ORF-Studio
ORF/Thomas Ramstorfer
Vor „Elefantenrunde“

Eckdaten zu zentralen Themen

Im Wahlkampf versuchen die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten, ihre Argumente mit Daten und Fakten zu untermauern. Entsprechend unterschiedlich sind oft die Zahlen, die ins Treffen geführt werden. Als Orientierungshilfe im Wahlkampf-Datendschungel hat ORF.at einige Kennzahlen zu den zentralen Themen Klimaschutz, Verkehr, Migration, Wohlstand und Pensionen zusammengestellt.

Generell gilt: Die Politik entscheidet in der Regel auf Grundlage von Prognosen, mit denen Auswirkungen neuer Gesetze und Regeln abgeschätzt werden. Hier gibt es oft sehr unterschiedliche Szenarien, aus denen Politikerinnen und Politiker wählen können. Anders als bei Studien, die nur mit Daten aus der Vergangenheit arbeiten, stehen und fallen Prognosen mit der Richtigkeit der in mathematischen Modellen errechneten Eckdaten – etwa der angenommenen Konjunkturentwicklung.

Einige Themen, die auch diesen Wahlkampf dominierten, sind Fixstarter jeder Wahlauseinandersetzung. Dazu gehören vor allem die Themen Verkehr, die Sicherung bzw. Finanzierung der Pensionen, aber auch die verschiedenen Aspekte von Wohlstand und Vermögensverteilung. Die FPÖ hat auch diesmal wieder das Thema Migration und Asyl auf die Tagesordnung gesetzt, wenn es auch für freiheitliche Verhältnisse eher im Hintergrund blieb. Die ÖVP ließ das Thema, auf das sie 2016 noch voll gesetzt hatte, weitgehend aus. Am auffälligsten war sicherlich, dass das Thema Umwelt- und Klimaschutz erstmals eine so zentrale Rolle einnahm.

1. Klimaschutz: Treibhausgasemissionen zu hoch

Hitzerekorde, Extremwetterereignisse und nicht zuletzt die „Fridays for Future“-Bewegung machten Klimaschutz zu einem der Hauptthemen im Wahlkampf. Die Lösungsansätze der Parteien reichen von der Einführung einer CO2-Steuer bis zur Idee, Österreich zur „Wasserstoffnation Nummer eins“ zu machen. Fakt ist: Österreich bleibt von der Klimakrise nicht verschont. Laut Umweltbundesamt hat sich die Temperatur hierzulande seit vorindustrieller Zeit nicht nur wie im weltweiten Durchschnitt um ein, sondern sogar um zwei Grad erhöht.

Grafik zu Treibhausgasemissionen
Grafik: ORF.at; Quelle: Umweltbundesamt
Bereits 2020 sollen statt der derzeitigen 50,6 Millionen Tonnen nur noch 47,8 Mio. emittiert werden

Auch die Emission von Treibhausgasen (THG) ist in Österreich nach wie vor zu hoch. Ende Juli teilte das Umweltbundesamt auf Basis einer Nahprognose mit, dass in Österreich im vergangenen Jahr rund 50,6 Millionen Tonnen emittiert wurden – mit Emissionshandel sogar 79,1 Millionen Tonnen. Hält diese Prognose, würden die Emissionen damit zum ersten Mal seit drei Jahren sinken – weil als Gründe unter anderem ein milder Winter angeführt wurden, sehen Umweltorganisationen aber keinen langfristigen Wandel. Auch ein Blick zurück scheint das zu bestätigen: Seit 1990 konnten die Emissionen nicht signifikant gesenkt werden.

TV-Hinweis

ORF2 zeigt die Runde der sechs Spitzenkandidatinnen und -kandidaten ab 20.15 Uhr.

Stärkster CO2-Anstieg auf Straße

Doch sofern Österreich die vorgegeben Klimaziele der EU erreichen will, müssen die Emissionen gesenkt werden – und zwar gegenüber 2005 um rund 36 Prozent bis 2030. Wird das Ziel nicht erreicht, drohen nicht nur ein Vertragsverletzungsverfahren mit der EU, sondern auch Strafzahlungen über sechs Milliarden Euro.

