusenreinigung nach wie vor das 1,6-Fache einer Hemdreinigung. 62 Prozent der Textilreinigungen gaben an, eine Bluse unter keinen Umständen zu Hemdpreisen zu reinigen. Rund ein Fünftel der Textilreinigungen würde eine Bluse zu Hemdpreisen reinigen, solange diese einen dementsprechenden Schnitt vorweist.

Sowohl in Frisiersalons als auch in Textilreinigungen konnte die Studie also eine geschlechtsspezifische Preissetzung in einem signifikanten Ausmaß nachweisen. Diese Ergebnisse seien vergleichbar mit anderen internationalen Analysen, heißt es.

Diskriminierung im Einzelhandel?

Auch der Produktbereich wurde untersucht, wofür ein Warenkorb mit geschlechtertypischen Pflegeprodukten zusammengestellt wurde. Die Erhebung ergab, dass Frauen im Vergleich zu Männern Produkte angeboten werden, die im Schnitt um neun Euro mehr pro Packung kosten. Eine Beobachtung von Onlineshops österreichischer Drogerieketten durch ORF.at zeigt zwar teilweise Unterschiede zwischen „Frauenprodukten“ und „Männerprodukten“, diese halten sich jedoch in Grenzen und sind vor allem schwer zu vergleichen, wie ein Beispiel zeigt.

So kostet die günstigste Packung mit Einwegrasierern „für Frauen“ in der Filiale einer österreichischen Drogeriekette 0,75 Euro, „für Männer“ 1,25 Euro. Jedoch sind in der Packung „für Männer“ zehn Rasierer enthalten und in jener „für Frauen“ nur fünf. Ein blauer Einwegrasierer ist mit 0,13 Euro in diesem Beispiel also um zwei Cent billiger als der gleiche Einwegrasierer in Rosa, der 0,15 Euro kostet.

Bei Rasierschaum aber verhält es sich umgekehrt. Hier kostet ein vergleichbares Produkt bei derselben Drogeriekette in Österreich „für Frauen“ 0,63 Euro pro 100 Milliliter, „für Männer“ aber 1,07 Euro. Anders als im Dienstleistungsbereich ist es sowohl Frauen als auch Männern hierbei allerdings zumindest möglich, das jeweils billigere Produkt zu erwerben.

Gleichbehandlungsgesetz als Grundlage

Die Komplexität, gerade bei Drogerieprodukten konkrete geschlechtsspezifische Preisunterschiede zu beweisen, bestätigt Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer (AK) Wien, Abteilung für Konsumentenschutz. „Man müsste sich anschauen, ob die Inhaltsstoffe gleich bzw. gleichwertig sind“, merkt Zgubic im Gespräch mit ORF.at an.

Ob es sich um Diskriminierung handle, könne also nur anhand einer genauen Produktanalyse nachgewiesen werden. Wenn es aber das gleiche Produkt zu einem anderen Preis sei, der sich lediglich am unterschiedlichen Geschlecht festmachen lasse, könne man gerichtlich dagegen vorgehen, erklärt Zgubic. Möglich macht das das Gleichbehandlungsgesetz. Dieses hält unter anderem fest, dass bei Gütern und Dienstleistungen keine Diskriminierung bezüglich des Geschlechts gemacht werden darf.

Im Falle eines Friseurbesuchs aber ist die Sache schon eindeutiger. Hier gebe es auch schon konkrete Beschwerden an die AK – anders als bei Textilreinigungen. Laut Zgubic darf jedenfalls „nur aufgrund des Aufwandes differenziert werden“. Bei potenzieller Missachtung des Gleichbehandlungsgesetzes durch den Dienstleister könne man sich an die Gleichbehandlungskommission (GBK) wenden.

GBK empfiehlt: „Mit Rechtslage vertraut machen“

Dass das zielführend sein kann, zeigt ein Prüfungsergebnis durch die GBK aus 2018, auf das sich auch die aktuelle IHS-Studie bezieht: Ein Friseursalon bot ein und dieselbe Leistung für Frauen um 46 Euro und für Männer um 32 Euro an. Die GBK kam zu dem Schluss, dass eine „unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen vorliegt“, wie es in dem öffentlichen Dokument heißt.

Die Kommission befand, dass zwischen den angebotenen Leistungen kein Unterschied bestehe. „Männer erhielten diese Leistung ausschließlich auf Grund ihres Geschlechts um € 14,- günstiger“, so die Kommission. Sie empfahl dem Frisiersalon deshalb, sich „mit der geltenden Rechtslage vertraut“ zu machen und die „diskriminierende Preisgestaltung“ zu überarbeiten.

Für GÖD-Vorsitzenden Norbert Schnedl belegt die aktuelle IHS-Studie den großen Handlungsbedarf für mehr Gleichbehandlung der Geschlechter. Österreich habe sich rechtlich und politisch dazu verpflichtet, dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht geduldet wird. „Der Dienstleistungssektor ist gefordert sich an unsere Gesetze zu halten und Frauen sowie Männer als Konsumenten fair und gleich zu behandeln“, so Schnedl. Für GÖD-Frauenvorsitzende Monika Gabriel, die die Studie initiiert hat, muss „Gleichbehandlung mehr sein als ein schlichtes Gebot“.

Gender-Marketing – Verfestigung von Stereotypen?

Den Markt geschlechtsspezifisch zu differenzieren, ist Unternehmen allerdings durchaus erlaubt – sofern sie ihre Kundinnen und Kunden nicht diskriminieren. Gender-Marketing ist für Unternehmen und Dienstleister vielmehr sogar eine gängige Methode, neue Nischen zu entdecken. Auf Websites diverser deutschsprachiger Werbeprofis wird etwa empfohlen, wie eine Firma für Frauen und Männer unterschiedlich werben soll, um zu profitieren. Frauen würden mehr auf lebendiges Design, frische Farben und die Meinung anderer Kundinnen und Kunden reagieren, wohingegen Männer mit dunklen Farben und kurzen Fakten zum Produkt überzeugt werden könnten.

Ziel des Ganzen ist freilich ein noch effizienteres Erreichen bestimmter Personengruppen, um Gewinne zu steigern. Dass eine geschlechtsspezifische Abgrenzung in der Werbebranche aber häufig einfach als „Female Marketing“ und „She Commerce“ bezeichnet wird, bringt der Methode vielfach Kritik ein. „Ein entsprechender Ansatz für Männer wird nicht definiert“, kritisiert etwa das Deutsche Institut für Marketing (DIM) auf seiner Website. Von Genderforscherinnen und -forschern wird weiters beklagt, dass geschlechtsspezifisches Produktmarketing Stereotypen in der Gesellschaft verfestige und so zur Ungleichheit in der Gesellschaft beitrage.