Airbus-Produktion in Toulouse (Frankreich)
APA/AFP/Pascal Pavani
Handelsstreit

WTO erlaubt US-Strafzölle auf EU-Importe

Die USA dürfen wegen rechtswidriger EU-Subventionen für den europäischen Flugzeughersteller Airbus Strafzölle auf EU-Importe in Milliardenhöhe verhängen. Schlichter der Welthandelsorganisation (WTO) genehmigten Vergeltungsmaßnahmen auf Wareneinfuhren im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (derzeit rund 6,9 Mrd. Euro) im Jahr, wie die WTO am Mittwoch in Genf mitteilte. Die USA kündigten daraufhin an, Strafzölle auf Flugzeuge, Agrar- und Industriegüter zu verhängen.

Es ist die höchste Summe, die in der fast 25-jährigen Geschichte der WTO je genehmigt wurde. Eine Berufung gegen den Schlichterspruch ist ausgeschlossen. Ein ranghoher Beamter des US-Handelsbeauftragten erklärte am Abend, dass ab 18. Oktober bei der Einfuhr von Flugzeugen eine zusätzliche Abgabe von zehn Prozent erhoben werde, bei Agrar- und Industriegütern wird es ein Strafzoll von 25 Prozent sein.

Die Strafzölle dürfen so lange erhoben werden, bis die unterlegene Partei – hier die EU – die beanstandeten Handelsverzerrungen beseitigt hat. Das sei längst geschehen, sagt Brüssel und hat einen entsprechenden Antrag an die WTO geschickt. Wann das Gesuch geprüft wird, dafür gibt es noch keinen Termin.

Von den neuen Abgaben könnten knapp zwei Prozent der EU-Exporte in die USA betroffen sein. Nach Zahlen der Statistikbehörde Eurostat wurden 2018 Waren im Wert von 406 Milliarden Euro in die USA ausgeführt. Andersherum war es ein Wert von 267 Milliarden Euro. Der Staat, den es in der EU am härtesten treffen würde, wäre Deutschland. Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) muss es mit Exportverlusten von bis zu zwei Mrd. Euro jährlich rechnen.

Hafen Hamburg
Reuters/Fabian Bimmer
Containerhafen Hamburg: Deutschland wäre am stärksten von den US-Strafzöllen betroffen

Brüssel warnt Washington

Die EU warnte die USA am Mittwoch zuvor noch vor der Einführung neuer Zölle. Selbst wenn die WTO die geplanten US-Maßnahmen nun genehmigt habe, wäre ein Rückgriff darauf „kurzsichtig und kontraproduktiv“, erklärte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.

Wenn die USA sich für Zölle entscheiden sollten, werde die EU keine andere Möglichkeit haben, als das Gleiche zu tun, warnte Malmström. Sie verwies darauf, dass die EU bereits im Juli konkrete Vorschläge zu Verhandlungen über eine Beilegung des Streits um Subventionen für Airbus und Boeing gemacht habe. Bisher hätten die Vereinigten Staaten darauf allerdings nicht reagiert. Bereits am Dienstag hatte Malmström nach einem Treffen mit Ministerinnen und Ministern der EU-Staaten gesagt, dass sie mit der Einführung von US-Sonderzöllen bereits im Oktober rechne.

Gegenklage noch offen

Die EU will ihrerseits milliardenhohe Vergeltungszölle gegen die USA verhängen, darunter sowohl auf Flugzeugkomponenten als auch auf Tomatenketchup und Spielkonsolen. Dabei bezieht sie sich auf ein anderes WTO-Urteil, das rechtswidrige US-Subventionen für den Airbus-Konkurrenten Boeing festgestellt hatte. In dem Fall steht der Schlichterspruch über die Höhe der Summe aber noch aus.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström
AP/Virginia Mayo
EU-Handelskommissarin Malmström richtete eine Warnung an Washington

Die beiden größten Flugzeughersteller der Welt liefern einander seit Jahrzehnten einen erbitterten Konkurrenzkampf. Die USA und die EU haben einander dabei Wettbewerbsverzerrung vorgeworfen und ihre Klagen jeweils durch sämtliche Instanzen bei der WTO getrieben.

Boeing-Kritik an Airbus

Airbus warnte am Mittwoch vor Unsicherheiten und Störungen in der gesamten Weltwirtschaft. „Airbus hofft daher, dass sich die USA und die EU auf eine Verhandlungslösung einigen werden, bevor die Luftfahrtindustrie, die Handelsbeziehungen und die Weltwirtschaft erheblich geschädigt werden“, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury.

Boeing übte indes scharfe Kritik am europäischen Rivalen. Europa sei mit Zöllen konfrontiert, weil Airbus sich jahrelang geweigert habe, WTO-Beschlüsse zu befolgen, teilte Boeing mit. Darunter würden auch EU-Mitglieder, Branchen und Unternehmen leiden, die mit dem Verhalten von Airbus gar nichts zu hätten. Die Zölle seien noch zu verhindern, wenn Airbus seinen Auflagen nachkomme. „Wir hoffen, dass sie das endlich tun werden.“

Merkel wartet US-Reaktion ab

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte in einer ersten Reaktion, man werde zunächst abwarten, wie die USA nach dem WTO-Spruch reagieren. Malmström erinnerte daran, dass die EU demnächst auch mit der Genehmigung von Strafzöllen rechne. Gegenseitig Zölle zu verhängen schädige nur Unternehmen, Bürger, den Welthandel und die Luftfahrtindustrie. Sie appellierte an die USA, gemeinsam eine Lösung ohne Strafzölle zu finden.

Trump nennt Beschluss „großen Sieg“

Am Abend kam die Reaktion dann auch: Donald Trump begrüßte die Entscheidung der WTO: „Das war ein großer Sieg für die Vereinigten Staaten“, sagte Trump bei einer Pressekonferenz mit seinem finnischen Kollegen Sauli Niinistö am Mittwoch im Weißen Haus. Der US-Präsident kündigte bei der Gelegenheit keine Strafzölle gegen die EU an.

Trump führte die Entscheidung der WTO auf seine Präsidentschaft zurück, selbst wenn der Fall aus einer Zeit weit vor seiner Amtsübernahme stammt. „Die WTO ist viel besser zu uns, seit ich Präsident geworden bin“, sagte er. Die USA gehe aus Streitfällen bei der WTO unter seiner Präsidentschaft häufiger als erfolgreiche Partei hervor, „weil sie denken, dass ich die WTO nicht mag und sie sicherstellen wollen, dass ich zufrieden bin“.