Spielfiguren in Parteifarben
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Wahlkampffinale

Letzte Appelle und Attacken

Fast alle Parteien haben am Freitag einen Schlussstrich unter den Wahlkampf gezogen. Bevor es am Sonntag an die Wahlurnen geht, wandten sich die Spitzenkandidaten und -kandidatinnen noch einmal mit letzten Appellen an die Anhängerschaft. Dabei kamen auch Attacken gegen die Gegner nicht zu kurz.

Während ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz vor einer Koalition ohne die ÖVP warnte, machte Werner Kogler gegen die „Neigungsgruppe Korruption und Rechtsextremismus“ Stimmung. NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger übte Kritik an „unanständiger“ Politik, und eine „kampfeslustige“ FPÖ mobilisierte ihr Publikum im Rennen um Platz zwei. Bei der SPÖ beschwor Pamela Rendi-Wagner einen „Sieg der Menschlichkeit“.

Noch ausständig ist die Veranstaltung von JETZT: Die Partei beschließt den Wahlkampf erst am Samstag – im Rahmen einer Diskussion mit Richard Lugner in der Lugner City. Der Wandel sagte seine Veranstaltung aufgrund von prognostiziertem Regen und dem Klimastreik ab. „Wir können unsere Kampagne nicht beenden, wenn noch keine Probleme in unserer Politik gelöst sind“, teilte Spitzenkandidatin Daniela Platsch mit.

„Können schwarz-blaue Koalition beenden“

Am Freitag jedenfalls beendete die SPÖ als letzte Partei den Wahlkampf. Dabei zeigte sich Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner zuversichtlich. „Wir können diese schwarz-blaue Koalition beenden“, schwor Rendi-Wagner ihre Partei auf die Wahl am Sonntag ein. Erneut betonte sie den Zusammenhalt: „Österreich war immer dann am stärksten, wenn wir das ‚Wir‘ über das ‚Ich‘ gestellt haben.“

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Pamela Rendi-Wagner beim Wahlkampfabschluss der SPÖ
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Rote Feier vor der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße
Pamela Rendi-Wagner beim Wahlkampfabschluss der SPÖ
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Mit dem hinter ihr liegenden Wahlkampf zeigte sich Rendi-Wagner zufrieden
Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky beim Wahlkampfabschluss der SPÖ
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Altbundeskanzler Franz Vranitzky beim Wahlkampfabschluss der SPÖ

Es blieben noch 48 Stunden, um eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition zu verhindern, so Rendi-Wagner. Diese Zeit wolle man nützen. Der „Ibiza-Koalition“ warf sie Selbstbereicherung vor. Sie selbst wolle für Chancengleichheit sorgen und kritisierte dabei die nach wie vor weit offene Lohnschere bei den Geschlechtern. Die Herausforderungen der Zukunft seien groß, stellte Rendi-Wagner in ihrer Rede fest. „Aber nicht so groß, dass wir sie nicht meistern können“, war die SPÖ-Chefin überzeugt.

„Haben besten und coolsten Wahlkampf hingelegt“

Der Wahlkampf sei zwar eine anstrengende Zeit für sie und ihre Familie gewesen, mit dem Ergebnis sei Rendi-Wagner aber zufrieden. „Einen Wahlkampf kann sich keiner im Vorhinein vorstellen“, kommentierte sie die Strapazen der letzten Zeit. „Aber wir haben den besten und coolsten Wahlkampf hingelegt, ich bin so stolz darauf“, bedankte sich die Spitzenkandidatin bei Familie und Unterstützern.

Bevor Rendi-Wagner sprach, kamen altgediente SPÖ-Politiker zu Wort. Eine Rede hielt etwa Ex-Kanzler Franz Vranitzky, der Lob für die Spitzenkandidatin übrig hatte: „Du bist unsere neue Zeit.“ Die Spitzenkandidatin habe „Übermenschliches geschafft“, sagte auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Auch er schoss sich auf die ehemalige ÖVP-FPÖ-Regierung ein. Langfristig werde sich eine „ehrliche Politik“ wieder rentieren, zeigte sich Ludwig überzeugt. Bis zum Wahltag „werden wir jede Stunde nützen“, sagte er mit einem SPÖ-Flyer in der Hand. Eine tragende Rolle beim Wahlkampfabschluss spielte übrigens auch der SPÖ-Song „Wir stehen zusammen“: Er wurde gleich fünfmal gespielt.

