Donald Trump
AP/Carolyn Kaster
Angriffe auf Ölanlagen

Trump will Konflikt mit Iran „vermeiden“

Nachdem US-Präsident Donald Trump dem Iran erst gedroht hatte, hat er am Montagabend seine scharfen Worte zu den Angriffen auf die saudi-arabischen Ölanlagen etwas abgeschwächt: Er wolle einen militärischen Konflikt mit dem Iran „sicherlich vermeiden“, sagte Trump am Montag im Weißen Haus. Er bekundete allerdings zugleich seine Bereitschaft, Saudi-Arabien nach diesen Attacken zu „helfen“.

Außerdem ließ der US-Präsident es sich nicht nehmen, auf die Militärkraft der USA hinzuweisen. „Das war ein sehr großer Angriff. Er könnte von unserem Land sehr leicht mit einem viel, viel größeren Angriff erwidert werden“, hielt sich Trump schließlich alle Optionen offen. US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte zuvor die Entschlossenheit seiner Regierung bekundet, die internationale Ordnung zu „verteidigen“. Esper schrieb am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter, Beratungen von Regierung und Militär der USA mit internationalen Partnern über eine Antwort auf diese „beispiellosen“ Attacken seien im Gange.

Der Pentagon-Chef beschuldigte Teheran, damit „die internationale, auf Regeln basierende Ordnung“ zu untergraben. Esper hatte zuvor am Montag nach eigenen Angaben im Weißen Haus mit Präsident Trump über die Angriffe gesprochen. Trump hatte am Vortag noch dem Iran mit militärischer Vergeltung gedroht. Die USA stünden mit „geladener“ Waffe bereit, twitterte er. Die Vereinigten Staaten seien mehr als jedes andere Land auf einen Konflikt vorbereitet.

„Müssen herausfinden, wer es getan hat“

Die US-Regierung macht Teheran für die Angriffe auf die zwei Ölanlagen des Staatskonzerns Saudi Aramco am Samstag in der saudischen Wüste verantwortlich. Nach der Ansicht Trumps deute vieles auf den Iran als Urheber hin. „Es sieht danach aus“, sagte Trump, fügte aber hinzu, dass Untersuchungen andauerten. „Wir müssen definitiv herausfinden, wer es getan hat“, sagte Trump. US-Außenminister Mike Pompeo erklärte vorab: „Der Iran hat einen beispiellosen Angriff auf die globale Energieversorgung verübt.“

Der Iran weist das scharf zurück. Das Land unterstützt jedoch die Huthi-Rebellen im Bürgerkriegsland Jemen, die bereits die Verantwortung für die Bombardierung übernommen haben. Sie hatten Saudi-Arabien auch bisher schon öfters angegriffen, aber nicht so schwer.

Riad schaltet internationale Ermittler ein

Denn am Wochenende trafen gleich mehrere Einschläge das Zentrum der saudischen Ölindustrie im Nordosten des Landes. Zu den genauen Schäden schwieg sich die Führung in Riad bisher aus. Damit erreicht der Konflikt des saudischen Königreichs mit seinem schiitischen Erzfeind Iran auf der anderen Seite des Golfs eine neue Eskalationsstufe.

Saudi-Arabien will nun internationale Experten in die Ermittlungen einbeziehen. Auch Vertreter der Vereinten Nationen sollen sich daran beteiligen. „Erste Untersuchungen zeigen, dass iranische Waffen bei den Anschlägen eingesetzt wurden“, hieß es aus dem saudischen Außenministerium. Nun werde geklärt, wer der Täter sei.

Der oberste Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, schloss am Dienstag „jegliche Verhandlungen mit den USA“ aus. Es sei die „einhellige Meinung aller Verantwortungsträger“ in Teheran, dass Verhandlungen „auf allen Ebenen“ nicht infrage kämen, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung Chameneis auf seiner offiziellen Homepage. Die Politik des „maximalen Drucks“ von Trump gegen die „iranische Nation“ sei „wertlos“. Sollten die USA jedoch zum internationalen Atomabkommen von 2015 zurückkehren, könnten sie sich „multilateralen Gesprächen zwischen dem Iran und den anderen Vertragsparteien anschließen“.