Die größten Verursacher von Treibhausgasemissionen sind dabei die Sektoren Energie und Industrie. Durch den Einsatz von effizienteren Kraftwerken und erhöhter Produktion aus erneuerbaren Energieträgern konnte seit 1900 zwar ein minimaler Rückgang erreicht werden, doch im Verkehrssektor sind die Treibhausgasemissionen nach wie vor im Steigen: Sie wuchsen zwischen 2000 und 2016 um fast 25 Prozent – 2016 erreichte der Verkehrssektor dann einen Ausstoß von 23 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten.

2. Verkehr: Das Auto bleibt wichtig

Und die Bedeutung des Autos scheint in Österreich auch nicht nachzulassen. Zum Stichtag 31.12.2018 waren rund 6,9 Mio. Kraftfahrzeuge zum Verkehr zugelassen, um 1,8 Prozent mehr als im Jahr davor. Der Löwenanteil davon waren Pkws: fast fünf Millionen. Im Jahr 2017 kamen 555,2 auf 1.000 Einwohner. Ein stetiger Anstieg, wie der Vergleich zeigt: 2008 waren es noch 514,3. Im vorigen Jahr ging die Zahl der Neuzulassungen zurück, bei den Pkws um 3,5 Prozent. Allerdings: Diese Zahl war (nach Rekordwerten von 2017 und 2011) immer noch die dritthöchste jemals gemessene.

Grafik zum Autobestand in Österreich
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Statistik Austria

Dabei wird ein starkes Stadt-Land-Gefälle schlagend: Laut der 2016 herausgegebenen Konsumerhebung der Statistik Austria (diese findet nur alle fünf Jahre statt) haben in kleinen Orten 89 von 100 Haushalten einen Pkw und gleich 38 mehrere Autos. In Wien haben dagegen 58 Prozent der Haushalte ein Auto und nur neun Prozent mehr als einen Wagen.

Österreicher sind Fans der Bahn

Was das Reisen betrifft, verspürt Österreich eher keine Flugscham: Die Zahl der per Flugzeug beförderten Personen steigt von Jahr zu Jahr. 2018 waren es 28.953.976 Menschen, die auf den österreichischen Flughäfen ankamen, abflogen oder transitierten (mit in- und ausländischen Airlines).

Die gute Nachricht findet sich beim klimafreundlichen Verkehr: In der EU trägt Österreich den Titel „Bahnland Nummer eins“ zu Recht. Nur in der Schweiz reist man laut der österreichischen Regulierungsbehörde Schienen-Control noch häufiger. Die Zahl der Reisenden im Personenverkehr lag 2018 bei 309,9 Millionen Fahrgästen (2017: 290,6 Mio.), der überwiegende Anteil war mit den ÖBB unterwegs. Im Schnitt fuhr im Vorjahr jede Österreicherin bzw. jeder Österreicher 1.505 Kilometer mit dem Zug. Die Zahl der beförderten Personen stieg zudem in den vergangenen Jahren auch laut Statistik Austria kontinuierlich.

3. Flucht und Migration: Auf und Ab bei Einbürgerungen

Ist die Zahl der Einbürgerungen in den letzten Jahren tatsächlich gestiegen? Wie sehen die aktuellen Asyldaten aus? Laut Statistik Austria wurden 2008 10.258 Personen eingebürgert, im letzten Jahr waren es 9.355. In den Jahren dazwischen bewegte sich die Zahl zwischen 6.135 (2010) und 9.125 (2017). Die meisten stammen aus europäischen Drittstaaten inklusive Türkei, dann kommt die EU. Flüchtlinge im Sinn der Genfer Konvention sind mit 11,60 Prozent (1.086) in der Minderheit, Frauen in der Mehrheit (5.075).

Mit Stand Juli gab es laut Innenministerium 477.074 gültige Aufenthaltsgenehmigungen („Aufrechte Aufenthaltstitel“) für Personen aus Drittstaaten, wobei die weitaus meisten (66.642) für Kinder von null bis sechs Jahren gelten, gefolgt von der Gruppe der 30- bis 34-Jährigen. Bei den Herkunftsländern liegt die Türkei (22,76 Prozent) vor Serbien (21,99) und Bosnien-Herzegowina (19,43). Frauen liegen knapp vor Männern.

