Designierte EU-Kommissionschefin Van der Leyen
APA/AFP/Ludovic Marin
EU-Kommission

Von der Leyens Großbaustellen

Die heftig umkämpfte Verteilung der Aufgabengebiete unter den Kommissarskandidaten und -kandidatinnen ist vorbei. Stimmt das Parlament der neuen Kommission zu, warten auf die künftige EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihr Team einige Großbaustellen.

Klima: Europa soll nach den Plänen der designierten deutschen Kommissionschefin bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Von der Leyen will dazu in ihren „ersten 100 Tagen im Amt“ ein entsprechendes Gesetz vorlegen. Das EU-Etappenziel bei der Verringerung von Treibhausgasen bis 2030 will sie von 40 Prozent auf 50 bis 55 Prozent erhöhen. Statt auf eine CO2-Steuer setzt von der Leyen dabei auf die Ausweitung des Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude.

Migration: Von der Leyen will einen neuen Anlauf bei der seit Jahren festgefahrenen EU-Asylreform nehmen. Bisherige Pläne der Mitgliedsstaaten, zum besseren Außengrenzschutz die EU-Behörde Frontex bis 2027 auf 10.000 Beamte auszubauen, hält sie für nicht ehrgeizig genug. Sie will das schon bis 2024 umsetzen. Bei der umstrittenen Seenotrettung im Mittelmeer will die künftige Kommissionschefin „eine dauerhaftere Antwort“ der EU und nicht wie bisher „Einzelfalllösungen“.

Handelskonflikt mit Trump: US-Präsident Donald Trump wirft der EU bei einer Reihe von Produkten eine unfaire Handelspolitik vor. Nach Strafzöllen auf Stahl und Aluminium droht er den Europäern seit dem vergangenen Jahr auch mit Aufschlägen auf Autoeinfuhren in die USA. Beide Seiten führen inzwischen aber Gespräche über ein umfassendes Handelsabkommen. Im Mai verschob Washington deshalb die Entscheidung über Autozölle um sechs Monate. Neue Frist ist nun Mitte November.

Mehrjähriger EU-Haushalt: Bis spätestens Ende 2020 muss sich die EU auf einen neuen Finanzrahmen für die Zeit von 2021 bis 2027 einigen. Von der Leyens Kommission muss für das über eine Billion Euro schwere Siebenjahresbudget einen Vorschlag vorlegen, der die weit auseinanderliegenden Interessen der Mitgliedsstaaten und die Einnahmeausfälle durch Großbritanniens EU-Austritt berücksichtigt. Besonders umstritten sind Forderungen von Nettozahlern wie Deutschland, Zahlungen künftig an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen.

Brexit: Der britische EU-Austritt ist der große Unsicherheitsfaktor vor von der Leyens Amtsantritt am 1. November. Bisher ist unklar, ob die Briten am 31. Oktober mit oder ohne Abkommen mit der EU austreten oder ob der Brexit erneut verschoben werden muss. Je nach Entwicklung hat von der Leyen eine EU mit 27 oder 28 Mitgliedern zu führen: Entweder muss sie dann vorerst weiter mit London um die Austrittsmodalitäten ringen oder nach dem Brexit umfangreiche Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit den Briten starten.