Szene aus „Die Bakchen“ von Euripides
Burgtheater/Andreas Pohlmann
Burgtheater-Premiere

Ära Kusej startet mit viel Applaus

Mit Bravorufen und viel Applaus ist am Donnerstagabend im Burgtheater nach dreieinhalb Stunden die erste Premiere der Direktion von Martin Kusej zu Ende gegangen. Mit seiner Inszenierung der „Bakchen“ des Euripides präsentierte der deutsche Regisseur Ulrich Rasche sein auf rhythmisches Sprechen und ständige Bewegung konzentriertes, technisch extrem aufwendiges Theaterkonzept erstmals in Wien.

Der Gott Dionysos (Franz Pätzold) steigt nach Theben herab. Er sinnt auf Rache. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben seine Göttlichkeit in Zweifel gezogen. Mit Orgien will er die Ordnung in der Stadt ins Wanken bringen. Thebens Herrscher Pentheus (Felix Rech) versucht, den Gott mit Gewalt und Militär zu vertreiben – was sich als folgenschwerer Fehler erweist. Der skrupellose Gott bringt Pentheus’ Mutter und die anderen Bachantinnen dazu, den Sohn und Herrscher brutal zu ermorden.

Regisseur Rasche und Dramaturg Sebastian Huber konzentrieren und komprimieren das Geschehen auf drei in Höhe und Neigung verstellbare Laufbänder. „Maschinentheater“ nennt sich das, was Rasche auf die Bühne bringt. Dabei werden Sprache, Bewegung und Musik synchronisiert und einem Rhythmus unterworfen. Die Chorszenen und die Konfrontation der Protagonisten untermalt Rasche mit Bass, Percussion und dramatischer Streichmusik – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Szene aus „Die Bakchen“ von Euripides
Burgtheater/Andreas Pohlmann
Rasches „Maschinentheater“ eröffnete die Saison am Burgtheater

Weg vom Nationaltheater

„Die Bakchen“, das 406 vor Christus uraufgeführte Stück über den Einbruch des Irrationalen in die aufgeklärte Gesellschaft, steht nicht zufällig am Beginn der Burgtheater-Direktion von Kusej. Mit seinem Spielplan will er zur politischen Gegenwart Stellung beziehen. Daneben hat Kusej Mehrsprachigkeit zum Grundpfeiler seiner Direktion erklärt.

Szene aus „Die Bakchen“ von Euripides
Burgtheater/Andreas Pohlmann
Szene aus „Die Bakchen“: Rasche unterlegt das Bühnengeschehen mit Bass, Percussion und dramatischer Streichmusik

„Deutsch soll die primäre Bühnensprache bleiben“, so Kusej im Interview mit Ö1. An das Publikum appellierte er, „dass man sich darauf einlässt, etwas Neues zu hören, was Fremdes, Unverständliches, Irritierendes. Vorgänge, die für mich mit Rezeption von Kunst zu tun haben.“

TV-Hinweis

Burgtheater-Direktor Kusej ist am Montag ab 22.30 Uhr in ORF2 zu Gast in „kulturMontag“.

„Und es wäre interessant, dem Publikum eine solche Vorgabe zu geben und zu sagen: ‚Bitte versucht damit klarzukommen!‘ Ich denke, dass wir nicht weiterkommen, wenn wir uns einigeln, wenn wir uns zurückziehen und vom Burgtheater-Deutsch und Nationaltheater sprechen“, so Kusej weiter – mehr dazu in oe1.ORF.at. Den Begriff „Burg“ lehnt er ab. Dieser erinnere ihn zu sehr an Festung. Sein Haus solle offen sein für die Menschen in der Stadt.

Nächste Premiere am Freitag

Bereits am Freitagabend folgt, programmatisch passend, die nächste Premiere: Am kleinen Haus, dem Akademietheater, inszeniert Itay Tiran „Vögel“ von Wajdi Mouawad. In dem Stück über den Nahost-Konflikt werden vier Sprachen gesprochen. Der kanadisch-libanesische Autor hat eine Art Romeo-und-Julia-Geschichte zwischen einem deutschen Juden und einer Amerikanerin mit arabischen Wurzeln geschrieben. Von 2011 bis Juli 2019 leitete Kusej das Münchner Residenztheater. In Wien folgte er Karin Bergmann, die das Burgtheater nach dem Finanzskandal stabilisiert hatte.

„Ein Gefühl, gespeist von Erinnerungen“

Der 1961 geborene Kusej ist Kärntner Slowene. Seine Kindheit verbrachte er in Globasnitz. Heimat sei für ihn kein Ortsgefühl. „Es ist ein Gefühl, gespeist von Erinnerungen und Gefühlen der Kindheit. Man kann dieses Gefühl später wiederfinden, völlig egal wo, weit weg, außerhalb von Kärnten oder außerhalb von Europa" – mehr dazu in kaernten.ORF.at.