Abschluss in der Löwelstraße

Die SPÖ zeigt sich vom Umfragetief unbeeindruckt und gibt sich zuversichtlich.

FPÖ: „Werden zweiten Platz holen“

Die von den Spesenvorwürfen gegen Ex-Chef Heinz-Christian Strache in Bedrängnis gebrachte FPÖ setzte bei ihrem Wahlkampfabschluss auf Traditionen: Auf dem Viktor-Adler-Markt und mit der John-Otti-Band rief der ehemalige Innenminister Herbert Kickl das Publikum dazu auf, die FPÖ auf Platz zwei zu hieven. Man müsse „mobilisieren und kampfeslustig“ sein und „die Sozialisten verräumen“. Wie bereits im Wahlkampf warnten Kickl und FPÖ-Obmann Norbert Hofer vor den anderen Koalitionsvarianten, besonders vor ÖVP-Grüne.

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Norbert Hofer (FPÖ)
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FPÖ-Obmann will die ÖVP-FPÖ-Koalition „wieder auf einen guten Weg bringen“
Herbert Kickl beim Wahlkampfabschluss der FPÖ in Wien
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„Freiheitliche for Future“ statt „Fridays for Future“ will Klubobmann Herbert Kickl
Wahlkampfabschluss der FPÖ in Wien
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Wie in den letzten Jahren versammelte sich die Anhängerschaft wieder auf dem Wiener Viktor-Adler-Markt

Kickl kritisierte seine Enthebung als Innenminister, die durch „alte Netzwerke, mächtige Zirkel“ herbeigeführt worden sei. Er rekapitulierte seine strikte Asylpolitik und betonte, diese weiterführen zu wollen. Als Innenminister habe er „dorthin gegriffen, wo es notwendig war, zusammmenzuräumen“. Man wolle den Kurs der letzten Regierung fortsetzen, so Kickl. Die Partei wolle für „effektiven Grenzschutz sorgen“ und dem „Islam den Teppich wieder einrollen“. Es brauche eine Regierungsbeteiligung, denn ohne die FPÖ werde die ÖVP „umkippen“.

„Österreich braucht diese FPÖ“

Nach Kickl sprach ein nach wie vor kränkelnder, laut eigenen Angaben von Fieber geplagter Hofer. Dieser sagte eingangs, er habe sich „durch den Wahlkampf gekämpft“. Das sei es aber wert gewesen: „Österreich braucht diese FPÖ.“ Hofer verwies auf Maßnahmen wie den Papamonat, die Budgetdisziplin und die Ablehnung des UNO-Migrationspakts. Auch bei Hofer nahmen die Ausländer- und Asylpolitik sowie der Islam weite Passagen der Rede ein. „Sollte die FPÖ wieder in der Regierung sein, werden die Grenzen geschützt“, versprach er etwa. Die ÖVP gebe sich rechts, biege aber links ab.

FPÖ tritt auf Viktor-Adler-Markt auf

Die FPÖ hält ihre Wahlkampfabschlussveranstaltungen traditionell im Wien-Favoriten ab.

Zudem wolle Hofer „Schikanen gegen Autofahrer verhindern, Steuern und Abgaben senken und ein selbstbewusstes Auftreten in der EU“. Auch konkrete Pläne für den Fall einer Koalition mit der ÖVP hat Hofer bereits: Sollte er Vizekanzler werden, wolle es sich persönlich um den Bereich Behinderung und Pflegebedürftigkeit kümmern. Hofer betonte, dass jede Stimme für die FPÖ eine Koalition der ÖVP mit Grünen und Pinken verhindere. Mit einer erneuten Regierungsbeteiligung ließen sich der „erfolgreiche Weg der FPÖ“ und die „positive Grundstimmung“ fortsetzen.