Rouhani verteidigt Jemen

Der iranische Präsident Hassan Rouhani verteidigte unterdessen die Angriffe, die, wie er meint, aus dem Jemen kämen. „Es ist legitim für die Jemeniten, sich gegen die Vernichtung ihres Landes zu wehren und die Flut der amerikanischen Waffenlieferungen an die Saudis zu erwidern“, sagte Rouhani am Montag in Ankara.

Brand in Saudi Arabien
Reuters/Planet Labs Inc
Über den angegriffenen Ölanlagen von Saudi Aramco stieg dichter Rauch auf

Alle redeten von Raffinerie und Öl, statt über den Krieg und die menschliche Katastrophe im Jemen zu sprechen. Die einzige Lösung für den Jemen sei ein Ende des brutalen Kriegs und der Leiden der Menschen. Der Friedensprozess für Syrien könnte auch für den Jemen als Muster dienen, so der iranische Präsident am Rande des Syrien-Gipfels mit seinen Kollegen aus der Türkei und Russland.

Zu Vorwürfen der USA, dass der Iran an den Drohnenangriffen auf die größte Ölraffinerie in Saudi-Arabien beteiligt gewesen sei, äußerte sich Rouhani nicht. Schon zuvor hatte das Außenministerium in Teheran die Vorwürfe als absurd zurückgewiesen. „Weil die US-Politik des maximalen Drucks auf den Iran gescheitert ist, sind die Amerikaner nun auf die der maximalen Lügen umgestiegen“, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Was im Jemen passiere, sei einfach nur der Widerstand der Jemeniten „gegen die Kriegsverbrechen der von den Saudis angeführten Militärkoalition“.

Drohnenabschussort unklar

Die Huthi-Rebellen kontrollieren große Teile des Bürgerkriegslandes Jemen und haben die international anerkannte Regierung aus der Hauptstadt Sanaa vertrieben. Saudi-Arabien unterstützt aber die jemenitische Regierung und bombardiert die Rebellen aus der Luft, weil sie den Verbündeten des Iran von ihrer Grenze vertreiben wollen. Die Huthis wiederum greifen das Königreich immer wieder mit Raketen und Drohnen an. Dabei trafen sie schon früher wichtige Ölinfrastruktur.

Die jetzt getroffenen Einrichtungen liegen rund 800 Kilometer von der Grenze zum Jemen entfernt. Trotzdem könnten die Huthi-Rebellen in der Lage sein, die Anlagen von Saudi Aramco anzugreifen. Sie verfügen mittlerweile über die Drohne „Samad-3“, die sie im vergangenen Sommer präsentiert hatten und die sogar noch größere Entfernungen zurücklegen können soll.

Saudi-Arabien bekräftigte am Montag, für die Angriffe hätten die Huthis iranische Waffen eingesetzt – und zwar Drohnen des Typs „Ababil“. Die Huthis besitzen mit der „Kasef-1“ ein unbemanntes Flugzeug, das nach Ansicht der UNO mit der „Ababil“ nahezu identisch ist. Allerdings: „Ababil“ und „Kasef-1“ verfügen nur über eine Reichweite von 100 bis 150 Kilometern. Der saudische Militärsprecher fügte hinzu, die Drohnen seien aber nicht von jemenitischem Boden abgefeuert worden. Bewiesen ist das nicht.

Internationale Akteure warnen vor voreiligen Schlüssen

Andere internationale Akteure warnten vor voreiligen Schuldzuweisungen. „In Abwesenheit einer überzeugenden Untersuchung Schlüsse darüber zu ziehen, wer die Verantwortung tragen sollte, könnte an sich unverantwortlich sein“, sagte etwa die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, am Montag.

