Stimmabgabe in Sachsen, Deutschland
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Trotz AfD-Rekorden

CDU gewinnt in Sachsen, SPD in Brandenburg

Fast 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung hat die rechtspopulistische AfD im Osten Deutschlands am Sonntag historische Ergebnisse eingefahren. Doch die CDU gewann die Landtagswahl in Sachsen trotz starker Gewinne der AfD klar, in Brandenburg konnte sich die SPD knapp vor den Rechtspopulisten behaupten.

In Sachsen erhielt die CDU dem amtlichen Endergebnis zufolge 32,1 Prozent der Stimmen (2014: 39,4 Prozent) und blieb trotz großer Verluste stärkste Kraft. Die AfD gewann viele Stimmen dazu und kam auf 27,5 Prozent (2014: 9,7), gefolgt von den Linken mit 10,4 Prozent (2014: 18,9) und den Grünen mit 8,6 Prozent (2014: 5,7 Prozent). Die SPD stürzte historisch schlecht ab auf 7,7 Prozent (2014: 12,4). Die FDP verpasste den Einzug in den Landtag mit 4,5 Prozent. Die genaue Verteilung der Mandate ist noch unklar.

In Brandenburg erzielte die SPD nach Auszählung aller Wahlkreise am Sonntagabend 26,2 Prozent (2014: 31,9) ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen in dem Bundesland. Die AfD wurde zweitstärkste Partei mit 23,5 Prozent (2014: 12,2). Die CDU landete mit Abstand auf Platz drei und kam auf 15,6 Prozent (2014: 23,0). Die Grünen legten auf 10,8 Prozent (2014: 6,2) zu. Die mit der SPD regierende Linke rutschte auf 10,7 Prozent (2014: 18,6) ab. Die FDP verpasste mit 4,1 Prozent (2014: 1,5) die Rückkehr ins Parlament. Die Freien Wähler kamen auf fünf Prozent (2014: 2,7) und ziehen diesmal ohne Hilfe von Direktmandaten in den Landtag ein. Wie auch bei der deutschen Bundestagswahl gilt die Fünfprozenthürde.

Jubel bei CDU Sachsen
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Kretschmer (2. v. l.) freut sich über das Ergebnis der CDU in Sachsen

Erste Reaktionen von Ministerpräsidenten

Nach Ansicht von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist das Ergebnis der Landtagswahl mit einer Botschaft verbunden. „Das freundliche Sachsen hat gewonnen“, sagte er am Sonntagabend in Dresden. Die Menschen in Sachsen hätten erkannt, dass es darauf ankomme, wer stärkste Partei werde und den Regierungsauftrag bekomme, fügte er mit Blick auf die von der CDU distanzierte AfD hinzu. „Das ist ein guter Tag für unser Land“, so Kretschmer: „Nun geht es darum, eine Regierung zu bilden, die gut für unser Land ist.“ Die Gespräche und Koalitionsverhandlungen dazu brauchten etwas Zeit. „Wir gehen mit Demut an die Arbeit“, so Kretschmer.

Landtagswahlen: CDU und SPD trotz AfD-Erfolges voran

Wie erwartet feierte die rechtspopulistische AfD große Erfolge bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wertete den Wahlsieg seiner Partei als Zeichen für den Wunsch nach Stabilität in dem Bundesland. „Ich bin froh, dass das Gesicht Brandenburgs ein freundliches Gesicht bleibt“, sagte Woidke in der ARD mit Blick auf das starke Abschneiden der AfD. „Die Herausforderungen sind nicht geringer geworden“, fügte er hinzu. Sowohl Kretschmer in Sachsen als auch Woidke in Brandenburg können voraussichtlich im Amt bleiben.