NEOS gegen „Politik als Selbstbedienungsladen“

Zuvor beendete NEOS den Wahlkampf am Wiener Platz der Menschenrechte. In ihrer Rede kritisierte Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger vor allem die Bereitschaft in Österreich zu Korruption und betonte, dass Politik „kein Selbstbedienungsladen“ sein dürfe. Sie forderte „gelebte Transparenz und Kontrolle“ – diese gebe es nur mit NEOS. Sie zitierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dem „Ibiza-Skandal“ („So sind wir nicht, so ist Österreich einfach nicht“) und fügte hinzu: „So sind wir auch als Politiker nicht. So dürfen wir nicht sein.“

Neben Bildung und Chancengleichheit spielte auch die Klimakrise eine große Rolle beim NEOS-Wahlkampfabschluss. Auf neue Technologien zu setzen sei hierbei keine ausreichende Lösung, es brauche rasche Handlungen. Österreich müsse, so Meinl-Reisinger, hier als gutes Beispiel vorangehen. Auch sie selbst sei zuvor noch auf der Klimademo gewesen. Sie stellte der früheren Regierung ein schlechtes Zeugnis aus, was Klimaschutz, Verantwortung und Ethik betrifft.

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Wahlkampfabschluss von NEOS in Wien
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Auf dem Platz der Menschenrechte versammelten sich viele NEOS-Funktionäre und -Sympathisanten
Beate Meinl-Reisinger beim Wahlkampfabschluss von NEOS in Wien
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„Macht sonst keiner“, wurde bei der Wahlkampfschlussveranstaltung der NEOS mehr als einmal betont
Neos-Kandidad Helmut Brandstätter bei der Klimademo in Wien
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„Kein Kind zurücklassen“ steht auf dem Plakat von Helmut Brandstätter – der zuvor auf der Klimademo war

Klima, Menschen und Wirtschaft „entlasten“

Ihr gehe es darum, die Bereiche Klima, Wirtschaft und Menschen zu verbinden und zu entlasten. Die Menschen sollten wieder in der Lage sein, sich etwas aufzubauen. „Die Menschen müssen weniger Steuer zahlen, damit sie wieder selbstständig leben können“, so die Spitzenkandidatin. Gleichwohl müsse auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Sorge getragen werden.

NEOS will letztes Ergebnis toppen

Zumindest über die 5,4 Prozent der letzten Wahl will NEOS kommen.

Zum Schluss betonte Meinl-Reisinger erneut den „Anstand“, den es in der Politik brauche, und teilte dabei den ein oder anderen Seitenhieb auf die Spesenaffäre von Heinz-Christian Strache (FPÖ) aus: „Mietkosten vom Steuergeld zahlen zu lassen, das ist doch nicht anständig!“ Wie bereits Grünen-Spitzenkandidat Kogler sprach auch sie sich dezidiert gegen die „Neigungsgruppe Rechtsextremismus und Korruption“ aus und nannte dabei gleichzeitig vier Bedingungen für eine Regierungsbeteiligung: Bildung, Entlastung, Klima und anständige Politik.

Kurz warnt erneut vor Koalition gegen ÖVP

ÖVP-Spitzenkandidat Kurz warnte bei der ÖVP-Wahlkampfabschlussveranstaltung erneut vor einer Koalition gegen die ÖVP. Erzielten Rot-Grün-Pink gemeinsam nur ein Prozent mehr als bei der EU-Wahl, „dann heißt die nächste Bundeskanzlerin Rendi-Wagner (Pamela, Anm.)“, erklärte Kurz vor rund 300 Sympathisanten und Funktionären beim „Auftakt zur Schlussoffensive“ vor der Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse.

„Verlassen wir uns nicht auf die Meinungsumfragen“, so Kurz: „Nützen wir die letzten 48 Stunden, um Menschen zu überzeugen.“ Er selbst werde „rund um die Uhr“ unterwegs sein. Bis zum Sonntag werde er unter anderem noch in die Steiermark und nach Niederösterreich fahren und um Stimmen werben. Es gelte, die „Stimmung in Stimmen“ zu verwandeln.

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Sebastian Kurz beim Wahlkampfabschluss der ÖVP in Wien
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Um die dreihundert Anhänger und Anhängerinnen versammelten sich unter dem Motto „Wir für Kurz“ in der Parteizentrale
Sebastian Kurz beim Wahlkampfabschluss der ÖVP in Wien
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Kurz appellierte an die Wähler und Funktionäre, sich nicht auf die Meinungsumfragen zu verlassen
Wahlkampfabschluss der ÖVP in Wien
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Bis zum Schluss werden bei der ÖVP noch Wahlkampfgeschenke verteilt

Der Wahlkampf sei „intensiv“ gewesen. Er habe aber in zahlreichen Gesprächen „viel Rückenwind“ bekommen, betonte Kurz: „Viele wollen, dass wir weiterarbeiten.“ Zuvor hatte auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sein Mantra „Wer Kurz will, muss auch Kurz wählen“ dem türkisfarben gewandeten Publikum zugerufen. Wer wolle, dass die konsequente Politik gegen neue Schulden und illegale Migration fortgesetzt werde, müsse bei der Volkspartei sein Kreuz machen.

