Pressekonferenz zur Bilanz des BVT-Untersuchungsausschusses
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BVT-Ausschuss

Letzte politische Abrechnung zum Finale

Der BVT-U-Ausschuss hat am Mittwoch offiziell seinen Abschlussbericht abgesegnet. Verfahrensrichter Eduard Strauss, Verfahrensvorsitzende Doris Bures (SPÖ) und alle Fraktionsvorsitzenden traten dazu vor die Presse – neben Dankesworten an Mitglieder des Ausschusses gab es von den Parteien eine letzte politische Abrechnung. Strauss übt im Bericht harsche Kritik an Justiz und Innenministerium.

„Was es wiegt, das hat es“, so Strauss am Mittwoch. Der Bericht sei „faktenbasiert“ und das „Um und Auf, was man feststellen konnte“, so Strauss. Zugleich betonte er: „Die Wahrheit hat viele Gesichter“. Details zum Bericht wolle er mündlich nicht kommunizieren, um eventuelle Widersprüche zum ausgefertigten Fazit zu verhindern. „Lesen Sie im Bericht nach“, sagte er auf Nachfrage.

Verfahrensrichter Strauss wirft in seinem Bericht Innenministeriumsgeneralsekretär Peter Goldgruber, der als rechte Hand von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im Ministerium fungierte, nicht nur eine deutliche Überschreitung von dessen Befugnissen vor, sondern de facto auch eine falsche Aussage im Ausschuss. Hart ins Gericht geht der Bericht mit der Arbeit der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Sitzung des BVT-Untersuchungsausschusses
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Ein letztes Mal kam am Mittwoch der BVT-U-Ausschuss zusammen

Die WKStA trieb die Razzia im BVT gemeinsam mit Kickls Ministerbüro voran. Strauss vermisst seitens der ermittelnden Staatsanwälte „Objektivität und Folgenabschätzung“: „Mit etwas weniger Tempo hätte der enorme Schaden, der durch das für einen Nachrichtendienst an sich abträgliche Medieninteresse am allgemeinen Vertrauen in das BVT entstanden ist, unter Umständen abgewendet werden können.“

Hürdenreiche Aufarbeitung

Diese zentralen Erkenntnisse herauszuarbeiten sei „hürdenreich“ verlaufen, so Ausschussvorsitzende Bures: Unterlagen und Akten seien sehr schleppend an den U-Ausschuss geliefert worden. Drei Viertel aller Unterlagen seien in Geheimhaltungsstufen klassifiziert worden, auch habe es viele laufende Verfahren gegeben. Klar stelle sich nun dar, dass es eine Reform des Verfassungsschutzes geben müsse.

Sie rief in Erinnerung, dass der Ausschuss aufgrund des Zerbrechens der Koalition und des damit besiegelten Endes der Legislaturperiode seine Arbeit einzustellen hatte. ÖVP-Vorsitzende Gabriele Schwarz sprach in ihrem Fazit über den angerichteten Schaden durch die Razzia und insbesondere die Parallelstrukturen im Innenministerium.

Ruf nach neuem Ausschuss

Bei der Abschlusssitzung sprachen sich alle Fraktionen außer der ÖVP explizit für eine Fortsetzung der Arbeit in der kommenden Legislaturperiode aus, wobei diesmal die „Ibiza-Affäre“ im Mittelpunkt stehen dürfte. Zur Einsetzung eines neuen Ausschusses verwies Schwarz auf den Umstand, dass es sich ohnehin um ein Minderheitenrecht handle.

BVT-Ausschuss zieht letzte Bilanz

Im Anschluss an die letzte Sitzung des BVT-U-Ausschusses zogen Vorsitzende Bures, Verfahrensrichter Strauss und die Fraktionschefinnen und -chefs eine letzte Bilanz.

