Bruce Springsteen: „The Boss“ ist 70

Bruce Springsteen steht seit über vier Jahrzehnten mit seiner E Street Band auf der Bühne, hat über 130 Mio. Tonträger verkauft und füllt nach wie vor Stadien rund um den Globus. Gestern wurde „The Boss“, wie ihn seine Fans nennen, 70 Jahre alt.

Zwischen „Greetings from Asbury Park, N.J.“ 1973 und „Western Stars“, das erst im Sommer erschien, liegen 46 Jahre und etliche weitere Alben. Mit „Born to Run“ mit dem gleichnamigen Titelsong gelang Springsteen 1975 der große Durchbruch, 1978 folgte „Darkness on the Edge of Town“ („Factory“, „Prove it all Night“) , 1980 „The River“ („Two Hearts“, „Point Blank“) und 1984 „Born in The U.S.A.“ mit dem Titelsong, der zu einer Art Hymne wurde – und zu den wahrscheinlich am häufigsten missinterpretierten Songs der Rockgeschichte zählt.

Die andere Seite des amerikanischen Traums

Springsteen, geboren 1949 in New Jersey, wird immer wieder als Chronist des US-amerikanischen Alltags bezeichnet, als Working-Class-Hero, der es nach ganz oben geschafft hat und trotzdem auf dem Boden blieb. Seine stundenlangen Konzerte sind legendär, seine Energie auf der Bühne scheinbar endlos, mit „Nebraska“ (1982), „The Ghost of Tom Joad“ (1995), wo er die Hauptfigur aus John Steinbecks „Früchte des Zorns“ aus der Zeit der Großen Depression zu Wort kommen lässt, und „Devils & Dust“ (2005) zeigte sich Springsteen zwischendurch auch immer wieder von einer ruhigeren Seite.

Missverständnis „Born in the U.S.A.“

In den Geschichten, die Springsteen in seinen Songs erzählt, geht es um Träumen und Scheitern, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, Arbeitslosigkeit, Weglaufen und neu beginnen. „Well I got a job and tried to put my money away. But I got debts that no honest man can pay. So I drew what I had from the Central Trust. And I bought us two tickets on that Coast City bus.“ Schulden trotz Arbeit, zwei Bustickets, auf und davon. Er schlägt in seinen Songs auch stark sozialkritische Töne an. Nicht immer kam die Botschaft an.

Bruce Springsteen im August 1985 vor einer USA-Flagge
AP/Scott Stewart
Springsteen beim Auftakt zur „Born in the U.S.A.“-Tour 1985 in Washington

„Born in The U.S.A“ etwa, das zu Springsteens größten Hits zählt, dreht sich um das verpfuschte Leben eines Vietnam-Veteranen, der nach einer trostlosen Kindheit sein Glück in der Armee sucht, von dem dann aber nach dem Krieg niemand mehr etwas wissen will und er selbst nicht mehr weiß, wo er hinsoll. „I’m ten years burning down the road. Nowhere to run ain’t got nowhere to go.“ Der frühere republikanische US-Präsident Ronald Reagan wollte die vermeintlich „patriotische“ Hymne als Wahlkampfsong zweckentfremden. Springsteen sagte Nein.

Marathonkonzerte legendär

In Österreich war Springsteen nach 2009 im Sommer 2012 das letzte Mal zu hören. Das Konzert dauerte über dreieinhalb Stunden, von der behördlich eingeschalteten Beleuchtung im Ernst-Happel-Stadion ließ sich die E Street Band damals nicht beeindrucken und machte einfach weiter.

Sein bisher letztes Album „Western Stars“ erschien erst im Sommer, es war das 19. Studioalbum und wieder eines aus der ruhigen Ecke. Der „Rolling Stone“ nannte Springsteens Werk konkurrenzlos. Das Magazin kürte auch einmal die 100 besten seiner Songs – die populärsten sind nicht unbedingt alle ganz vorn dabei. „Fire“ landete auf Platz 100, „Born in the U.S.A.“ auf Platz neun, ganz vorn „Born to Run“, auf Platz fünf „The River“, weit hinten auf Platz 61 Springsteens wohl „düsterste“ Ballade „Downbound Train“, wie der „Rolling Stone“ schrieb. Platz 32 belegte „Because The Night“, das Springsteen gemeinsam mit Patti Smith geschrieben hatte.

Bruce Springsteen
Reuters/Mark Blinch
Springsteen bei einem Auftritt in Kanda 2017

Für „Streets of Philadelphia“ erhielt Springsteen 1994 den Oscar für den „Best Original Song“ zum Aids-Drama „Philadelphia“, außerdem wurde er mit zwei Golden Globes, zwei MTV Awards und etlichen Grammys ausgezeichnet. 2016 erhielt er die Freiheitsmedaille des Präsidenten, die höchste zivile Auszeichnung der USA.

Weggefährte „Little Steven“ und der Tod des „Big Man“

Springsteen wurde am 23. September 1949 in eine streng katholische Familie hineingeboren, seine Vorfahren stammten aus Irland und Italien. Zu seinem Vater hatte er ein eher angespanntes Verhältnis. Seine erste Band gründete er 1968, war aber schon zuvor in Clubs aufgetreten, die E Street Band fand sich Anfang der 1970er Jahre.

Die Besetzung wechselte mehrfach, seit Anfang an dabei war der 2011 verstorbene Saxofonist Clarence „Big Man“ Clemons, dessen Part heute dessen Neffe Jake einnimmt. „Little“ Steven Van Zandt, seit Springsteens Jugendjahren mit ihm befreundet, stieß 1975 dazu. Springsteens zweite Ehefrau Patti Scialfa ist ebenfalls Bandmitglied. Springsteen hat zwei Söhne und eine Tochter, Jessica Rae ist erfolgreiche Springreiterin.