Kogler kritisiert „Allianz von Klimaleugnern“

Die Grünen luden im Wiener Sigmund-Freud-Park unter freiem Himmel zu ihrem „Endspurt zur Klimawahl“. Spitzenkandidat Kogler äußerte bei einem abschließenden Mobilisierungsaufruf die Hoffnung, die gegenwärtig gute Stimmung für die Grünen in Stimmen umzuwandeln zu können.

„Einen glaubwürdigen, engagierten, durchaus auch kompetenten Klimaschutz, den kriegst du in der Regel nur mit den Grünen“, sagte er vor gut hundert Anhängern und Anhängerinnen. Die vergangenen zwei Jahre hätten die Grünen im Parlament gefehlt, viele Gesetze und Verordnungen seien von einer „Allianz von Klimaleugnern und Unterlassungstätern“ auf den Stand „hinter Zwentendorf“ zurückgedreht worden.

Wahlkampf geht zu Ende

Volkspartei hat am Vormittag die Unterstützer der Aktion „Wir für Kurz“ vor der Zentrale der Bundespartei in Wien versammelt. Denn die Wahl sei noch nicht gewonnen, sagt der Parteichef.

Unterstützung für „Fridays for Future“-Aktivisten

Im echten politischen Leben seien die Grünen hier oft alleine an vorderster Front. Man wolle „rein ins Solarzeitalter, raus aus dem Fossilzeitalter“. Kogler sah sich dabei mit den Kindern und Jugendlichen auf einer Linie, die im Zuge der „Fridays for Future“ nicht mehr warten wollten: „Sie haben recht.“ Bei seiner Rede hielt er ein Schild mit der Aufschrift „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt!“ in Händen.

Der Spitzenkandidat erinnerte an den Gründungssatz seiner Partei: „Wir wollen eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Umwelt.“ Dafür brauche es die Grünen, „dafür wollen wir wieder ins Parlament“. Offensichtlich an JETZT-Wähler war sein Aufruf gerichtet, nicht jemandem seine Stimme zu geben, der mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit gar nicht ins Parlament kommen werde.

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Grünen-Kandidatin Leonore Gewessler und Spitzenkandidat Werner Kogler
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Kogler (2. v. r.) und Gewessler (3. v. r.) wollen ein starkes „Comeback für den Klimaschutz“
Wahlkampfabschluss der Grünen im Sigmund Freud Park in Wien
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Um die hundert Sympathisanten sowie Funktionäre versammelten sich im Sigmund-Freud-Park
Werner Kogler beim Wahlkampfabschluss der Grünen im Sigmund Freud Park in Wien
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„Wir sind nicht käuflich, wir sind nur wählbar“, sagte Kogler bei der Wahlkampfabschlussrede

Umweltschutz, Gerechtigkeit und Wirtschaft

Inhaltlich betonte Kogler seine Überzeugung, dass Umweltschutz, Gerechtigkeit und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen seien. Diesen wolle man auch dem Parlament aufsetzen, „weil sonst ist es ein bissl nackert“. Man sei zur grünen Bündnispartei geworden, einer Bewegung für Ökologie und Gerechtigkeit. Und auch gegen die „Neigungsgruppe Korruption und Rechtsextremismus“ stelle man sich. Kogler: „Wir sind nicht käuflich, wir sind nur wählbar.“

Wahlkampfabschluss der Grünen

Auch die Grünen mit ihrem Spitzenkandidaten Werner Kogler haben am Freitag ihren Wahlkampfabschluss gefeiert. Sie sind derzeit nicht im Nationalrat vertreten, ihr großes Ziel ist der Wiedereinzug ins Parlament.

Vor Kogler war die Listenzweite Leonore Gewessler am Wort. Sie betonte, dass die Menschen längst verstanden hätten, worauf es angesichts der Klimakrise ankomme. „Die Mitmachbewegung der Menschen haben wir, was fehlt, ist die Mitmachbewegung der Politik. Und dafür braucht es die Grünen.“