Donald Trump
Reuters/Kevin Lamarque
Amtsenthebung droht

In Enge getriebener Trump sieht „Putsch“

US-Präsident Donald Trump steht in der Ukraine-Affäre mit dem Rücken zur Wand, ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn scheint wahrscheinlich. Seine Rhetorik gegen die oppositionellen Demokraten wird in dem Abwehrkampf zunehmend schärfer.

Trump bezeichnete das angestrebte Amtsenthebungsverfahren gegen ihn am Dienstag auf Twitter als „Staatsstreich“. Ziel sei es, dem Volk seine Macht und seine Freiheit wegzunehmen. Es handle sich um Wahlbetrug und den Versuch, den Bürgern der Vereinigten Staaten ihre Macht wegzunehmen, so Trump. „Mit jedem neuen Tag komme ich zu dem Schluss, dass das, was gerade passiert, kein Amtsenthebungsverfahren ist, sondern ein PUTSCH“, schrieb Trump.

Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus hatten vergangene Woche wegen der Ukraine-Affäre die Vorbereitung eines Amtsenthebungsverfahrens eingeleitet. Dabei handelt es sich allerdings um ein vom Gesetz her vorgesehenes Verfahren, nicht um einen Staatsstreich. Trump dagegen schrieb auf Twitter an seine gut 65 Millionen Follower, es handle sich um einen Putsch, der die Macht und die Stimme des Volkes untergraben und „die gottgegebenen Rechte der Bürger der Vereinigten Staaten“ wegnehmen wolle.

Trump wird vorgeworfen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski in einem Telefonat Ende Juli unter Druck gesetzt zu haben, um Ermittlungen zu erwirken, die seinem demokratischen Rivalen Joe Biden schaden würden. Die Demokraten, die das Repräsentantenhaus kontrollieren, sehen darin einen Versuch des republikanischen Präsidenten, die im November 2020 anstehende Präsidentenwahl zu manipulieren.

Vorsitzende des US-Geheimdienstausschusses Adam Schiff
APA/AFP/Mandel Ngan
Adam Schiff ist ein einflussreicher Gegenspieler von Trump

Demokraten haben es eilig

Die Demokraten treiben das Verfahren gegen Trump mit großem Druck voran. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und der einflussreiche Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, wollten sich am Mittwoch bei einer Pressekonferenz zum aktuellen Stand der Dinge äußern. Bereits im Lauf der Woche sollen verschiedene Zeugen angehört werden. Trump hatte zuvor über Twitter suggeriert, Schiff sollte wegen seines Verhaltens bei einer Anhörung zur Ukraine-Affäre festgenommen und angeklagt werden – ein beispielloser Angriff eines US-Präsidenten auf einen Abgeordneten.

Von Schiff ist darauf keine besondere Replik zu erwarten. Er ist ein Mann der gewählten Worte und zeigt seine Emotionen selten – ist also auch charakterlich ein Gegenpol zu Trump. Umso ungewöhnlicher waren die drastischen Worte, mit denen Schiff vor einigen Tagen das im Zentrum der Ukraine-Affäre stehende Telefonat zwischen Trump und Selenski beschrieb. Trump spreche darin „wie ein Mafia-Boss“, sagte er.

Pompeo in Interessenkonflikt

Auch Außenminister Mike Pompeo gerät in der Affäre zunehmend unter Druck. Unter Berufung auf Medienberichte, wonach Pompeo an Trumps Telefonat mit Selenski beteiligt gewesen sein soll, schrieben die Vorsitzenden der drei ermittelnden Ausschüsse im Repräsentantenhaus am Dienstagabend, Pompeo stehe nun in einem Interessenkonflikt und werde selbst als Zeuge vorgeladen werden. Er solle daher „keine Entscheidungen“ mehr treffen in Bezug auf die Aussage weiterer Zeugen aus dem Auswärtigen Amt oder die Freigabe von Dokumenten, mahnten die Abgeordneten in dem Schreiben an Vizeminister John Sullivan.

Sollte er versuchen, die Untersuchungen zu beeinflussen, um sich oder den Präsidenten zu schützen, könnten ihm wegen Behinderung der Ermittlungen mehrere Jahre Haft drohen, warnten die Ausschussvorsitzenden. Pompeo hatte kurz zuvor gesagt, er könne den Vorladungen von Mitarbeitern seines Hauses durch den Kongress nicht wie verlangt Folge leisten. Wegen schwerer prozeduraler und rechtlicher Mängel der Vorladungen seien die Aussagen zu den vorgegebenen Terminen „nicht machbar“, so Pompeo.

Giuliani mit fragwürdiger Rolle

Ins Visier der Demokraten gerät bei den Untersuchungen auch der frühere Bürgermeister von New York und Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani. Er soll als persönlicher Gesandter Trumps an offiziellen Kanälen vorbei Gespräche mit der Ukraine geführt haben, um Ermittlungen gegen Biden anzustoßen.

Trump und Giuliani werfen dem früheren US-Vizepräsidenten Biden vor, sich damals um die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts bemüht zu haben, um Bidens Sohn vor der Justiz zu schützen. Hunter Biden war bei einem Gaskonzern tätig, gegen den zwischenzeitlich wegen angeblich krummer Geschäfte ermittelt wurde. Joe Biden – der sich um die demokratische Präsidentschaftskandidatur bewirbt – weist die Vorwürfe zurück.

Pelosi als Präsidentin möglich

In der „Washington Post“ wird indessen schon über einen US-Präsidenten Mike Pence, der derzeit Vizepräsident ist, spekuliert. Aber auch Pelosi ist als neue Präsidentin im Gespräch. Sie würde ins Weiße Haus einziehen, sollten sowohl Trump als auch sein Vize Pence über die Affäre stolpern – laut Gesetz ist sie als Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus Drittgereihte in der Präsidentenrangfolge.