Youtube-Video von FPÖ-TV
ORF.at/Viviane Koth
Witz, Wut, Wärme

Videowahlkampf in voller Fahrt

Kein Wahlkampf ohne Onlinevideos: Das ist schon seit Jahren klar, doch gerade im laufenden Wahlkampf ging es in den vergangenen Tagen Schlag auf Schlag. Den Anfang machte die Schauspielerin Christiane Hörbiger, die für die ÖVP kräftig gegen die SPÖ austeilte. Deren Spitzenkandidatin setzt in ihrem Video auf menschliche Wärme – und einen eigenen Parteisong. Und nun versucht es FPÖ-Chef Norbert Hofer mit Witz in einer Koalitionspaartherapie.

Welche Durchschlagskraft Onlinevideos haben können, zeigte sich etwa im Präsidentschaftswahlkampf von Alexander Van der Bellen 2016: Das Video der damals 89-jährigen Wiener Holocaust-Überlebenden „Frau Gertrude“, in dem sie die Jugend zum „vernünftigen Wählen“ aufrief, schlug voll ein. Umgekehrt zeigte etwa 2017 das Pizzaboten-Video des damaligen Kanzlers Christian Kern (SPÖ), dass Videos auch nach hinten losgehen können – vor allem dann, wenn man es eher mit Humor versucht.

Dennoch wagt die FPÖ, eher untypisch für bisherige Wahlkämpfe, auch ein Video, das durchaus mit Witz spielt. FPÖ-Chef Norbert Hofer und ein Double von ÖVP-Chef Sebastian Kurz sind, der Kurz-Darsteller allerdings nur von hinten, bei einer Paarberatung zu sehen. Der Therapeutin beschreiben sie ihre Beziehung als „ganz gut“ und „sehr harmonisch“ – im Gegensatz zu Kurz’ voriger Beziehung, einer „zerrütteten Geschichte mit dieser roten Prinzessin“.

„Ibiza-Affäre“ als „Dummheit“

„Ich denke, wir haben viele …“, sagt Hofer in dem Video, um Kurz den Satz mit „gemeinsame Ideen“ beenden zu lassen – wie gut eingespielte Partner es eben machen. Schließlich fasst die Therapeutin zusammen, die beiden würden doch eine „großartige Beziehung“ führen. Wieso das alles riskieren, nur wegen „Ibiza“? Es komme doch in den besten Familien vor, „dass man sich durch eine Dummheit vom richtigen Weg abbringen lässt“. Und das Fazit von Hofer in Richtung Kurz: „Oft braucht es nur einen kleinen Schubser, um gemeinsam weiterzumachen.“

Die FPÖ bedient mit dem Video gleich zwei strategischen Ansätze: Zunächst wirbt man darum, die Koalition nach der Wahl wieder aufnehmen zu wollen, und klopft damit auch bei der ÖVP an, die zuletzt dem ehemaligen Koalitionspartner mehrfach die kalte Schulter gezeigt hatte. Und die „Ibiza-Affäre“ wird als – verzeihbare – „Dummheit“ kleingespielt. Beim FPÖ-Publikum stößt der Clip nicht unbedingt auf ungeteilte Begeisterung: Auf den FPÖ-Seiten auf Facebook wird in Postings ungewohnt oft und offen kritisiert, dass sich die Partei der ÖVP zu sehr anbiedere.

Rendi-Wagner setzt auf Menschlichkeit und eigenen Song

Ganz dem Wahlkampfmotto „Menschlichkeit“ verpflichtet zeigt sich hingegen SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner in ihrem neuesten Wahlkampfvideo. Umringt von allen Generationen von Kleinkindern bis Pensionistinnen und Pensionisten zeigt die SPÖ-Chefin stets lächelnd Volksnähe. „Ich bin bereit. Seid ihr es auch?“, heißt es am Ende des Clips, der aber vor allem zur Präsentation des Wahlkampfsongs „Gleich und verschieden“ dienen soll.

Solidarität und Toleranz sind die Leitmotive des Lieds, für das Alf und DJ Mike verantwortlich zeichnen. Alf ist eigentlich als Sänger der Band Kommando Elefant bekannt, vor einiger Zeit suchte er neben dem Indie-Pop auch in der Schlagerszene als Solokünstler mit Vornamen als Künstlernamen ein zweites Standbein.

Kontroversen nach Hörbiger-Wutrede

Im kompletten Gegensatz zum SPÖ-Clip im Wohlfühlmodus steht jenes Video, das bisher im Wahlkampf am meisten polarisiert hat: die Wutrede von Hörbiger, in der sie ihre Unterstützung für ÖVP-Chef Kurz ausspricht und die SPÖ frontal attackiert.

Das Video sorgte nicht nur für einen Schlagabtausch zwischen SPÖ und ÖVP. Rendi-Wagner lud Hörbiger zu einem klärenden Gespräch ein, diese sagte aber ab. Vor allem in den Sozialen Netzwerken wurde Hörbigers Kurzauftritt sehr kontrovers diskutiert, schon kurze Zeit später wurden auch mehrere mehr oder weniger gelungene Parodien veröffentlicht.

Grüne und NEOS warten noch auf den Knaller

Auch die anderen Parteien setzten freilich auf Videos, der ganz große Publikumserfolg in den Sozialen Netzwerken war bisher aber nicht dabei. So gossen die Grünen etwa ihr Wahlprogramm in einen Onlineclip.

Die ehemalige Abgeordnete Sigi Maurer, die nun auf dem Wiener Listenplatz drei wieder gute Chancen hat, ins Parlament zurückzukehren, schildert in einem Video ihren persönlichen Weg in die Politik – und erklärt, auch aufgrund der eigenen Erfahrung, was die Grünen gegen Hass im Netz planen.

Und NEOS, das sich im Wahlkampf ganz dem Thema Bildung verschrieben hat, thematisiert diese freilich auch in seinem letzten Spot – im Retrostil.