Brand in Saudi Arabien
Reuters/
Der Rauch zog bis in bewohnte Gebiete

Reaktionen müssten auf internationaler Ebene erfolgen, zuvor müssten aber alle Fakten auf dem Tisch liegen, hieß es auch vonseiten der EU, Großbritanniens und Deutschlands. „In der Frage der Verantwortung ist das Bild nicht eindeutig“, meinte etwa der britische Außenminister Dominic Raab. Deutschland mahnte zu „Besonnenheit“ und forderte, Fakten zu sammeln, um ein „klares Lagebild“ zu erhalten. Russland bezeichnete von den USA ins Augen gefasste Vergeltungsmaßnahmen als „inakzeptabel“.

Kreml-Chef Wladimir Putin bot Saudi-Arabien unterdessen russische Waffen zum Kauf an. „Wir sind bereit, Saudi-Arabien angemessen zu unterstützen“, sagte er am Montag bei einem Gipfel im türkischen Ankara. Der Präsident verwies dabei auf die Raketenabwehrsysteme S-300 und S-400. Diese Waffen „werden zuverlässig jede Infrastruktur in Saudi-Arabien schützen“. Das Land sollte aber selbst wählen zwischen S-300 und dem neueren Nachfolgemodell S-400.

Ölpreis deutlich gestiegen

Der Ölpreis reagierte am Montag prompt auf die unsichere Situation auf der arabischen Halbinsel. Die Preise stiegen so stark wie seit dem Golfkrieg Anfang der 1990er Jahre nicht mehr. Viele Investoren brachten ihr Geld in Sicherheit. Die Nordsee-Sorte Brent verteuerte sich in der Spitze um 19,5 Prozent auf 71,95 Dollar je Barrel (159 Liter). Im Tagesverlauf bröckelte der Ölpreis aber wieder ab, nachdem mehrere Länder angekündigt hatten, strategische Reserven freizugeben. Mit 66,52 Dollar lag er nur noch gut zehn Prozent im Plus und notierte so hoch wie seit vier Monaten nicht mehr.

Ölschock nach Angriff auf Saudi-Arabiens Förderanlagen

Der Rohölpreis schellte zeitweise um knapp 20 Prozent in die Höhe, hat sich aber wieder etwas abgeschwächt.

Leichtes US-Öl verteuerte sich ebenfalls um etwa zehn Prozent. Am Dienstag gaben die Ölpreise zunächst aber wieder etwas nach. Reserven will US-Energieminister Rich Perry jedenfalls noch nicht anzapfen. Es gebe auf dem Markt „bedeutende Mengen Öl“, sagte Perry am Montag telefonisch dem Nachrichtensender CNBC. Die strategischen Reserven einzusetzen wäre daher „ein bisschen voreilig“. Auch Trump argumentierte zuvor ähnlich.

Experte: Ölpreisanstieg bald an Tankstellen spürbar

Doch den Ausschlag der Rohölpreise nach oben dürften demnächst auch die Autofahrer an den Zapfsäulen zu spüren bekommen, meinte der Ölmarktexperte David Wech vom Wiener Energieberatungsunternehmen JBC am Montagabend in der ZIB2: „Ich glaube schon, dass es in den nächsten Tagen auch ein bisschen nach oben geht“, so seine Einschätzung.

Ölmarktexperte David Wech in der ZIB 2

Die Folgen der Angriffe auch auf Österreich schildert Ölmarktexperte Wech von der Analysefirma JBC in Wien.

„Die OPEC kürzte um eine Million Barrel, jetzt reden wir von fünf Millionen – man könnte diesen Ausfall für 1.000 Tage covern“, schätzte Wech mit Blick auf die derzeit weltweit ohnedies großen Rohölreserven. „Bis zu einem gewissen Grad“ werde man den Produktionsausfall auch an den heimischen Tankstellen merken. Die Referenzpreise würden täglich angepasst. „Der Tankstellenbesitzer hat im Einkauf auch höhere Kosten.“

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass Österreich nur einen Bruchteil seines Ölbedarfs mit Lieferungen aus Saudi-Arabien deckt. Militärische Konflikte könnten die Preise kurzfristig nach oben treiben, sagte Wech, der auch einen Flächenbrand in der gesamten Region nicht ausschließt. „Kleine Anschläge können großen Schaden anrichten.“ Das sei „eine neue Form der Kriegsführung“.