Donald Trump
AP/Carolyn Kaster
Trump vs. Biden

Ukraine prüft „unabhängig“ Vorwürfe

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft will nach Vorwürfen von US-Präsident Donald Trump gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden alte Akten prüfen. Konkret geht es auch um die 2016 eingestellten Ermittlungen gegen die umstrittene Gasholding Burisma.

Bei der Firma war Hunter Biden, der Sohn des Präsidentschaftsbewerbers, im Aufsichtsrat gesessen. Biden war damals als US-Vizepräsident oft in der Ukraine. „Wir sehen gerade alle Verfahren durch, die eingestellt oder aufgespalten wurden“, sagte Generalstaatsanwalt Ruslan Rjaboschapka am Freitag in Kiew.

Zugleich wies er den Eindruck zurück, die ukrainischen Behörden würden nun auf Druck von außen tätig. „Die Generalstaatsanwaltschaft ist unabhängig vom Präsidentenbüro und vom politischen Einfluss vonseiten des Büros“, sagte er. US-Präsident Trump hatte die Ukraine – und auch deren Präsidenten Wolodymyr Selenski – in einem Telefonat zu Ermittlungen gegen Biden und dessen Sohn Hunter „ermuntert“. Die Ukraine ist angesichts des Konflikts mit Russland sicherheitspolitisch unmittelbar von der Hilfe der USA abhängig. Eine Bitte des US-Präsidenten abzulehnen ist daher für Kiew nicht einfach.

15 Einstellungen werden überprüft

Insgesamt würden etwa 15 Verfahren dahingehend geprüft, ob sie womöglich gesetzwidrig eingestellt wurden, sagte Rjaboschapka. Biden hatte sich 2018 damit gebrüstet, dass er 2016 in seiner Funktion als US-Vizepräsident die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts Viktor Schokin beim Präsidenten in Kiew durchgesetzt hatte. Biden hatte Schokins Rauswurf nach eigener Darstellung auch zur Bedingung gemacht für die Freigabe von einer Milliarde US-Dollar an Kredithilfen für die Ukraine.

Der Ukraine liegen bisher keine Erkenntnisse über ein Fehlverhalten von Hunter Biden vor. „Ich habe diesbezüglich keine Informationen“, sagte Rjaboschapka am Freitag auf die Frage, ob er Beweise für Verfehlungen von Hunter Biden habe. Es seien auch keine ausländischen Anwälte in dieser Sache an ihn herangetreten.

Schokin hatte damals gegen Burisma auch wegen Steuerhinterziehung und Korruption ermittelt. Er hatte Biden vorgeworfen, dass seine Entlassung dem Zweck gedient habe, seinen Sohn Hunter zu schützen. Biden weist diese Anschuldigungen zurück. Die US-Demokraten werfen Trump Amtsmissbrauch vor. Der Präsident soll versucht haben, mit Druck Ermittlungen gegen Biden zu erwirken, um ihm im Wahlkampf zu schaden. Trump droht deshalb ein Amtsenthebungsverfahren.

Kongress-Ermittler: Trumps Verhalten „nicht akzeptabel“

In den Vorermittlungen zu diesem möglichen Amtsenthebungsverfahren erhoben die Vorsitzenden der zuständigen Ausschüsse im US-Repräsentantenhaus schwere Vorwürfe gegen Trump. Der Präsident und seine Berater führten „eine Kampagne mit Falschinformationen und Irreführung“, um es normal erscheinen zu lassen, dass man ausländische Kräfte zur Beeinflussung von US-Wahlen anwerbe, heißt es in einem am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Schreiben von Eliot Engel, Adam Schiff und Elijah Cummings an Kongressabgeordnete.

Dieses bezieht sich auf jüngst bekanntgewordene Gespräche mit der Ukraine. In einem Anhang an ihr Schreiben veröffentlichten die Ausschussvorsitzenden zudem brisante Textnachrichten des bisherigen Sondergesandten für die Ukraine, Kurt Volker, der am Donnerstag vor den ermittelnden Ausschüssen im Repräsentantenhaus ausgesagt hatte.

„Unethisch, unpatriotisch“

Der Inhalt von Trumps Telefonat mit Selenski sei bekannt, schreiben Engel, Schiff und Cummings in ihrem Brief weiter. Dennoch behaupte Trump, er habe nichts falsch gemacht. Nun habe er gar China öffentlich dazu aufgerufen, ebenfalls gegen Biden und dessen Sohn zu ermitteln. „Das ist nicht normal und auch nicht akzeptabel“, schreiben die drei Abgeordneten: „Es ist unethisch, unpatriotisch und falsch.“ US-Präsidenten sollten niemals ausländische Kräfte unter Druck setzen, ihre internen politischen Rivalen anzugreifen.

Mit Blick auf die Ukraine hatte Trump am Donnerstag vor laufenden Kameras im Garten des Weißen Hauses gesagt: „Ich würde denken, wenn sie ehrlich wären, würden sie eine umfassende Untersuchung der Bidens einleiten.“ Wenn er an Selenskis Stelle wäre, würde er das „sicherlich empfehlen“, sagte Trump. „Und übrigens: China sollte ebenfalls eine Untersuchung der Bidens beginnen“, fügte er hinzu.

„Ich glaube, es ist verrückt“

Die von Volker an die Ermittler weitergegebenen Textnachrichten deuten unterdessen darauf hin, dass Trump ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus davon abhängig gemacht habe, dass dieser in der Causa Biden mit ihm kooperiere.

In einer Nachricht äußerte der Diplomat und ehemalige US-Botschafter in der Ukraine, Bill Taylor, zudem ernsthafte Bedenken darüber, dass das Blockieren von Militärhilfe als Druckmittel genutzt werden sollte. „Ich glaube, es ist verrückt, militärische Unterstützung zu verweigern, um Hilfe für eine politische Kampagne zu bekommen“, wird Taylor zitiert.

Pompeo muss Dokumente übergeben

In ihrem Schreiben kritisieren die Ermittler auch Außenminister Mike Pompeo scharf. Dieser habe von dem Telefonat zwischen den beiden Präsidenten gewusst, aber weder die Bundespolizei FBI noch andere Strafverfolgungsbehörden darüber informiert. In den Vorermittlungen für ein Impeachment-Verfahren soll auch Pompeo vom Kongress vorgeladen werden. Für ihn läuft am Freitag eine Frist für die Herausgabe von Dokumenten in Zusammenhang mit der Ukraine-Affäre aus, zu der er unter Strafandrohung aufgefordert wurde.

Die Demokraten wollen auch das Weiße Haus unter Strafandrohung zur Herausgabe von Dokumenten zwingen. Dafür wollten sie ebenfalls am Freitag eine „Subpoena“ erlassen, sollte das Weiße Haus die bereits am 9. September angeforderten Unterlagen nicht übermitteln.