Bundespräsident Van der Bellen begrüßt Altkanzler Kurz in der Hofburg
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Kurz, Rendi-Wagner und Hofer

Erster Gesprächsreigen bei Van der Bellen

Am Mittwoch hat der Gesprächsreigen mit den Parteiobleuten bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen begonnen. Neben ÖVP-Chef Sebastian Kurz empfing Van der Bellen am Mittwoch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Vorsitzenden Norbert Hofer, um die Lage auszusondieren.

Am Donnerstag werden der Vorsitzende der Grünen, Werner Kogler, und NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger in der Hofburg erwartet. Kurz wurde von Van der Bellen als Erster der Parteiobleute zu einem informellen Gespräch am Vormittag in der Hofburg empfangen. Man habe das Ergebnis der Nationalratswahl und das weitere Vorgehen in den kommenden Monaten besprochen, sagte Kurz nach dem rund einstündigen Treffen.

Formelle Gespräche wird es erst nach dem Auftrag zur Regierungsbildung geben. Klar sei nach dem Wahlergebnis, dass die ÖVP den „eindeutigen Auftrag“ erhalten habe, den bisherigen Weg fortzusetzen, so Kurz nach dem Gespräch mit Van der Bellen. Fragen wollte der ÖVP-Chef noch nicht beantworten. Ende dieser oder wahrscheinlicher Anfang nächster Woche wird Van der Bellen ÖVP-Chef Kurz dann als Vertreter der stimmenstärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen.

Bundespräsident Van der Bellen begrüßt Altkanzler Kurz in der Hofburg
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Bundespräsident Alexander Van der Bellen und ÖVP-Chef Sebastian Kurz

Rendi-Wagner für konstruktive Zusammenarbeit

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner führte am Nachmittag ein „angenehmes und freundliches Gespräch“ mit Van der Bellen. Es sei einerseits um eine „offene Analyse des sonntäglichen Wahlergebnisses“ gegangen, aber auch um weitere Schritte zur Bildung einer neuen Regierung. Was es jetzt brauche, sei ein geschärfter Blick auf die Zukunft des Landes, sagte Rendi-Wagner. Es sei „wichtig, dass sich alle politischen Kräfte in Österreich verantwortungsvoll zeigen“, forderte sie von allen eine „konstruktive Zusammenarbeit“ ein.

SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und BundesprŠsident Alexander Van der Bellen
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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wurde von Van der Bellen als Zweite empfangen

Die SPÖ-Chefin geht davon aus, dass ÖVP-Chef Kurz bald den Auftrag zu Regierungsverhandlungen erhalten wird und dass „erste Gespräche zu Koalitionsverhandlungen in der nächsten Woche stattfinden werden“, sagte sie. Sollte die SPÖ dazu eingeladen werden, wolle sie dem „offen begegnen“. Sie möchte eventuelle Gespräche „konstruktiv anlegen“. In erster Linie gehe es ihr um ein starkes Österreich – und zwar in sozialer, ökonomischer und ökologischer Sicht, so Rendi-Wagner.

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Inhaltlich brauche es dringend eine Klimaschutzoffensive, sagte die SPÖ-Vorsitzende. In dieser Hinsicht müsse die künftige Regierung „den Turbo einschalten“. Auch eine Steuersenkung für Arbeitnehmer, eine Erhöhung der Zukunftschancen für Kinder und den Kampf gegen Kinderarmut sprach Rendi-Wagner an. „Egal wie die Regierung am Ende ausschauen wird: Es ist wichtig, dass der Kurs der letzten Regierung nicht fortgesetzt wird“, betonte die SPÖ-Chefin.

