Studie: Nur 21 Prozent fliehen aus wirtschaftlicher Not

Konflikte und Verfolgung haben einer Studie des deutschen Ifo-Instituts zufolge Mitte des Jahrzehnts deutlich mehr Menschen zur Flucht nach Europa getrieben als wirtschaftliche Motive. Die Münchner Forscher und Forscherinnen analysierten Befragungsdaten von Geflüchteten, die sich 2015 und 2016 auf der Flucht befanden.

77 Prozent der Befragten geben Konflikte im Heimatland als Hauptursache an, aber nur 21 Prozent wirtschaftliche Gründe. Zwei Prozent nennen in der heute veröffentlichten Studie Naturkatastrophen oder andere Gründe.

Fluchtgrund je nach Herkunftsort anders

„Anders als oft angenommen zeigen wir, dass die Flüchtlinge vor den Konflikten, die 2015 und 2016 über das Mittelmeer kamen, besser ausgebildet sind als der jeweilige Durchschnitt in ihren Ursprungsländern“, sagt Ifo-Migrationsforscher Panu Poutvaara. Er hat gemeinsam mit Koautor Cevat Giray Aksoy von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung die Antworten von Menschen ausgewertet, die Mitte des Jahrzehnts über die Mittelmeer-Routen in Europa ankamen.

Ihre Motivation, das Heimatland zu verlassen, war demnach sehr unterschiedlich, je nachdem woher die Geflüchteten stammten: Mehr als 90 Prozent der Befragten aus Afghanistan, dem Irak, Somalia, dem Sudan und Syrien flohen aufgrund von Konflikten in ihrem Heimatland, während dieses Motiv für weniger als zehn Prozent der Befragten aus Algerien und Marokko entscheidend war.

Daten von 22.000 Geflüchteten analysiert

Insgesamt wurden Daten von fast 22.000 Geflüchteten ab 14 Jahren analysiert: Dabei wurden Flüchtlinge in europäischen Transitländern wie Griechenland, Italien, Nordmazedonien, Kroatien und Bulgarien befragt. Die Rücklaufquote der Befragung war laut Ifo mit 97,5 Prozent relativ hoch.

Dass die Befragten bei den Hauptursachen ihrer Flucht keine „strategischen Antworten“ gegeben hätten, sei beispielsweise daran abzulesen, dass 89 Prozent der befragten Marokkaner wirtschaftliche Ursachen als Anlass für ihre Flucht angegeben hätten. „Die Studiendaten sind anonymisiert. Die Befragten hatten also keinen Grund, falsche Angaben zu machen“, sagte Ifo-Experte Poutvaara.