FPÖ-Fraktionschef Hans Jörg Jenewein zeigte sich sogar bereit, einen Notariatsakt zu unterfertigen, dass er einen neuen Ausschuss befürworten würde, in dem dann „schwarze Netzwerke“ nicht nur im Innen-, sondern auch im Justizministerium erörtert werden sollen. Das gefiel auch den anderen Fraktionen, die aber die „Ibiza-Affäre“ als zentrales Thema kommender Untersuchungen sehen.

„Blaue Stasi“ und „schwarzes Netzwerk“

SPÖ-Fraktionsvorsitzender Kai Jan Krainer sagte, dass „Drahtzieher“ Kickl für die Entwicklungen verantwortlich sei. Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz habe den „Schaden anwachsen lassen“. Auch wies er auf die „blaue Stasi“ im Innenministerium hin: Der Ausschuss habe den „Geheimdienst im Geheimdienst“ herausgearbeitet. Zudem sei das „schwarze Netzwerk“ im BVT zutage getreten. Krainer beendete sein Fazit mit einem Wortspiel: „Die Verantwortlichen wurden (mit dem Ende der ÖVP-FPÖ-Koalition, Amn.) zurückgetreten.“

FPÖ-Fraktionsführer Jenewein sagte, dass viele Geschichten, die davor etwa medial dargestellt worden seien, durch den Ausschuss „nicht bestätigt wurden“. „Viele Erkenntnisse wären nicht passiert, hätte es diese Hausdurchsuchung nicht gegeben“, so Jenewein. Am Ende des Ausschusses blieben jedenfalls viele Fragen offen. Klar sei für ihn geworden, dass es wohl auch in anderen Ministerien „Netzwerke“ gebe.

Fazit zu BVT-Ausschuss

Andreas Mayer-Bohusch über das Fazit des BVT-Ausschusses. Bei der Abschlusssitzung sprachen sich alle Fraktionen außer der ÖVP explizit für eine Fortsetzung der Arbeit in der kommenden Legislaturperiode aus.

Der U-Ausschuss sei einer der „erfolgreichsten“ gewesen, so NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper. Kickl sei der Verantwortliche, Ex-Kanzler Kurz hätte viel früher aktiv werden und den damaligen Innenminister abziehen müssen. Nun sei klar: Kickl dürfe nie mehr Minister werden. Es habe sich zudem dargestellt, dass ausländische Geheimdienste nicht mehr mit dem BVT zusammenarbeiten wollen. Es sei wichtig, den „schwarzen Seilschaften im BMI (Innenministerium, Anm.)“ nachzugehen.

Pilz will „Ibiza“-U-Ausschuss

JETZT-Gründer Peter Pilz stellte einen „Angriff auf Verfassungsschutz und öffentliche Sicherheit“ dar. Den Schaden habe Kickl angerichtet. Jedenfalls seien die Pläne, eine „FPÖ-Partei-Stasi“ aufzubauen, erfolgreich verhindert worden. Bei der Aufklärung der „schwarzen Netzwerke im Innenministerium“ sei man noch bei der Arbeit, „Ibiza“ sei dazwischengekommen. „Wir konnten diesen Teil nicht so erfolgreich abschließen, dass man Österreich garantieren könnte: Es gibt keine solchen Netzwerke“, so Pilz. Nötig sei nun ein „Ibiza“-U-Ausschuss.

Razzia brachte Untersuchung ins Rollen

Auslöser der parlamentarischen Untersuchung war die Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz am 28. Februar 2018 – angestrengt von der WKStA, die vom Kabinett Kickl mit „Belastungszeugen“ gegen Verfassungsschutzbeamte versorgt worden war. Der Großteil der damaligen Vorwürfe erwies sich zwar als haltlos. Die damalige Opposition vermutete als Motiv für das Vorgehen des Ministerbüros aber ohnehin, dass die FPÖ den wegen seiner Ermittlungen gegen Rechtsextreme unbequemen Verfassungsschutz unterminieren wollte.