Wahlkarte zur NR-Wahl 2019
ORF.at/Peter Pfeiffer
Größte Tranche ausgezählt

Die Gewinner und Verlierer der Briefwahl

Am Montag ist die größte Tranche der Briefwahlkarten ausgewertet worden. Mit fast einer Million Stimmen erreichten die Briefwähler und Briefwählerinnen einen neuen Rekord – und haben noch einmal kräftig umgerührt: Die Mandatsstände aller Parteien veränderten sich gegenüber Sonntag. Profitieren konnten vor allem die Grünen und NEOS. An dem vorläufigen Ergebnis dürfte sich nun nichts mehr ändern.

Im Vergleich zum Ergebnis ohne Briefwahlkarten bekamen die Grünen noch drei Mandate dazu. Mit 26 Sitzen hat die Partei nun ihr bestes Nationalratswahlergebnis aller Zeiten. Auch NEOS schnitt in der am Montag ausgezählten Briefwahl überdurchschnittlich gut ab – und stockte noch um ein Mandat auf 15 auf.

Der Wahlsieger ÖVP verlor zwei und kam nun auf 71 Mandate. Die SPÖ ist statt mit 41 nur noch mit 40, die FPÖ statt mit 32 mit 31 Sitzen im Nationalrat vertreten. Am Donnerstag wird ein weiterer, wesentlich kleinerer Teil der Stimmen der Briefwähler ausgezählt – jener, der in anderen Bezirken abgegeben wurde. Erst dann liegt das Endergebnis vor. Gerechnet wird SORA zufolge noch mit etwa 35.000 gültigen Wahlkartenstimmen, die an der Mandatsverteilung voraussichtlich aber nichts mehr ändern sollten.

Mandate VAE NR19 Wahl
SORA/ORF

Koalitionsmehrheiten bleiben gleich

Auch wenn die Briefwahlstimmen alle Mandatsstände verschoben – an den möglichen Koalitionsmehrheiten änderten sie jedoch nichts: Die ÖVP hätte sowohl mit dem bisherigen Partner FPÖ, als auch mit der SPÖ und den Grünen die Mehrheit im Parlament. Eine rot-blaue Koalition, vor der die ÖVP im Wahlkampf immer warnte, ist weit entfernt davon, die Hälfte der 183 Abgeordneten zu stellen. SPÖ und FPÖ kommen zusammen nur auf die 71 Mandate, die die ÖVP jetzt schon alleine hat.

Grafik zeigt NR-Wahl-Ergebnis mit und ohne Briefwahlstimmen
Grafik: ORF.at; Quelle: BMI

Ungewöhnlich an diesem Briefwahlergebnis war, dass die SPÖ – die zuletzt immer profitierte – diesmal ein wenig verlor und auf nunmehr 21,2 Prozent kommt. Dass sich die Wahlkartenaffinität der einzelnen Parteien im Zeitverlauf verändert, stellt auch für SORA eine Herausforderung bei der Erstellung von Prognosen dar, heißt es auf der Website.

Grüne gewannen rund 1,5 Prozent dazu

Bei der ÖVP setzte sich hingegen das schon bei der EU-Wahl beobachtete Muster fort, dass ihr Stimmenanteil durch die Wahlkartenauswertung sinkt. Das fiel mit jetzt 37,5 (statt zuvor 38,4) Prozent recht kräftig aus. Die FPÖ verlor wie immer und liegt nur noch bei 16,2 Prozent.

Die Grünen gewannen gegenüber 2017 zehn Prozent dazu und sind nun mit Wahlkarten auf 13,8 Prozent (12,4 Prozent ohne Wahlkarten). Auch NEOS holte mit 8,1 Prozent seinen Topwert. JETZT blieb heuer samt Briefwahl mit 1,9 Prozent weit unter der Vierprozenthürde. 2017 hatte die Partei noch acht Mandate geholt.

Premiere für Grünen in Wien

In Wien bescherten die Briefwähler den Grünen eine Premiere: Mit 20,6 Prozent schafften sie dort ihr erstes Nationalratswahlergebnis über der 20er-Marke und liegen in zehn Wiener Bezirken vorn. Damit wurden die Briefwahlprognosen bestätigt. Die SPÖ verlor durch die Briefwahlauszählung ein wenig, behielt aber wie erwartet ihren einzigen ersten Platz auf Landesebene – mehr dazu in wien.ORF.at.

Doch auch in Tirol schnitten die Grünen bei der Briefwahl stark ab und verdrängten die SPÖ von Platz drei. In Innsbruck schafften die Grünen bei den Wahlkartenstimmen mit 35,1 Prozent sogar klar den ersten Platz. In allen anderen Tiroler Bezirken war die ÖVP auch bei den Wahlkarten auf Platz eins – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Wahlergebnisse inklusive Briefwahl. In der Desktopversion lassen sich per Scrollrad auf der Maus weitere Details der Karte einsehen. In der Mobilversion kann die Zoomfunktion durch einen Doppelklick aktiviert werden.

SPÖ überholt dank Briefwahl FPÖ in der Steiermark

Ebenso auf Platz eins ist die ÖVP in der Steiermark. Durch die Briefwahlstimmen konnte die SPÖ das knappe Rennen um den zweiten Platz für sich entscheiden und die FPÖ auf den dritten Platz verdrängen. Den vierten Platz holten die Grünen und kamen inklusive Briefwahlstimmen auf 12,9 Prozent und konnten somit auch NEOS überholen – mehr dazu in steiermark.ORF.at. In Vorarlberg wiederum konnte NEOS dank Wahlkarten die SPÖ übertrumpfen, die auf den fünften Platz fiel – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Zweitschlechteste Wahlbeteiligung seit 1945

Briefwähler und Briefwählerinnen haben bei Wahlen mittlerweile ein gewichtiges Wort mitzureden: Schon 2017 sind rund 15 Prozent der Stimmen nicht mehr über die Wahlurne im Wahllokal abgegeben worden. Heuer gab es einen neuen Rekord: Das Innenministerium hat am Freitag verkündet, dass insgesamt 1.070.933 Wahlkarten ausgestellt wurden. 925.090 wurden auf dem Postweg oder direkt bei Bezirkswahlbehörden abgegeben, 917.927 davon waren gültig.

Die vielen Briefwähler und Briefwählerinnen konnten die Wahlbeteiligung zwar noch kräftig erhöhen – von 60,6 Prozent in der Urnenwahl am Wahlsonntag auf nunmehr 75,1 Prozent, aber dennoch ist es der zweitschlechteste Wert der Zweiten Republik. Nur 2013 war die Beteiligung mit 74,9 Prozent noch geringer.