Die wichtigsten Zahlen zu Flucht und Asyl

Stichworte Flucht und Asyl: Nach Zahlen des Innenministeriums wurden im letzten Jahr 13.746 Anträge auf Asyl in Österreich gestellt – gegenüber 2017 (24.735) ein Minus von 44,43 Prozent. Die höchsten Zahlen waren während der Flüchtlingskrise 2015 mit 88.340 und 2016 mit 42.285 Anträgen registriert worden. Seither geht die Zahl zurück.

Grafik zu Asylanträgen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: BMI

Die meisten Antragsteller und Antragstellerinnen kamen im Vorjahr aus Syrien (24 Prozent), Afghanistan (15 Prozent) und dem Iran (acht Prozent). Die deutliche Mehrheit der Asylwerber (60,36 Prozent) waren Männer. Das war auch während der Flüchtlingskrise 2015 (72,3 Prozent männlich, 27,7 Prozent weiblich) schon so gewesen. Von Jänner bis Juli gab es in 29.367 Fällen 8.246 positive und 18.585 negative Entscheidungen.

Von wegen mehr Hilfe „vor Ort“

Von allen Parteien wird „Hilfe vor Ort“ als Strategie gegen Flucht bzw. Migration ins Treffen geführt: Österreich hält am Ziel fest, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Entwicklungszusammenarbeit (EZA) zu investieren. Faktisch liegt der Betrag unter der Hälfte und ist seit 2015 gesunken. Im Vorjahr waren es laut Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OECD) 0,26 Prozent.

4. Wohlstand: Vermögen vs. Sozialleistungen

Österreich hat eine der höchsten Vermögensungleichheiten in Europa. Das reichste Prozent der Haushalte in Österreich besitzt fast ein Viertel des Vermögens, vier Prozent die Hälfte, die obersten zehn Prozent mehr als die restlichen 90 Prozent der Bevölkerung gemeinsam, heißt es in der zu Jahresbeginn publizierten Studie „Household Finance and Consumption Survey (HFCS 2017)“ der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

Grafik zur Vermögensverteilung
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/OeNB/AK

Allerdings hat das wenig mit der Ungleichheit von Wohlstand zu tun, sondern einerseits mit der Tatsache, dass es in Österreich mit 46 Prozent vergleichsweise wenige Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer gibt. Das Angebot an Mietwohnungen ist groß, was dazu führt, dass sich viel leichter kleine Haushalte bilden können – und verglichen werden in der Studie die Vermögen der Haushalte. In Wien etwa liegt der Anteil der allein lebenden Personen bei über 50 Prozent.

Ein zweiter wichtiger Grund für die Vermögensungleichheit ist der vergleichsweise ausgeprägte Sozialstaat: Je umfangreicher die Sozialleistungen sind, desto unwichtiger ist das private Vermögen. Rein rechnerisch würde sich die Vermögensungleichheit durch einen Abbau des Sozialstaats sogar verringern.

Steuerquote im Spitzenfeld

Das dichte Sozialnetz beschert Österreich eine Steuer- und Abgabenquote von 41,8 Prozent – nur in sechs OECD-Ländern lag diese 2017 höher, der Durchschnittswert betrug 34,2 Prozent. Höhere Sozialbeiträge hebt überhaupt nur Frankreich ein – würde Österreich diese auf das Durchschnittsniveau der OECD-Länder senken, käme das einer Reduktion um rund 20 Milliarden Euro gleich. Vermögenssteuern dagegen bringen hier nur ein Prozent der Einnahmen, im OECD-Schnitt sind es sechs Prozent.

Die EU-Kommission empfiehlt Wien folglich schon länger die Umverteilung der Steuerlast – weg von den lohnbezogenen Abgaben hin zu „wachstumsfreundlicheren Einnahmequellen“. Eine höhere Grundsteuer oder die Wiedereinführung der Erbschafts- und Vermögenssteuer könnten 2,7 bis 6,3 Mrd. Euro einbringen. Außerdem verweist der Länderbericht darauf, dass Steuern auf Unternehmensgewinne in Österreich vergleichsweise wenig Geld einbringen.

