Balkengrafik
ORF.at/Simon Oberhammer
Alter, Ort, Beruf

Die Bundeswahllisten zum Durchklicken

Acht Parteien mit insgesamt 1.476 Kandidatinnen und Kandidaten: Das sind die Bundeswahlvorschläge für die Wahl am 29. September. Die Parteien setzen dabei auf recht unterschiedliche Strategien, wie viele Namen sie auf diese Liste setzen. Aber wie alt sind die Kandidaten? Und was machen sie beruflich? Eine interaktive Grafik von ORF.at gibt Aufschlüsse.

Die weitaus größte Auswahl haben heuer Wählerinnen und Wähler der SPÖ: Sie können sich unter 409 Kandidatinnen und Kandidaten entscheiden. Die ÖVP hat genau 100 Bewerber nominiert, 299 Kandidaten bietet die FPÖ an. Die Zahl der zu wählenden Nationalratsabgeordneten – 183 – hat die Grünen inspiriert.

109 Kandidaten gehen für die von Peter Pilz angeführte Liste JETZT auf Bundesebene ins Rennen. Die KPÖ hat mit 212 die drittmeisten Bundeskandidaten, Wandel – erstmals bundesweit dabei – gab sich mit 14 zufrieden. Theoretisch könnten Parteien auch noch viel mehr Kandidatinnen und Kandidaten auflisten: Die Obergrenze ist die dreifache Zahl der Bewerber aller Landeslisten der jeweiligen Partei.

„Vertikale“ Mehrfachkandidaturen sind zulässig

Viele Bewerber, die auf den Bundeslisten stehen, finden sich auch schon auf den Wahlkreis- und Landeslisten. Solch „vertikale“ Mehrfachkandidaturen sind zulässig – und dienen vor allem auch der „Absicherung“ für Bewerber, auf die eine Partei im Nationalrat nicht verzichten möchte. Schafft z. B. eine Partei in einem Regionalwahlkreis kein Mandat, kommt der dortige Kandidat bei guter Reihung auf der Bundesliste trotzdem zu einem. Verboten ist es aber, dass ein Bewerber in mehreren Bundesländern gleichzeitig antritt.

Nur eine Handvoll kommt in den Nationalrat

Wie viele Kandidaten einer Partei über die Bundesliste in den Nationalrat einziehen, lässt sich nur grob abschätzen. Denn das hängt nicht nur von der Stärke der Partei insgesamt ab, sondern auch vom Erfolg in den einzelnen Wahlkreisen und in den Ländern. Denn die Vergabe der Mandate erfolgt zunächst über die Regional- und dann über die Landeswahlkreise – und erst im dritten Schritt über die Bundeslisten.

Animierte Mandatsvergabe

Das Institut für Strategieanalysen (ISA) hat ein Onlinetool entwickelt, das die Mandatsvergabe Schritt für Schritt mit vielen Animationen erklärt.

Die größeren Parteien – mit Ergebnissen an die bzw. über 20 Prozent – haben bei den letzten Wahlen zwischen sieben und neun Mandate über die Bundesliste besetzt. So entfielen 2017 acht der insgesamt 62 ÖVP-Mandate auf den Bund, bei der SPÖ sieben von 52 und bei der FPÖ neun von 51. Die zehn NEOS-Mandate gingen jeweils zur Hälfte an Bund und Länder, von den acht JETZT-Mandaten wurden drei über die Bundesliste besetzt. Die Grünen hatten von 2002 bis 2013 – bei Gesamtständen von 17 bis 24 – fünf, sechs Bundesmandate.

Kandidatur als eher symbolischer Akt

Warum also der Aufwand und so viele Namen auf der Liste? Viele Parteien sehen eher eine symbolische Bedeutung: Man zeigt etwa, wie breit man aufgestellt ist, dazu kommen auch „Solidaritätskandidaturen“ von langjährigen Politikerinnen und Politikern, die eigentlich kein Amt mehr anstreben. Die Bundesliste ist auch der Platz für Quereinsteiger, die heuer allerdings – ausgenommen Ex-„Kurier“-Chefredakteur Helmut Brandstätter für NEOS und Journalistin Sibylle Hamann sowie Global-2000-Chefin Leonore Gewessler für die Grünen – eher dünn gesät sind.

Teilweise gilt das Aufscheinen auf der Wahlliste auch als – symbolische – Belobigung mit durchaus wünschenswertem Nebeneffekt für die Partei: Die Motivation im Wahlkampf ist vielleicht größer, steht man auch auf der Wahlliste. Eine kurze Bundesliste ist wieder tendenziell ein Signal der Parteien, den Landes- und Wahlkreislisten mehr Gewicht zu geben.

Männerüberhang und Altersausreißer

Nach Geschlecht betrachtet gibt es auch heuer einen großen Männerüberhang – und das, obwohl ÖVP, SPÖ, Grüne und Wandel ihre Listen (mehr oder weniger vollständig) im Reißverschlussprinzip erstellt haben, also genauso viele Frauen wie Männer ins Rennen schicken. Bei FPÖ und NEOS (deren Listen in einem dreistufigen Verfahren gewählt werden) ist hingegen nur ein Viertel der Kandidaten weiblich, bei JETZT ein Drittel.

Das „beste“ Kandidatenalter scheint zwischen 40 und 60 zu liegen, in dieser Altersgruppe rangiert ein Großteil der Bewerberinnen und Bewerber. Ausreißer gibt es nach oben und unten: 14 sind jünger als 20 Jahre, vier sind älter als 85 – und sie alle kandidieren für die KPÖ.

Von Parteichef bis Eisenbieger

Ein Großteil der Kandidatinnen und Kandidaten – rund 84 Prozent – ist nicht nur auf der Bundeswahlliste zu finden, sondern auch auf einer Landespartei- und/oder Regionalparteiliste. Dabei ist nach Landeswahlwahlkreis, also nach Bundesländern, Wien bei Weitem am stärksten vertreten, es folgen Oberösterreich, Niederösterreich und die Steiermark. Nach zusätzlichen Kandidaturen in Regionalwahlkreisen aufgesplittet hat Graz und Umgebung die Nase vorne.

Die Zahl der Kandidatinnen und Kandidaten, die nur auf der Bundesliste aufscheinen, ist bei Wandel (50 Prozent), ÖVP (38 Prozent) und SPÖ (31 Prozent) am höchsten, bei den anderen liegt die Quote bei zehn Prozent oder teils deutlich darunter.

Interessante Einblicke ergeben sich auch durch die in den Wahlvorschlägen angegebenen Berufe. Die Liste reicht von „Obmann der neuen Volkspartei“ (relativ eindeutig Ex-Kanzler Sebastian Kurz zuordenbar) bis zum Eisenbieger. Bei Berufen – und auch bei akademischen Graden – sind Mehrfachnennungen möglich. Die Angaben wurden nicht geclustert oder geordnet, sondern streng nach den Angaben belassen. Die am häufigsten vertretenen Berufsgruppen lassen sich daher nur bedingt nennen, da die Angaben auf das Arbeitsverhältnis („Angestellter“) und teilweise auf die Branche (z. B. „IT-Technikerin“) verweisen.