Bundespräsident Van der Bellen begrüßt FPÖ-Chef Norbert Hofer in der Hofburg
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Van der Bellen begrüßt FPÖ-Chef Norbert Hofer, seinen einstigen Konkurrenten um das Amt des Bundespräsidenten

Hofer: Auch Pläne für FPÖ-Modernisierung mitgeteilt

FPÖ-Obmann Norbert Hofer war als dritter Spitzenpolitiker bei Van der Bellen. Man habe sich „ein bisschen über die innenpolitische Situation“ unterhalten, sagte Hofer danach. Er habe Van der Bellen mitgeteilt, dass sich die FPÖ auf die Opposition vorbereite, so der Parteichef. Eine Hintertür ließ er sich aber offen. Natürlich sei auch die Frage der Regierungsbildung erörtert worden, so Hofer nach dem Treffen in der Hofburg. Er wiederholte, dass die FPÖ das Wahlergebnis nicht als Auftrag für eine Regierungsbeteiligung sehe. Das habe er Van der Bellen auch so mitgeteilt. Seine Partei möchte die Zeit nutzen, um sich neu aufzustellen und gute Oppositionsarbeit zu leisten, sagte Hofer.

Sollte es für ÖVP-Chef Kurz allerdings „unmöglich werden, eine Regierung zu bilden“, so Hofer, könnte der Bundesvorstand der FPÖ die Situation unter Umständen „neu bewerten“, sagte er. Dieses Szenario hält Hofer jedoch für „extrem, extrem unwahrscheinlich“, so der FPÖ-Chef. Außerdem habe er dem Bundespräsidenten von den Plänen zur Modernisierung der FPÖ berichtet, sagte Hofer nach dem Gespräch. Die beiden hätten sich über die jüngst bei den Gremiensitzungen der Freiheitlichen gegründeten Arbeitsgruppen in der FPÖ unterhalten.

Parteiobleute bei Van der Bellen

Bundespräsident Van der Bellen begrüßte am Mittwoch nacheinander ÖVP-Chef Sebastian Kurz, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Chef Norbert Hofer.

Van der Bellen mahnt künftige Regierung zu Klimaschutz

Van der Bellen hatte am Dienstag die Übergangsregierung des Amtes enthoben und daraufhin – wie üblich – ersucht, die Amtsgeschäfte bis zur Angelobung einer neuen Regierung weiterzuführen. Die Übergangsregierung bleibt nun bis zur Angelobung der neuen Regierung im Amt.

Besonders war, dass sich Van der Bellen mit mahnenden Worte bereits an die künftige Regierung wandte. „Ganz egal, welche Regierung zustande kommt, in welcher Konstellation sie zusammengesetzt wird: Sie wird sich um die globale Klimakrise kümmern müssen. Das betrifft nicht nur Österreich, sondern die ganze Welt“, sagte der Bundespräsident einleitend. Alle Parteien hätten schon Vorschläge gemacht und Ideen geäußert, „sei es ein Klimaschutzkabinett oder ein eigenes Ministerium“, aber diese müssten dann entsprechend umgesetzt werden. „Wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass unser gemeinsames Haus gut versichert ist gegen die möglichen Folgen der Klimakrise“, sagte Van der Bellen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und den anderen Mitgliedern der Beamtenregierung
APA/Herbert Neubauer
Das Kabinett Bierlein wurde mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut

Vergleich mit Feuerversicherung

Der Bundespräsident veranschaulichte seine Mahnung noch mit einem Beispiel aus der Versicherungsbranche. „Das ist wie bei einer Feuerversicherung für ein privates Haus“, sagte Van der Bellen. Niemand würde damit rechnen, dass das Haus abbrennt, geschweige denn, dass jemand darauf hoffe. „Man erwartet es auch gar nicht. Aber es ist gut, für den Notfall diese Versicherung zu haben.“

Van der Bellen nannte neben dem Klimaschutz als wichtige Aufgabe für die künftige Regierung auch, dass das Vertrauen, das durch den „Ibiza-Skandal“ erschüttert wurde, weiter aufgebaut werden müsse. Das gehe ganz einfach – „aufeinander zugehen, einander zuhören, einander verstehen. Und dann den guten Kompromiss suchen und finden, kurzum den österreichischen Weg gehen.“