5. Pensionen: Dauerfrage Finanzierung

Bei den Pensionen wird seit vielen Jahren immer wieder davor gewarnt, dass diese nicht mehr finanzierbar sein werden. Hintergrund ist im Wesentlichen die Grundsatzfrage, ob private Vorsorgemodelle auf Kosten des Umlagensystems gestärkt werden sollen. Gewarnt wird in diesem Zusammenhang vor allem davor, dass immer mehr Pensionistinnen und Pensionisten zu wenigen aktiven Beitragszahlenden gegenüberstehen.

Tatsächlich gab es seit den 1990er Jahren mehrere Pensionsreformen, die die Kostensteigerung einbremsten – und teilweise beginnen diese erst in den nächsten Jahren voll zu wirken (vor allem Reformen des Jahres 2012). Die Zahl der Beitragszahler erhöht sich dadurch, und die Pensionsleistungen werden langsamer steigen, wie auch die Pensionskommission in ihrem Gutachten festhielt.

Pensionsquote leicht „verbessert“

Anders als landläufig oft angenommen, entwickelt sich die Pensionsquote – das Verhältnis zwischen Pensionisten und Aktiven – stabil, geht aus dem Gutachten hervor. Sie hat sich seit 2009 sogar „verbessert“: Kamen 2009 auf 1.000 Pflichtversicherungen 624 Pensionen, so waren es 2018 nur 597 – und die Quote soll bis 2021 nur leicht auf 599 steigen.

Die Zahl der Pensionistinnen und Pensionisten stieg in den letzten Jahren leicht von 2,1 Millionen 2015 auf 2,3 Millionen 2017. Diese Zahl ist niedriger als die Anzahl der Pensionen. Der Grund: Mehr als 300.000 Menschen beziehen mehr als eine Pension.

Grafik zu Pensionen
Grafik: ORF.at; Quelle: Sozialministerium

Ausgaben, Einnahmen und die Rolle des Bundes

Der Großteil des Geldes für die Pensionen kommt aus den Beiträgen, freilich muss der Staat jährlich Milliarden zuschießen. 2018 floss ein Viertel der Bundesausgaben für Soziales (Gesundheit, Arbeit, Soziales und Familie) in Pensionen. Zählt man die Beamtenpensionen dazu, so ist es fast die Hälfte des Sozialbudgets bzw. fast ein Viertel der Gesamtausgaben des Bundes.

Die Pensionsversicherungsanstalt allein – sie ist für die ASVG-Pensionen und damit für den größten Teil der Pensionen zuständig – nahm im Vorjahr 27,7 Mrd. durch Beiträge ein. 3,2 Mrd. kamen aus dem Bundesbudget, dazu kommt eine Ausfallshaftung. Dem standen 2018 reine Pensionsauszahlungen von 31,7 Mrd. Euro gegenüber (dazu kamen 2,7 Mrd. für Medizinkosten von Pensionisten sowie Kuren, Rehas). Für alle Pensionen – ASVG, Gewerbliche, Selbständige, Bauern und Beamte – gab der Bund im Vorjahr laut Budgetvoranschlag 18,6 Mrd. aus, 9,2 für Beamte, 9,6 als Zuzahlungen in die anderen Kassen.

Aufwand steigt stärker als Einnahmen

Die Gesamtaufwendungen des Bundes für Pensionen (ohne Beamte) steigen von 7,6 Mrd. (2009) auf 10,7 Mrd. (2019) und 12,4 Mrd. (2021). Die Einnahmen (im Wesentlichen Beiträge) der Pensionsversicherungen steigen im gleichen Zeitraum ebenfalls deutlich: von 23,2 über 33,7 auf 36,1 Mrd.

Der Aufwand für Pensionen wird laut Pensionskommission bis 2021 jährlich mit 3,91 Prozent stärker ansteigen als das angenommene BIP (3,34 Prozent). Der Bundesanteil wird im gleichen Zeitraum um 5,57 Prozent steigen. Das erhöht den Anteil der Pensionsausgaben am Bundesbudget auf leicht über 25 Prozent.