Scholz: „Wir können gewinnen“

SPD-Vizekanzler Olaf Scholz wertete in einer ersten Reaktion das gute Abschneiden der Sozialdemokraten in Brandenburg als das Resultat eines „erfolgreichen Ministerpräsidenten“ Woidke. Scholz sah auch Rückenwind für seine gemeinsame Bewerbung um den Parteivorsitz mit der brandenburgischen SPD-Direktkandidatin für die Landtagswahl, Klara Geywitz.

Jubel bei SPD Brandenburg
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Der deutsche SPD-Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (l.) applaudiert mit Parteikollegen zum Ergebnis in Brandenburg

„Ich freue mich unheimlich für die sozialdemokratische Partei: Wir können Wahlen gewinnen, das ist doch die Botschaft, die von heute ausgeht, und darum muss es auch in den nächsten Jahren immer wieder gehen.“ Mit dem Ergebnis der AfD könne aber niemand zufrieden sein, so Scholz. „Und deswegen wird alles in den nächsten Jahren darauf gerichtet sein, dafür zu sorgen, dass die wieder schwächer werden“, sagte er weiter.

AfD beansprucht Mitbestimmung

Damit blieb der in den Umfragen zumindest zeitweilig möglich erscheinende erstmalige Sieg der AfD bei einer Landtagswahl aus. Bei der Europawahl am 26. Mai war die AfD in Sachsen und Brandenburg stärkste Partei geworden. In Sachsen war das der AfD auch bei der Bundestagswahl 2017 gelungen. In den letzten Wochen vor der Wahl hatten aber die Regierungsparteien in den Umfragen gegenüber den Rechtspopulisten etwas verlorenes Terrain gutgemacht. Hier könnte der Amtsbonus zugunsten der Ministerpräsidenten eine Rolle spielen.

Die AfD bezeichnete ihre Wahlergebnisse als „großartigen Erfolg“ und meldete ihren Anspruch auf politische Mitbestimmung an. „Es wird keine Politik um uns herum mehr möglich sein“, sagte der AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg, Andreas Kalbitz, am Abend. Die AfD sei „gekommen, um zu bleiben“. Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sprach von einem „hervorragenden Ergebnis“. In Sachsen hätten 60 Prozent der Menschen konservativ gewählt, und diesen Wählerwillen zu ignorieren wäre „undemokratisch“, sagte sie mit Bezug auf die Aussage der Sachsen-CDU, die eine Regierungskoalition mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen hatte.

Dietmar Woidkebei der Stimmabgabe
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Woidke bei seiner Stimmenabgabe in Brandenburg

AfD-Chef Alexander Gauland sagte, die Partei sei mit den Ergebnissen in beiden Bundesländern sehr zufrieden, jedoch sei die AfD nicht stärkste Kraft geworden. „Insofern beginnt die Arbeit jetzt erst.“ Kochef Jörg Meuthen meinte, die AfD sei „keine radikale und keine extreme Partei“. Eine Zusammenarbeit mit der AfD haben alle in den beiden Parlamenten vertretenen Parteien allerdings abgelehnt.

Wahlbeteiligung ungewöhnlich hoch

Auffällig ist, dass die Wahlbeteiligung deutlich höher ausfiel als gewöhnlich. In Sachsen lag sie laut ARD bei 65 Prozent und damit viel höher als 2014: Damals waren nur gut 49 Prozent der Wählerinnen und Wähler an die Urnen gegangen. In Brandenburg lag die Wahlbeteiligung laut ARD bei 60,5 Prozent – gegenüber 47,9 Prozent vor fünf Jahren.

Birgit Schwarz zur Wahl in Sachsen und Brandenburg

ORF-Korrespondentin Schwarz berichtet, was die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg für die Koalition in Berlin bedeuten.

Im Bundesländervergleich waren bei den jeweils vergangenen Landtagswahlen nirgendwo so wenige Wahlberechtigte zu den Urnen gegangen wie in Brandenburg und Sachsen. Welchen Parteien die höhere Wahlbeteiligung nutzte, müssen die genaueren Analysen zeigen. Aus ihnen wird auch ersichtlich werden, welche Wählerwanderungen stattfanden.